Monatsarchiv: Oktober 2013

Der Abgrund neben dem Bett

Der Abgrund
neben dem Bett
war tiefer als erwartet.

Und doch
konnte ich dort stehen
& herabsehen

auf das Bett
das wie eine Insel war.

Die Geliebte
lag darauf ….

& im zittrig-orangenen Licht der Kerzen
streckte sie ihre Arme aus
wie ein Kind
das aufgehoben werden möchte.

Hätte die Wirklichkeit einen Sinn
für Symbole & Poesie
wäre in jenem Moment
eine Sirene zu hören gewesen –

die Sirene eines Rettungswagens.

Allein –
es war
ganz still.

Ganz

still.

Und alles schien
verkehrt –

denn
ich war es
der aufgehoben werden wollte.

Aus dem Abgrund
ließ ich mich fallen
in die Arme….

& Alles
war
richtig.


Ohne jeden Halt

Im tiefsten Schnee
den man sich denken muss:
eine schwarz verhüllte Gestalt
die man nicht sehen kann

weil sie nicht da ist.

Und man weiß nicht:
Ist er nie gefallen
oder nur
dahingeschmolzen;

hat sie nie existiert
oder ist sie nur
verschwunden.


Der unsichtbare Bruch

»Sieh mal, da
hast Du etwas
kaputt gemacht.«

»Was? Wo?
Ich sehe nichts.«

»Eben.«

Etwas Unsichtbares
ging
zu Bruch.

Splitterte
in eisiges
Schweigen

mitten
in der Nacht.

Und
da es unsichtbar war
blieb nur

die Hoffnung

alle Bruchstücke
wiederzufinden

durch
vorsichtiges
Tasten

& Fühlen.

Gewissheit
Alles
wiedergefunden zu haben

würde es
niemals
geben.

Ledig
lich
die nagende Angst

ein
(vielleicht nur winziger)
Splitter

könnte
für immer
verloren
sein.


Noch ’ne Gelegenheit

So viele
verpasste Gelegenheiten.

Ich habe es sogar verpasst,
jung zu sterben.

Das bedeutete:

Noch mehr
verpasste Gelegenheiten.


Der Tod des Georg Heym

Ein Dichter
sollte sterben
als Metapher.

Im besten Fall.

Er brach ein
auf zu dünnem Eis

als er den Freund
retten wollte.

Erfolglos.


Schwarzlicht

Es ist
manchmal
als änderte die Zeit
die Wellenlänge
des Lichtes

Das Licht der Lieblingslampen
anheimelnd
warm
& vertraut

wird zu

Schwarzlicht

Fremd
erscheint einem

Alles

& kalt

was man in
anderem Licht
kannte

Man sieht
die Flecken
die unsichtbar gewesen waren

Sieht
den Dreck
dessen Existenz man
in manchen Augenblicken
nur befürchtet hatte

Er leuchtet
hell

Doch
nichts
Wesentliches
hat sich verändert.

Nur
eine Wellenlänge

 

Man könnte
einfach
die Augen
schließen

wenn
es
einfach
wäre


Sonnen im Mondlicht

Könnte ich
im Mondlicht
mich sonnen –

ich
würde
es
tun

um zu
verblassen.

 

Wie
die Erinnerung

eines Menschen
der
langsam

vergisst.


Das gefangene Tier

Sprich
wörtlich ist das
Auf & Ab
Laufen
des Tieres
im Käfig

Ich lief
auf & ab
Amok
in der Nacht

Schrie & brüllte & rief
auf einen
An
ruf
beantworter
der
Nichts
beantwortete

Stumm
geschaltete
Telefone ….

Die Unerreichbarkeit
des Menschen
der behauptet
zu lieben …..

Nicht gehaltene Worte
fielen
& zerbrachen
auf dem Boden
der Tatsachen

Gebrochene Versprechungen
ausgekotzt
im Eimer

Sprich
wörtlich ist das
Auf & Ab
des Gefangenen

Die Schläge
des Herzens
im Rippenkäfig

Ein Knockout
nach
dem Anderen

Die fremde Stimme
auf einer Mail
Box

Auch
ich
bin
ein
Tier.

Ein Wolf –

Ge
trieben

in die Enge

des Herzens.

Hinter den Gittern
des Schweigens
laufe ich

hin & wieder

auf & ab.

Und
was gefangen ist
denkt an

Aus
bruch.


Stimmungswechsel

Ein dunkelgrauer Wolkenbogen
verpasste
dem nicht mehr ganz
vollen Mond

eine Grinsefresse

fröhlich?
hämisch?
debil?

Wer
hätte es
zu entscheiden ver
mocht –

 

Ich
fuhr
darauf

zu

 

Im Rückspiegel:
das Morgenrot

Verlegenes Licht

(Wer weiß
was die Nacht
getrieben hatte ……)

 

Wind
kam

auf

Trieb
die Wolken

vor sich her

 

Sie zogen
weit
er

schleier haft

Ähnl
ich
wie
ich

 

 

Was
zurück
blieb

war
der entblößte Mond

mit
seiner bekannten

Vi
sage

 

Auch
seine Stimmung
war

dahin


Garantien & Versicherungen

Garantien
lasse ich verstreichen.

Versicherungsfälle
verjähren.

Wenn
etwas passiert

etwas
(frist
gerecht)
kaputt
geht

handle ich
zu spät.

Immer.

Ich raffe
mich nicht auf

zur rechten
Zeit.

Niemals.

Ich habe
keine Ahnung,

was mich das
schon
gekostet hat.

Nur manchmal
wenn ich pleite bin
stelle ich
mir diese Frage.

Wieviel?

Ich weiß,
das ist dumm

weltfremd
lebensuntüchtig
neurotisch.

Ich
kann
es
nicht
ändern.

Würde
ich
es
können –

wäre
ich

garantiert

ein Anderer.

So
viel
ist
sicher.


Das Wortgeländer

Versucht

 

habe ich

 

 

 

Es

 

immer wie

der

 

 

Das Aus

löschen

 

der Zeilen

 

 

 

Um

nur

noch

 

die

Zwischen

Räume

 

übrig

zu lassen

 

 

Ver

gebens

 

 

 

 

Ge

      danken &

Ge

      fühle

 

brauchen

den

 

Halt

 

 

 

Brauchen

halt

 

das Wortgeländer

 

um

nicht

 

in die Tiefe

zu stürzen

 

aus der sie

 

 

empor

           gestiegen

                            sind

(Siehe auch: Das Zeilengeländer)


Verwaiste Einträge

Aus
gebremst
Verlang
samt
durch den Ball
ast der Zeit

: Der alte Computer :

Man möchte etwas öffnen
Man klickt auf ein Symbol

& dann
wartet man

& wartet

Lauscht dem Geräusch
der alten Festplatte

ratternde Drehungen
im Inneren

Das Rauschen & Keuchen
der Lüftung

Der alte Rechner

In der Registry häufen sich
die verwaisten Einträge

sinnlose Überbleibsel
alles Gelöschten

Daten
die keinen Zweck mehr erfüllen

Und so manche Verknüpfung
so manches Symbol
verweist auf ein Programm
das längst deinstalliert wurde

Ich sitze
vor dem Monitor

versuche
Etwas
zu öffnen

& warte …..

Und ich grabe
in meinem Gedächtnis

wie so
ein alter Rechner.

Über
all
Symbole.

Ein
träge.

 

 

Man
braucht
Geduld.


Obwohl – nicht weil!

Als ich be
schloss Schluss
zu machen
mit der Sau
ferei
ging ich ein
kaufen

Ich be
sorgte:

Gin
Wodka
Scotch
Tequila
Pernod
Vermouth
Rum

Die Durch
reiche
zwischen Küche & Wohn
zimmer ist
meine Haus
bar

Dort
stellte ich sie
auf –
die Flaschen

Alle voll
Alle verschloss
en

Ich gehe
an ihnen vor
über

tag
täglich

er
freue
mich
an ihrem An
blick

dem Spiel
des künst
lichen Licht
es in den
Flüssigkeiten

Die An
wesenheit
der Flaschen ist
wichtig

Denn
es wäre schwach
nicht zu sau
fen

bloß
weil
nichts
im
Hau
se

ist

Bar bw


Hemingway aufm Klo

Ich dachte an Hemingway,
der zum Schreiben aufs Klo ging,
um Marys Schlaf nicht zu stören.
Damals
im Ritz.
In Paris.
Während des Krieges.
Und er schrieb ein Gedicht
aufs Klopapier.

Ich könnte es mir nicht leisten.
Das Ritz.

Mit oder ohne
Krieg.

Ich ging aufs Klo.
Zuhause.
Es galt
den Schlaf der Frau nicht zu stören.

Also
pisste ich ins Waschbecken.

Denn
das laufende Wasser
war leiser
als die Spülung.

Auch eine Art
der Rücksichtnahme.

Dann
schrieb ich
dies.

Nun ja.

Seine Gedichte waren
auch
nicht so
besonders.


Wie ich meine Mutter schlachtete & dadurch uns beide entsorgte

Man muss es verstehen
Erwartungen
zu wecken

um sie
anschließend
zu enttäuschen –

kalt lächelnd
oder
mit einem Augenzwinkern.

Man muss es verstehen
Aufmerksamkeit
zu erregen

um die Erregung
am Ende
ins Nichts

zu verkehren.

Besonders gut geeignet
dafür sind –
zumindest bei Texten wie diesem –

reisserische Über-
schriften.


Hitlers sexuelle Vorlieben

Als ich davon erfuhr,
wusste ich,
dass mein Gefühl eine gute Wahl getroffen hatte.

Ich stellte sie mir vor…..
Diese Frau…..
Vor langer Zeit…..
Als Schülerin…..
Im Geschichtsunterricht…..

Das große Thema war:
Das Dritte Reich.
Referate mussten gehalten werden –
zu einzelnen Aspekten dieses Themas,
die sich die Schüler & Schülerinnen selber aussuchen durften.

Und sie –
diese Frau,
diese junge Frau,
dieses Mädchen –
nannte ihr Referat:

»Hitlers sexuelle Vorlieben.«

Selbst ich,
der ich die Schule so sehr hasste,
hätte gerne in dieser Klasse gesessen,
während dieses Referat gehalten wurde –

hätte gerne gesessen
zwischen all den Langweilern, die sich
die üblichen Überschriften
für ihre öden Vorträge
ausgesucht hatten.

Ich hätte gerne die Vortragende betrachtet –
& das Gesicht des Lehrers.

Vielleicht stelle ich mir diesen Auftritt
grandioser vor als er war –
sehr wahrscheinlich sogar.
Doch das ist egal.

Als sie mir davon erzählte –
so viele Jahre danach -,
wusste ich,
dass mir die richtige Frau über den Weg gelaufen war.

Und dass ich sie gerne
schon sehr viel früher

gekannt & geliebt hätte.


Spiegel-Bilder

Wenn ich das Bild
das ich von dir habe
vor einen Spiegel halte
sehe ich dich
darin
wie du dich siehst

Seiten
verkehrt.

Wenn ich
in deine Augen schaue
die mein Bild betrachten
sehe ich mich
darin
wie ich mich im Spiegel sehe

Seiten
verkehrt.

So ist das
mit dem Äußeren.

Es sind doch
nur
Bilder
Reflexionen

was wir sehen.

Daran ist nichts
falsch.

Und
Alles
worauf es ankommt

bleibt
unverkehrt

&
richtig.


Das Rätsel

Da ist Niemand
der es ihm beschreiben würde

Da ist Nichts
was er begreifen kann

Er ist allein

Dennoch
glaubt der Blinde an seine Fähigkeit
das Bilderrätsel zu lösen

Es
lösen zu können

indem er
die glatte Oberfläche
er-
tastet


Unter den Untergängen

I.

Unter den Tageslichtern
ist die Dämmerung
das schönste

Unter den Dämmerungen
ist der Sonnen-Untergang
die schönste

Unter den Untergängen
ist das Abendrot
der schönste

Und unter allen Helligkeiten
ist die künstlich erleuchtete Nacht
die schönste

Wie unter allen Finsternissen
der ausgesperrte Tag
die schönste ist

 

 

II.

Lichte
Untergänge
dämmern
im Dunkeln

Kunst
Licht
& Schönheit

in der Nacht.

Licht

Brechung

– Ey, sachma, was soll dasnn jetz bedeuten?
– Was weiß denn ich? Is halt Kunscht.
– Schwurbelschwurbel…..
– Isso aus mir rausgeflossen.
– Iiieh!
– Ja …. & jetzt mach ich’s kaputt.
– Wie?
– Indem ich dies Gespräch einfüge.
– Nee, lass, das is peinlich.
– Nicht so peinlich wie ohne.
– Du spinnst ja.
– Eben.
– Bitte, mach’s nicht kaputt.
– Doch. Das gehört dazu.
– Das versteht doch keine Sau.
– Macht nix, is eh keine Perle.
– Verdammt! Am Ende glaubt man noch, dies Gespräch
hätte tatsächlich stattgefunden.

Gelächter

Brechung

Licht

Gelichter

 

 

III.

Unter den Untergängen
ist der Tod
der dunkelste

& unter den Lichtern
das schönste
der Ausgang.