Um 11 Uhr am Samstag
heulte die Sirene
& mit ihr heulten
die Hunde der Nachbarschaft
Es war nur ein Probealarm
aber für die Hunde
war es
der Ernstfall
ich drehte mich um
im Bett
ich dachte an die Mythologie
& an Dich
Um 11 Uhr am Samstag
heulte die Sirene
& mit ihr heulten
die Hunde der Nachbarschaft
Es war nur ein Probealarm
aber für die Hunde
war es
der Ernstfall
ich drehte mich um
im Bett
ich dachte an die Mythologie
& an Dich
….. & dann
wurde das Blatt transparent
ein Wort
von rückwärts
schimmerte seiten
verkehrt
hindurch
Wörter überlagerten sich
innerhalb der engen Grenzen
eines ungleichmäßigen Punktes
& er
gaben einen unbekannten
Sinn
wie eine geheime Botschaft
von der anderen Seite …..
Es war nicht
schade um dieses Buch.
Hauptsache – das Fleisch war blutig
& schmeckte
während etwas Fett auf die Seite tropfte.
»Ich habe nicht geträumt«,
sagte der Erwachte
nach langem Schlaf
Er kannte
weder Wissenschaft
noch Forschung
Zu tief
hatte er geschlafen
um sich erinnern zu können
»Ich bin kein großer Träumer«, sagte er
& glaubte doch
an Gott
Ich
schlafe schlecht & erinnere mich
an Alles
Daher brauche ich
an die Träume nicht
zu glauben
Ich wache
oft & kenne sie
Ich ungläubiger Mensch
bin ein großer
Träumer
rein
rational
betrachtet
Amen!
Da gibt es diese Erinnerung,
die ich habe – & ich weiß
nicht: erinnere ich mich
an eine Fantasie der näheren
oder an eine Realität
der ferneren
Vergangenheit.
Als kleiner Junge war ich so
gelenkig. Und ich probierte
aus – wie gelenkig ich war. Und
wenn ich nackt auf dem Rücken lag
& die Füße auf den Boden
oberhalb meines Kopfes stellte,
war mir mein Schwanz so nahe,
dass er mich störte.
Bei
nahe hing er
mir ins Gesicht.
Fantasie oder Realität?
Nähe oder Ferne?
Sollte es Realität gewesen sein,
wäre also Alles wie immer:
ich war glücklich
ohne es zu wissen, glücklich
ohne damit etwas anfangen zu können.
Was für ein Pech!
(Dass ich nicht mehr so gelenkig bin.)
Ein neues Du
ohne Zukunft
im Vorüber
Gehen
Es kommt
& passiert
& wird
vergangen sein
Und jetzt
Du!
Und jetzt
Jetzt
& Jetzt
+ noch 1
Jetzt
ohne Zukunft
Zukunft
die Wir vergessen im
Jetzt
Das vergeht
Von Zeit zu Zeit
verliere ich
das Gefühl
für die Zeit. Mein Zeit
Gefühl kommt
mir abhanden.
Den Verlust nicht zu spüren
ist Glück.
Doch da ist immer Jemand
der findet
was ich verloren habe
& es nicht
für sich behalten kann.
Er hebt es auf
& gibt es mir
zurück im falschen
Moment.
Als hätte dieses Gefühl nicht
auch irgend Jemand Anderem
gehören können.
Ich irrte
durch eine düstre
Anstalt
wandelte
heimlich
durch ihre irren
Gänge
& ging in die Irre
die eine Falle
war
Ich verwirrte mich
in mir
auf leeren Fluren
verwandelte ich mich
in Etwas, das
anders war
als das Gewohnte
mit seinen unheimlichen Zimmer
fluchten
Ich verging mich
an meinem alten Ich
das ich
verfluchte
Ich verfiel
& fiel dem Irr
Sinn anheim
& machte keine Anstalten
zu fliehen
Aus
dieser neuen Wohnung
die ein Irrsinn war
von Vielen
Endlich
Da
Heim!
So oft er
auf Verständnis stieß
zerbrach es
wie Gegenliebe
Er mochte
tun was er wollte
& das Geräusch
das ihm versicherte
dass dort Etwas gewesen war
Das Ende
war ausgefranst. Ich
bekam den Faden,
den ich schon 4 Mal verflucht hatte,
einfach
nicht durchs Nadeløhr.
Also
machte ich einen sauberen
Schnitt.
Dann ging’s.
Die Nadel stach mich
noch kurz, doch es ging
nicht tief.
Es floss kein Blut,
und im Radio spielten sie unser Lied.
Anschließend kam
die Werbung –
& ich biss
den Faden
ab.
Bitte nicht klopfen!
besagt das Schild, das an meiner Haustür
schweigt. Die Klingel hat einen Wackel
Kontakt. Sie klingelt nur im Ausnahme
Fall. Die Vernünftigen haben einen ganz besonderen
Druck. Wenn sie meinen Knopf berühren. Da
schließt sich kein Stromkreis – & alles bleibt still.
Und wenn jemand sagt: »Nun bleib mal
auf dem Teppich!« – dann tue ich das.
Ich bleibe. Groß ist der Teppich, und
er trägt mich….. wohin auch im
mer…. & erträgt mich, wenn es sonst
niemand kann…..
Fransen flattern im Flugwind
Frischbelüftetes Farbengewebe
Tag & Nacht verfliegen in raschem Wechsel
während ich sitzend auf die Erde herabschaue
oder liegend ins Himmelmeer tauche
Ein Stück kühle Wolke reiße ich mir aus dem Bausch
& betupfe meine Stirn damit – es riecht nach
einem Traum vom Regen
Die Sonne ist laut, und der Mond flüstert, und
manchmal ist da eine Stewardess in knapper Uniform,
die auf allen Sechsen übern Teppich krabbelt, stock
nüchtern bin ich – während der Fotzensaft der Fantasie ins Gewebe tropft……
Auch jetzt ist sie da; es ist Tag, und sie erklärt mir die Notausgänge:
Teppichsaum links Teppichsaum rechts Teppichsaum vorne Teppichsaum hinten!
Und sie deutet auf eine eingewobene Inschrift:
Bitte nicht klopfen während des Fluges!
Ich fühle mich wie der Dieb von Bagdad, und was ich
gestohlen habe, ist die Zeit – die mit mir fliegt
Versäumte Saumseligkeiten…. Unter mir:
die Vergangenheit in Kindergröße, ich über
fliege sie wie das Buch eines Toten – über
das man nicht hinwegkommt…..
»Tomatensaft?« – »Wer denkt denn jetzt an Tomatensaft?
Ich zeig dir, wo der Tomatensaft herkommt, du Sau!«
Wir lachen. Das ist es
was übrig
bleibt:
das Lachen.
»Schau, da oben schwimmt die Zukunft.«
Wer hier Was sagt, ist völlig egal.
Einem Fliegenden Teppich kämmt man nicht die Fransen.
Und es rutscht der Saum ihrer Uniform. Auf
wärts. »Zieh sie aus, ich weiß auch so, wer & was du bist.«
»Später«, lautet die Antwort.
»Ja, gibt’s denn sowas?«
»Manchmal.«
Und wenn man ganz leise ist, kann man hören –
wie der Raum sich krümmt –
vor Lachen
Einstein, Einstein, Alles muss versteckt sein!
Lass uns weiter fliegen
In der gestohlenen Zeit
Die Luft Das Licht Die Bewegung Die Weite
endlich im unendlichen Universum oder
umgekehrt
und unten steht vielleicht jemand
vor meiner Haustür & verhält sich
vernünftig…..
»Wurdest du schon mal mit einem Teppich
klopfer vermöbelt?«
»Ja, das Muster ist noch da, ich kann es dir zeigen,
später.«
»Ja, gibt’s denn sowas?«
»Manchmal.«
Ein Abdruck im weichen Bindegewebe der Erinnerung
Auch der Teppich hat ein Muster
gewoben aus Wollen
verschiedener Art
Ein Vogel kreuzt die Teppichbahn (zieh
deine Federn aus, ich weiß auch so, wer & was du bist), er
schaut verdutzt & taucht hinauf ins Meer
verschwindet im Gewölk, das Nebel für ihn ist
Da drängt sich eine Frage auf: ist Dies
vielleicht ein Gobelin?
Das Muster könnte auch ein Bild sein
Einerlei – ob Wand, ob Boden
Die Grenzen sind auf
gehoben
(in einer Vitrine – verschlossen)
& offen
»Im Haus meiner Großeltern gab es einen Klopfer
aus Messing.«
»Das muss sehr schmerzhaft gewesen sein.«
»An der Tür. Ein großer Ring aus Messing.«
»Auch Türen haben Gefühle. Das muss sehr schmerzhaft gewesen sein.«
Lachen
Wind im Haar der Flugbegleiterin
»Weißt du, worauf dies Alles hinausfliegt?«
»Ja.«
»Und – bist du traurig?«
»Nein.«
»Das ist gut.«
»Ja.«
»Musik wäre schön.«
»Sie ist schön. Denn ich höre sie auch so.«
Langsam wird die Sonne rot
& leise
Tomatensaft & ein Lachen & ein wenig Blut
am Himmel
Die Zeit verfliegt
verfliegt uns
& kennt doch stets die Richtung
Schau nicht nach unten
Sonst wird dir schwindel
ich
»Jetzt?«
»Ja.«
»Zieh dich aus. Ich weiß auch so, wer
& was du bist.«
Wie ruhig der Teppich fliegt
Kein Schlingern, kein Absacken in
unsichtbaren Luft
Löchern….. Kein Wackeln im Luft
Strom…. Das Gewebe trägt uns
Erträgt uns, macht Alles
erträglich
während sich schließt, was ein Kreis werden will –
Und die Begleiterin schlüpft
aus ihrer Uniform
so schön
so schön
& dann – nackt – ist sie anders
als jedes Klischee, als jede
Vorstellung
Kein Stundenglas, und keine Hippe –
kein Gerippe, nur weiche Linien & Schönheit
und sie kommt
ganz nah
und sie beugt
sich hinab
und sie flüstert
in meine Brust hinein
»Bitte nicht klopfen.«
1.
Es gibt sie nicht –
die gescheiterten Existenzen.
Wenn
sie existieren.
2.
Man wird geboren
& soll sich anschließend
auch noch eine Existenz aufbauen?
3.
Die Existenzgründung ist
doch nur –
eine Empfängnis.
4.
Sie existiert nicht –
die Existenzberechtigung.
Denn
sie ist nur ein Traum
der Existierenden.
5.
Es gibt sie nicht –
die gescheiteren Existenzen.
Denn
was lebt –
ist dumm
an sich.
6.
Dies
ist der Beweis.
Vergiss Alle! sagte ich
mir. Alle, die du kennst, Alle,
die du gelesen hast, Alle,
an die du dich erinnerst…..
Sei
das Original! Lasse dich
nicht leiten, von dem,
was dir gefällt, lasse
dich nicht lenken
in die Richtung Derer,
denen ähnlich zu sein, scheinbar
eine Ehre wäre – denn dort
würdest du untergehen
wie alle Anderen,
denen man ihre Einflüsse ansieht.
Ab
zieh
Bilder
All
ent
halben
flach & durchscheinend.
Vielleicht ist man einfach nur
zu spät geboren. – ?
Wo liegt das Einzigartige?
Worin liegt es?
In der Form?
Im Inhalt?
Im Gedanken?
Da war diese Sache mit den Wort
Trennungen ohne Trennungs
Striche. Ich konnte mich nicht erinnern,
Ähnliches irgendwo gesehen zu haben –
& hielt es – Idiot, der ich war, Idiot, der
ich bin – für etwas Originelles. Originales.
In Wirklichkeit war dieser Glaube nur das Resultat
mangelnder Belesenheit, mangelnder Bildung.
Unreiner Zufall, dass ich nicht in diesem Glauben
sterben werde.
Und dies ist nur ein Beispiel
für etwas vergleichs
weise Oberflächliches.
Darunter
wird es noch schwieriger.
Zu spät geboren.
Zu spät aufgehört
zu lesen.
Manchmal möchte ich einfach nur
Alles vernichten. Was ich getan, was ich
geschrieben habe. Alle Wörter, alle Worte
auslöschen. Es ist so sinnlos.
Vergiss Alle, die du kennst, Alle,
die du gelesen hast, Alle,
an die du dich erinnerst…..?
Selbst
wenn dies Unmögliche so einfach wäre –
Da blieben immer noch
Alle, die ich nicht kenne, Alle,
die ich nicht gelesen habe, Alle,
an die ich mich nicht erinnere…..
Es ist ernüchternd
wenn man spät im Leben
auf Verwandtes trifft –
auf Verwandte im Geiste.
Seelenverwandte – falls es so etwas gibt.
Ich möchte mich nicht wiedererkennen
in Anderen. Natürlich: es ist ein Trost – aber
ein billiger.
Fremd sein
ist mein Ziel.
Wo liegt das Einzigartige?
Worin liegt es?
Wenn Andere es finden
in dem, was man tut,
hat man es
vielleicht –
doch wahrscheinlich
wissen auch sie
einfach
nicht
genug.
Ich hänge an meinem alten Regenschirm
Obwohl er nicht fliegen kann
Weil ich an ihm hänge
Hinge ich nicht an ihm
Könnte der Wind ihn davontragen
Und es wäre mir egal
Wenn der Schirm fliegen könnte
Würde ich noch mehr an ihm hängen
Wer weiß wo wir dann landen würden
Wir könnten abstürzen
Aber er kann ja nicht fliegen
Weil ich an ihm hänge
Der Schirm kann nicht fliegen
Ich kann nicht noch mehr an ihm hängen
Und der Wind ist zu schwach
Ach Liebe
Das ist alles
So ein furchtbarer Unsinn
Bleiben wir lieber
Entspannt
Und drinnen wenn es regnet
Auch das
ein faszinierender Gedanke:
man erfreut sich
an den Nacktfotos der Geliebten
Nacktfotos aus fremder Vergangenheit –
& weiß doch: da war kein
Selbstauslöser
im Spiel
Ein Anderer
Geliebter
hat die Fotos geschossen
man kann es
spüren
schmecken
hören
sehen
Und die Fantasie ist dabei
anwesend beim Shooting
in der Vergangenheit
Und derjenige, der Geliebter war,
bereitete den Boden für den nächsten
Geliebten – in der Zukunft
& hat Anteil
an der Erregung des gegenwärtigen
Niemals
werden sie sich kennenlernen.
Hat er es sich träumen lassen? Dieser
vergangene, dieser Verflossene – als
er auf den Auslöser drückte?
Ja
wirklich:
faszinierend
verzwickt
erregend
dieser Ge
danke
Ich filmte sie
mit meinen Augen
Blende: auf
Verblendung ein
gestellt
Schärfe: gestochen
scharf
im Fokus: die Frau
Sie kommt zurück
aus dem Bad
zurück ins Schlafzimmer
die Klospülung rauscht
im Hintergrund
Die Frau: nackt im Licht der Kerzen
im Licht der bunten Lampe im Bücherregal
Die Decke liegt am Boden
Ich liege entspannt & ausgebreitet
da
Sie kommt
ins feuchte Bett
5 Küsse gibt sie mir
in rascher Folge:
Schwanz, Bauchnabel, beide Brustwarzen, Mund
Ich grinse
denke irgendwas wie: orale Bekreuzigung
Sünde! Sünde! hahaha
& dann liegt sie neben mir
entspannt
Es läuft
Musik
Wir schauen an die Decke
Und irgendwann
ein paar Songs später:
ich richte mich auf
um sie zu küssen
von oben herab
& ihre Augen schwimmen
»Was ist?«
»Ich werde nie das sein, was du brauchst
& was du dir wünscht.«
»Nicht doch – so’n Quatsch, das bist du
doch schon jetzt.«
»Nein,
lass es
dir gesagt
sein.«
Rückblende:
eine Nachricht von ihr
aus der Zeit als ich sie nur auf Fotos gesehen hatte,
auf Fotos, die ein Anderer ‚geschossen’ hatte –
›Warnung: ich mache es immer wieder selber kaputt.
Weil ich bin. Wie ich bin. Übel.‹
Ich hatte sie aus
geblendet. Diese Warnung.
Und das war gut
so.
Was würde man alles verpassen,
wenn man sich um Warnungen kümmern würde!
Orale Bekreuzigungen
zum Beispiel.
Oder sie: [Replay:]
Sie kommt zurück
nackt im Licht der Kerzen
im bunten Licht der Lampe zwischen den Büchern
etwas rauscht
im Hintergrund
(Auch das hatte sie mir geschrieben, früher:
›Du bist mein Hintergrundrauschen.‹)
die Klospülung
verstummt
es läuft
Musik
wir schauen an die Decke
Abblende
Da saß er also
& schaute hinab auf den Schatten,
den die Sonne aus ihm machte.
Der Schatten war lang, denn
die Sonne schwamm tief im Abendhimmel –
hinter der Bank, auf der nur er
allein saß.
Gegenüber, auf der anderen Seite
der Straße, befand sich ein Spielplatz, kinderlos;
der Schatten des Mannes reichte nicht bis dort.
Wenige Menschen gingen vorüber. Diesseits
der Straße. Betraten die dunkle Zone
auf dem Gehsteig. Die dunkle Zone, die
sich bewegte, wenn der Mann auf der Bank
sich bewegte. Doch er bewegte sich nicht –
wenn sie betreten wurde.
Wer bist du? dachte der Mann.
Die Silhouette blieb stumm.
Und die Menschen waren fort.
Ihre eigenen Schatten hatten sie mitgenommen.
Erinnerte Bilder glitten über eine Rutsche
abwärts – – – – – & landeten im Sand.
Hunde hatten in den Sand geschissen. Doch
das war egal.
Das Klettergerüst der Gedanken rostete in der feuchten Luft.
Der Mann spürte die Wärme im Rücken. Die Wärme, die
ihn kalt ließ.
Auch kleine Lampen bilden Schatten.
Und ich liebe sie
mehr als jedes Licht der Sonne.
Die Lämpchen. Und die Schatten. Und ihr Spiel.
2 Absätze klangen wie eine Uhr im Vorübergehen;
Frauenfüße in offenen Schuhen. Leise
in der Ferne. Lauter werdend. Am lautesten
in der dunklen Zone. Dann: leiser werdend. Und
vergangen. Im Licht. Verschwommen.
Er lächelte.
Die Sonne macht sich was aus mir.
Sie macht mich zu einem Schatten.
Zum Schatten meiner Selbst.
Es ist ein Naturgesetz.
Wer bist du?
Ein kleiner Junge an der Hand einer Frau.
Sie gingen übers Trottoir. Jenseits
der Straße. Dort wo der Schatten des Mannes
nicht war. Die Frau trug eine Sonnenbrille & ein gelbes Kleid,
und sie führte den Jungen vorbei an dem Spielplatz. Und der Junge
wandte seinen Kopf. In Richtung des Sandkastens. In Richtung
der Wippe. In Richtung der Schaukel. Und
als sie vorüber gegangen waren, blickte der Junge
noch immer zurück.
Ein geworfener Schatten, dachte der Mann.
Das – ist die Antwort. Sonst
Nichts.
Ab
& An über
kommt mich die Schwäche
mir vorzustellen wie es wäre
mein Geschreibsel in Form
eines Buches vor mir zu sehen
Es sind nur kurze An
Fälle von Eitelkeit
Eine Art von Regression
zurück zu den Wünschen der Kindheit
den Wünschen des Kindes
das Bücher liebte &
vielleicht Dichter werden wollte
Kinderwünsche
Das Kind: ein Buch
Das Buch: ein Kind
Be greif bar
Und es gibt wahrlich genug Verlage
die jeden Dreck drucken.
Wahrscheinlich würde sogar ich
einen finden für meinen virtuellen Dreck
Aber:
Sie gehen vorüber
diese Anfälle
bisher. Welch Glück!
Die Gesellschaft
der kraft- & leblosen Bücher
voll von leb- & kraftlosem Wortgeschunkel
ist eine von vielen
Gesellschaften die ich meide
Also: wenn
Sie DIES in einem Buch lesen –
bin ich entweder
schwach geworden & geblieben
oder tot (was beinahe das Gleiche ist
obschon mir Letzeres wohl lieber wäre)
Oder:
Jemand hat meine Worte gestohlen
& nicht für sich behalten (was ein hervorragender
Witz wäre! Ein Witz, von dem ich vermutlich niemals
etwas erfahren würde….. – Womöglich bringe ich gerade
Jemanden auf eine Idee; aber was soll’s! Ich
bin verschwenderisch mit meinen Ideen &
mit meinen Worten & vielleicht
werde ich längst tot sein
wenn es geschieht
Was für ein Gedanke:
man ist schon lange verrottet &
hat Spuren hinterlassen die
einem nicht mehr zugeordnet werden können!
Das ist schön. Der perfekte Mord.
Nachruhm ohne Ruhm!)
Ist es nicht egal
wie & unter welchem Namen
die Worte überleben?
Solange sie über
haupt die Kraft besitzen zu über
leben
Die Bar war nachtdunkel & verschlossen.
Eine alte Frau mit schwarzgefärbten Haaren saß
auf dem Gehweg davor – schief, im Licht
des gegenüberliegenden Bahnhofs, im
Licht der Ampeln, im Licht des Hotels,
zu dem die Bar gehörte.
»Immer legst du dich aufs Maul«, sagte der Mann.
Wankend stand er neben ihr. Blickte
auf sie herab. Irgend etwas
Unverständliches brach aus ihrem Mund hervor;
sie versuchte aufzustehen, während die Erde
sich drehte. Vergebens. Es war Zu
fall, dass es vor einer Bar geschah; vor einer Bar, die
sie nie betreten hatten. Sie kamen
von einer Hochzeitsfeier. Und waren kurz vorm
Ziel. Dem fremden Bett im fremden Zimmer im
fremden Haus.
3 Mal versuchte die Frau hochzukommen.
3 Mal gelang es ihr nicht. Da griff der Mann zu
& wäre beinahe mit
gefallen.
Drinnen an der Rezeption stand die Braut
in Weiß, der Bräutigam in Schwarz, und
Schwarz auf Weiß füllten sie aus, was auszufüllen war.
Vorschriften,
um in einem fremden Bett in einem fremden Zimmer
diese Nacht verbringen zu können. In einem
fremden Haus. Gegenüber
vom Bahnhof, wo die Züge abfuhren.
Die Braut ging vor
zum Aufzug.
Der Bräutigam folgte ihr.
Als sie im Aufzug stand
sagte sie: »Der Aufzug ist da.«
Der Bräutigam sagte nichts
& folgte ihr erneut.
Die Drehtür setzte sich in Bewegung,
als das wankende Paar den Eingang erreicht hatte.
Die Flügel der Aufzugstür stießen aneinander.
Und der Nachtportier, nachtdunkel & verschlossen,
erfreute sich seiner
Einsamkeit.
Im Winter sind die Menschen stiller
& die Leichen härter
in meiner Vorstellung
Schneegedämpfte Schritte auf
weißen Friedhöfen
frisch Verstorbene
fremd in festgefrorener Erde
Schweigendes Fleisch
Und die Toten
die schon lange tot sind
& die man kannte
haben nichts mehr
was gefrieren könnte
Nichts
als die Erinnerung
der Hinterbliebenen
Alles
Andere zerfällt
oder ist schon längst zer
fallen
Im Winter sind die Menschen stiller
& die Leichen härter
So stelle ich ihn mir vor: den
Winter des Lebens.
Wenn auch das Leben
stiller & härter
wird
mitten im Ver
Fall
Manchmal, beim Zuhören,
verwechselte sie Jazz & Easy Listening
miteinander.
Natürlich: die Grenzen sind fließend.
Noch fließender fürs ungeschulte Ohr.
Sie verwechselte zumeist
das Schwierige mit dem Einfachen –
als wäre das scheinbar Einfache nicht schwierig.
Das erinnert mich
an unsere Gespräche. Wenn sie
mir zuhörte. Wenn ich
ihr zuhörte.
Fließende Grenzen
zwischen Worten & Schweigen
zwischen dem Schweren & dem Leichten
dem Einfachen & dem Schwierigen
Fließende Grenzen
Miteinander
Ineinander
verfließend
& dann
verflossen.
All diese Tiere, die zu
oft schon ungeschont verwendet
& missbraucht wurden
als Symbol – oder
Metapher
Raben
Katzen
Schmetterlinge
Panther
Hunde
Spinnen
Wölfe
tot, lebendig, frei, gefangen –
verwurstet in Gedichten & Geschichten,
in Fabeln & Parabeln.
Alles
ist schon da ge
wesen.
Wie die Bemerkung
dass es
nichts
Neues
gibt.
Doch das ist in
Ordnung.
Apropos: Ordnung:
Ich fuhr über die Autobahn
in der Morgendämmerung.
Auch das: nichts Neues.
Eine graue Straße, schon dagewesen,
die irgend – wo – hin – führt.
Und plötzlich
lagen dort 5 Teile. 5 Teile
eines Tieres.
Akkurat in einer Reihe,
parallel zum Mittelstreifen.
Ich weiß nicht
was für ein Tier es ge
wesen (oder immer noch) war
Weiß nicht um welche Teile
im Einzelnen es sich handelte
Selbst
wenn ich langsamer gefahren wäre
hätte ich es wohl
kaum erkennen
können
Braun & Rot auf Grau
Vorbei
Ich schätze die Ordnung.
Die äußere Ordnung.
Weil mein Inneres & meine Gedanken
so in Unordnung sind.
Ich brauche die Ordnung. Die äußere Ordnung.
Tot oder lebendig.
Doch diese Ordnung
der Naturgesetze, getarnt als Zufall, diese
Reihe der Teile
des verendeten Tieres
auf der Straße, über die ich fuhr
irgend
wo
hin
fuhr
in der Morgendämmerung
(& wohin wollte ich denn über
haupt, wohin will denn am
Ende dieses Gedicht
wenn es 1 ist –
dieses Etwas mit einem verwursteten Tier)
diese Ordnung
auf der Straße
parallel zum Mittel streifen
tot
tot
tot
tot
tot
er
schien mir
bei Dämmerung betrachtet bei
nahe
zynisch.
Ich er
finde jetzt ei
ne Frage
die jemand
hätte stellen
können
die aber nie
mand je
mals ge
stellt hat:
»Was halt
en Sie
für das Zweit
wichtig
ste an o
der in Ihr
en Texten?«
Wäre sie
gestellt word
en hätte ich sie
nicht
beantw
ortet. Denn
ich spreche
nicht über die
se Dinge.
Weil sie aber
nie gestellt
wurde kann
ich sie
ruhig & er
finder
isch beant
worten:
Die
Um
brüche o
der Ab
sätze.
Oftmals mögen sie kaum auffallen, ich aber mache mir
viele Gedanken um & über sie. Sie sind die Stufen
der Gedanken. Die Stufen der Bilder. Das Gedicht
ist die Treppe. Oder die Leiter. Ein Tritt. Hinauf
oder hinab.
Wo
hin auch im
mer.
Wir stolperten
über uns
Wir fielen
fielen
über uns
her
Über uns
war
Nichts
als Luft
Wir waren
unter uns
In uns
war
Nichts
als Lust
Wir fielen
fielen
über uns
her
Nichts ging
über uns
Alles
unter uns
Wir stolperten
über uns
Wir fielen
hin
& her
über uns
Wir lagen
nur so da
am
Ende
Ich notierte mir einen Einfall.
Spielte mit ihm. Und dem Bleistift.
Und den Gedanken, die folgten.
Leises Kratzen auf Papier.
In der Ferne hörte ich Klaviermusik.
Dann tippte ich irgendwas.
Wieder Gedanken.
Leise Berührung der Tasten.
Und ich fragte mich:
Spielt dort jemand selber?
Oder wird nur abgespielt, was
Jemand Anderer eingespielt hat?
Wenn es gut läuft
wird man mit den Jahren
subtiler.
Wenn es schlecht läuft
ist man vorher
tot.
Wieder so ein Tag, dachte ich.
Und hatte ihn schon verloren.
Denn solche Tage, die
bloß Wieder so ein Tag sind,
gibt es nicht
in der Wirklichkeit.
Es gibt sie nur
in der Wahrnehmung.
In der Wahrnehmung, die
nicht mehr unterscheidet.
Wieder so ein Tag, dachte ich
& fühlte mich wie eine Spinne
in der leeren Badewanne –
Alles glatt & weiß & kalt.
Tage, die so wahrgenommen werden, gehen
unter
in der Erinnerung –
verschwimmen
im salzlosen Weniger des Lebens.
Des Lebens, das kürzer scheint,
wenn man Wieder so ein Tag denkt.
Nein, es war nicht
Wieder so ein Tag.
Es war – in Wahrheit:
Nie wieder wird es diesen Tag geben.
Und ich denke
nicht: Gut so!
Wie beschissen er auch gewesen sein mag.
Wie so oft lag ich
im Bett. Im Kopf
Gedichte, Sex & Essen.
Und ich verfolgte
die Berichterstattung über wütende
Unwetter. Unwetter, die woanders stattfanden.
Und ich dachte: Wie schön ist es doch,
in einer gemäßigten Zone zu leben. In
einer Gegend, wo die Natur sich noch zu benehmen weiß.
Und einen in Ruhe lässt (solange sie nicht
in Gestalt von Menschen auftritt).
Still still still war alles – & ich hatte den Ton
abgedreht, während ich den Bildersturm im Fernseher betrachtete.
Sex. Gedichte. Essen. Das ist mir genug
Natur. Ich war satt, geil & träge.
Als der Tanz begann.
Ein Geräusch, an das ich mich nicht erinnern konnte,
obwohl ich es kennen musste. Aus ferner Vergangenheit.
Schläge, die auf mein Haus herniederfielen. Auf meinen
Schutz. Meinen Panzer vor der Außenwelt. Den Donner erkannte
ich. Den Regen erkannte ich. Aber den Hagel erahnte ich nur.
Schrapnellgleich. Ich verließ das Bett. Ging in die Küche. Zog
das Rouleau, das immer herunter
gelassen ist, halb hoch…..
Düsternis; die Schraffur der Regenstriche,
das Fließen der Straße, das Spritzen des Wassers
& die weißen Geschosse, die auf den Asphalt prasseln
aus einem schwarzen Rachehimmel. Bäume & Sträucher
wogen, Alles peitscht & schießt; schlägt & kracht & rauscht.
Und die Geräusche des Regens, das Geschepper des Hagels erreichen den Dachboden
nach dem Splittern des Fensters dort oben. Die Natur kommt näher,
so wie die Einschläge näher kommen, und im Keller steigt das Wasser
aus dem Gully, aus dem Rohr, durch das
die Scheiße schwimmt. Über die Leiter & durch die Luke
klettere ich auf den Dachboden, über die Treppe steige ich hinab
in den Keller. Wasser hier, Wasser dort. Ich schöpfe, wische, stelle
Gefäße auf & warte. Warte, dass es vorüber
geht. Im Keller umspült das Dreckwasser die Stapel alter Zeit
schriften. Magazine mit nackten Frauen auf den Titelseiten. Auf
einigen liegt noch der Ruß eines vergangenen Brandes (eine
andere Geschichte, doch auch dies: Natur). Alte Teppiche
saugen sich voll, während ich mich zu erinnern suche; ich versuche mich
zu erinnern, wann ich zuletzt Hagel erlebte. Ich kann es nicht. Es ist zu lange her. Oder zu erfolgreich
habe ich es verdrängt. Bewegung. So viel Bewegung hatte ich lange nicht.
Und dann
lag ich wieder im Bett. Ruhiger geworden. Alles
war ruhiger geworden. Gelassener. Doch nicht still.
Die Bilder aus der Ferne waren gestört. Die Signale gestört
durch den Regen, der allmählich nachließ. Kein Empfang. Woanders
war alles schlimmer. Gewesen. Woanders ist immer alles
schlimmer. Hofft man.
Durch das zerstörte Fenster im Dach fiel
der Regen. Der Regen fiel
in das Gefäß darunter. Eine Kiste
aus Plastik. Und solange die Kiste fast leer war –
hatten die Tropfen einen eigentümlichen Klang.
Ich lauschte diesem Klang; im Bett, unter der Decke.
Es war nur der Regen. Über der Decke. Doch sein Klang erinnerte mich an
Ratten. Ratten auf dem Dachboden. Tanzende Ratten. Ratten
in Holzschuhen. Steppende Ratten. In einem Ballett oder
Musical. Titel: Das Leben. Denn aus jedem Dreck, aus jedem Scheiß
kann man noch Etwas machen. Etwas. Solange einem nicht
Alles vergeht – & die Poesie nicht gänzlich hinweggespült wird.
In irgendeinem Keller. Durch irgendeinen Gully.
Und vielleicht ist das besser
als in einer gemäßigten Zone
zu leben. Falls
es die überhaupt gibt.
Sehnsucht, Einsamkeit & Phantasie
sind –
Nichts Besonderes.
Er machte sich vor Sie
zu lieben – &
Sie glaubte ihm
Sie machte sich vor Ihn
zu lieben – &
Er glaubte ihr
Sie glaubten sich &
Sie glaubten einander
Es war keine Lüge.
Und es war keine Wahrheit.
Es war nur
das Übliche.
Der Mann hatte 2 Schlaganfälle hinter sich.
Er war alt, und sein Schwiegersohn war an Krebs gestorben.
Wer weiß, wie viele weitere Krankheiten & Tode er noch erlebt
& überlebt hatte.
Aber:
er konnte sich maßlos darüber aufregen, wenn
der Samen von Brennnesseln aus fremden Gärten
in seinen Garten wehte.
Manche Menschen lernen niemals etwas
aus Krankheit & Tod.
(Und was mich angeht:
Ich habe nichts gegen die Brennnessel an sich.
Allerdings könnte ich mich darüber aufregen, dass man sie
heutzutage mit 3 n schreibt.
Aber das ist ein anderes Thema.)
Da saß sie also
mit ihren Stiften & dem Papier.
Schaute mich kurz an
mit groß scheinenden Augen –
& bannte mich dann
auf das weiße Blatt.
Wilde Linien; bunt, unsicher & chaotisch.
Niemand hätte mich erkannt
auf (oder in) diesem Bild,
das wie eine Metapher war.
Um mich herum existierte nichts
als leere Fläche.
Gebannt schauten wir ihr zu –
mein wahres Ich
& ich.
Sie war 5 oder 6 Jahre alt.
Vertieft in den Moment.
Versunken in die grobe Skizze.
Und niemals zuvor
fühlte ich mich so gut
getroffen.
Manchmal denke ich
Ich liebe nichts
So sehr wie
Die Wörter
Mit denen ich
Es
Beschreiben kann
Ich hoffe
Ich irre mich
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