Sie lag auf dem Kanapee.
Das Prachtstück. Nackt & bloß.
Bäuchlings, die Kniee gewinkelt; das
Blondhaar pferdegeschweift.
Eine warme Nacht, von antiken Lampen erleuchtet.
»Lu«, sagte er. Der Ohrensessel schützte ihn.
»Hm?«
»Hast du jemals in der Badewanne Flossen getragen?«
»Ja«, sagte sie, »als kleines Mädchen. Du nicht?«
»Doch«, sagte er, »ich habe mir sogar
eine Kaffeedose auf den Rücken geschnallt, um
unter Wasser atmen zu können. Die Dose war
mit einem Schlauch verbunden, und den habe ich
mir in den Mund gesteckt.«
»Und du hast es überlebt, wie ich sehe. Ein Glück.«
»Findest du?«
»Sag nicht sowas.«
»Schon gut. – Hattest du eigentlich eine schöne Kindheit?«
»Nein«, sagte sie. »Du?«
»Ja«, sagte er, »aber das wurde mir erst bewußt,
als sie vorbei war.«
Wo treffen sich Blicke? In der Mitte? Diesseits oder jenseits?
Oder in den Köpfen?
»Wie kommst du auf die Flossen?«
»Weiß nicht. – Vielleicht weil du da so liegst.«
Sie lächelte. »Willst du dich nicht auch ausziehen.«
»Noch nicht«, sagte er, »ich will das Bild nicht zerstören.«
Sie verschränkte ihre Hände unterm Kinn. Blasse Hände. »Und –
was machen wir dann?« Sie schlenkerte mit den Füßen.
Auch in dem großen, alten Spiegel, der am anderen Ende
des Raumes stand; alles darin bekam einen Stich ins Türkise.
»Die Halbwelten in Schwingung versetzen.«
»Au ja« sagte sie.
Er stand auf und ging zu ihr. Sie streckte die Beine.
Einhändiger Applaus. Zitterndes Gewebe.
Und dann weinte sie.
»Was ist?« sagte er.
»Zu blöd«, sagte sie, »da wurde wohl eine Erinnerung ausgelöst.
Ist gleich wieder vorbei.«
»Tut mir leid.«
»Nicht schlimm. Und nicht deine Schuld. Manche
Erinnerungen sind so überflüssig. Und die schönen
sind bei mir oftmals verschwommen.«
Sie rückte ein Stück zur Seite, und er legte sich neben sie
auf den Rücken. Nur wenige Tropfen,
die er wegzuwischen hatte. Das schmale Gesicht
reflektierte jeden Schein. »Stell dir vor«, sagte sie,
»jemand würde uns so sehen, uns beobachten, uns zuhören -
was würde der denken?«
»Was für eine Vorstellung. Gut, daß das unmöglich ist.
Uns kann doch niemand begreifen.«
Sie lachte, kurz und hell, mit schimmernden Zähnchen.
»Aber wir uns«, sagte sie - »komm, begreif mich.«
Fließende Bewegungen gingen ineinander über;
sie gingen ineinander über. Es gab
nicht viele freie Flächen auf dem Kanapee,
aber mehr und mehr wurden sie mehr.
Schlagwort-Archive: Erotik
Flossen
Der Olympionike
Jahre später entdeckte ich ein Foto im Internet:
da saß er an einem gedeckten Tisch, und
Helmut Berger leckte ihm die Haare
(zumindest sah es so aus).
Dalli Dalli Aftershow-Party Mitte der 80er Jahre.
Wenn man das gewusst hätte – das wäre doch
ein Gesprächsthema gewesen! Andererseits:
gesprochen hatte man ja nicht so viel.
Ich hatte ihn in einem Sexchat getroffen.
30 Jahre nach HB. – Wir beide auf der Suche
nach einem Dreier (auch so’ne Disziplin).
Fotos wurden ausgetauscht.
Eines seiner Fotos zeigte ich
meiner Freundin. »Und?«
»Ist okay«, sagte sie, »der geht.«
Er/es sollte unser erster sein.
Und dann saßen wir zu dritt auf dem Sofa
meiner Großeltern. Er in Radlerhose & T-Shirt,
sie in ihrem Schulmädchenoutfit zwischen uns
(der karierte Rock so kurz wie das Lineal, das man selber
als Schüler im Ranzen gehabt hatte).
Ich hatte auch was an, aber soetwas merke ich mir nicht.
Der Mann sah älter aus als auf dem Foto, das er mir geschickt hatte,
aber so ist das halt – nicht schlimm.
Wir waren nicht zum Reden zusammengekommen -
sie legte ihren linken Schenkel auf seinen rechten
& streichelte die Ausbuchtung, die in der Radlerhose
besonders zur Geltung kam. Eigentlich
ging alles recht schnell. Dalli Dalli. Er war nun mal
Sportler und auf Geschwindigkeit getrimmt.
Schnell stand er auf, schnell zog er sich aus.
Und schon war sein Schwanz in ihrem Mund.
Der Schwanz war ziemlich kurz, aber die Eier gewaltig.
(Später fragten wir uns, ob das was mit Doping zu tun hatte;
aber ich glaube, da schrumpfen sie eher.)
Er trug einen Cockring.
Schließlich gingen wir in das Zimmer mit den Schaufensterpuppen.
Da lag eine Matratze auf dem Boden. Auch beim Ficken
schien er schnell durchs Ziel kommen zu wollen. Er war ein Rammler.
Es hätte mich nicht gewundert, kleine Rauchwölkchen sich kringeln zu sehen.
Sie sah nicht gerade begeistert aus. Schaute mir in die Augen.
Ein bisschen verloren, ihr Blick. Zum Ausgleich machte ich alles
ganz langsam. Seltsamer Staffellauf. Ich war schon immer
der Langsamste. In der Schule. Beim Sport. Beim Essen. Wie waren nochmal
seine Bestzeiten? »Dein Freund hat einen schönen Schwanz«, sagte er
zu ihr. Nun ja. Ob da was gelaufen war – mit Helmut Berger?
(Der sah auf jenen Fotos noch richtig gut aus, da wäre ich auch
nicht abgeneigt gewesen......)
Ein bisschen Smalltalk gab es dann doch noch. Er saß wieder
auf dem Sofa und musste sich nur noch die Schuhe anziehen.
Wir standen. Ich glaube, ich hatte mir etwas angezogen, aber
soetwas merke ich mir nicht. Sie jedenfalls war noch nackt,
soetwas merke ich mir. Er sprach von seinem Herzen.
Mit seinem Ruhepuls hätte ich mich für tot erklärt.
Ja, der Leistungssport! Ständig musste er
irgendetwas tun, um nicht abzunippeln. Sein Arzt sei besorgt,
sagte er.
Früher hätte ich das alles viel detaillierter geschildert –
aber ich werde ja auch immer älter. Aktuelle Fotos –
ach, Schwamm drüber.
Meine Phantasie arbeitet assoziativ.
Hatte ich nicht beinahe Verbindung aufgenommen
mit Visconti? Die Unschuld. Die Verdammten.
Gewalt und Leidenschaft. Ludwig. (Mit Berger.)
Tod in Venedig. Sehnsucht. (Ohne Berger.)
Wenn man das alles damals schon gewusst hätte!
Der Olympionike hatte bei den Spielen
keine Medaille gewonnen.
Dabeisein ist alles. Das war Spitze!
Auf der Sofalehne fand ich seinen Cockring.
Den warf ich in den Mülleimer
zusammen mit dem Kondom.
Unerwartet
Jemand kitzelte ein Gitarrenkind
Ein sanfter Bass tapste nebenher wie ein Bär
Der alte Mann in der Scheibe sang
I’ll see you in my dreams
Da kam sie in das Zimmer und tanzte
Kurzes Hemd, gestreiftes Höschen
Sie barfüßelte vor der Spiegelwand
Drehte sich und schwang die Arme
Witzig und ernst, da und traumverloren
Und so schön und leicht wie der Moment
Den man nicht erwartet hat
Nach all den Jahren
Muss ich immer noch lächeln
Wenn ich einen Raum betrete
In dem sie sitzt
So als wäre ich überrascht
Und könnte es nicht fassen
Weil das Glück das ich hatte
Unfassbar ist
Immer noch immer noch immer
… tender eyes that shine …
Und sie lächelt zurück!
Und lacht sogar! Meistens
Wir wissen wie man das nennt
Aber wir haben ihr einen neuen Namen gegeben
Der nicht nur ein Wort ist
Der alte Mann schweigt
Die Ukulele verstummt
Es ist spät geworden
Der Song summt in meiner Erinnerung
Auf dem Stuhl neben dem Bett
Scheint sich eine Biene entkleidet zu haben
Man muss mit allem rechnen
Momentaufnahme (für die Ewigkeit)
Eine Träne rinnt ihr über die linke Wange.
»Wie groß er heute war«, sagt sie.
In der Tat: zwei Mal hatte sie leicht gewürgt,
und kühles Nass war den Damm hinab gesickert.
Sie lächelt und kam
unter dem Tisch hervor. Weiß & fleckig
stand der Mond im All; er besorgt uns
die Romantik. Wie groß er heute war!
So kommt es mir
zumindest vor. Eine optische Täuschung,
die etwas mit Nähe zu tun hat, glaube ich.
Ein Nachtfalter hat sich an die Scheibe geheftet
im Schein der alten Lampe mit dem grünen Schirm.
Ein leiser Wind bewegte die Zweigsilhouetten,
und der Tag gleitet unausweichlich in die Vergangenheit.
Einen Moment noch
blieb er uns gegenwärtig. Der Moment —
wie groß er heute ist!
Er berührt die Zukunft — und reicht vielleicht
noch weiter. Wir werden
es erlebt haben.
Die leuchtende Perle
Alle Sträucher, Hecken, Bäume
waren in geometrische Form gebracht.
7 Stunden Lärm vom Benzinmotor,
stummes Leid der Pflanzen.
»Ach du dickes Schaf«, flüsterte sie,
»Beete aus Kieselsteinen!
Wie furchtbar. Kalt, grau
& hässlich. Und diese Gipsfigur!«
»Ich blicke in das Gehirn des Nachbarn«, sagte ich.
»Ich würde da nicht wohnen wollen«, erwiderte sie.
»Du hättest viel Platz – in seinem Gehirn.«
Ein Lächeln, das neben mir spazierte.
Wäre ich er, würde ich hinter der Gardine stehen
und sehen, wie sie vorübergeht im Sommerkleid.
Dann würde sie gleichsam verschwinden
im Dschungel des Vorgartens.
Kegel, Kugeln, Zylinder –
was mögen die Tiere denken?
»Bei uns gibt’s einen neuen Hügel«, sagte sie.
»Ich weiß«, sagte ich. »Darunter
liegt der Maulwurf in seinem Bettchen
mit dem fluffigen Kissen & der dicken Decke.
Über ihm hängt eine leuchtende Perle,
und in ihrem Licht liest er ein rotes Buch
über ein Maulwurfmädchen.«
»Mo-mi-ta«, silbte sie. »Wo
kommt die Perle her?«
»Von einem kleinen Fisch,
den er vor einem großen gerettet hatte.
Zum Dank schenkte der Kleine ihm eine Muschel,
die außen schwarz und innen so rot war wie das Buch.«
»Jetzt erinnere ich mich wieder.«
Wir gingen nach Hause. Licht der Abendsonne.
Gleichschenklige Bewegung, parallele
Zehen in Sandalen. Nie kann man sich sattsehen.
Doch der Maulwurf trägt keine Brille.
Farbenfrohes flatterte im Garten
und saugte an dem, was Menschen Unkraut nennen.
»Was machst du jetzt?« fragte sie.
»Ich werde mich ins Bettchen legen
und auf das Leuchten warten.
Und du?« »Ich weiß
nicht. Vielleicht noch
etwas spielen.«
Ich bin ein Hochstapler
der Bücher. Ein bunter Turm
auf dem Nachttisch
könnte der Beweis sein.
Schwarzweiß flimmerte ein Film
auf mir. Körnige Bilder
& Werbung für Getreideflocken.
Sooo knusprig!
Ich drückte einen Knopf
und schlug ein Buch
auf. Seite 303 (leicht wellig).
Schiller? Na ja.
Als sie unter die Decke kam,
wurde es glatt & warm.
»Man könnte«, sagte sie,
»nachts in den Garten gehen
und schauen, ob es aus dem Hügel
gemütlich leuchtet. Was meinst du?«
»Ich habe keinen Schimmer.«
»Das lässt sich ändern. Hauptsache,
du bleibst lange bei mir.«
Ich nahm die Brille ab.
Der Schirm der Lampe war
ein weißer Zylinder.
»Natürlich«, sagte ich,
»du kennst doch die Floskel –
Unkraut vergeht nicht.« Unter
dem Plumeau blühte es dunkel.
Menagerie
Oft genug habe ich belegt,
wie besessen ich bin.
Und darauf bestehe ich.
Sie träumte
von einem verlorenen Rock,
der wie ein Fetzen Mondlicht
auf einer saftigen Wiese ruht.
Duft der Dämmerung,
Stille der Grashalme.
Ich habe doch gar keinen
Rock, denkt sie, der weiß
ist, wie konnte ich ihn verlieren?
Da erhebt er sich
& fliegt davon –
ein gigantischer Zitronenfalter.
Ich hörte etwas, das ich
für einen unruhigen Traum hielt.
Es war 1 vor 3 in der Nacht,
ich legte das Buch auf das Sofa,
ging durch den Flur & lauschte
an der Schlafzimmertür.
»Alles in Ordnung?« flüsterte ich.
»Was machst du?« fragte sie.
In meiner Vorstellung stürzte eine Wand ein.
So laut war das Getöse. Gleich nebenan.
Ich ging ins Bad & schaltete das Licht ein.
Ein fremder Kater schaute über den Wannenrand,
groß & massig, getigert, mit weißen Flecken.
Als er mich sah, jammerte er. Dann
geriet er in Panik, als wäre er
ich, gefangen in einer Katze, die gefangen ist
in der Badewanne in einem fremden Haus.
Nichts bietet Halt.
Sie kam aus dem Schlafraum.
Traumverschlafen. »Was ist?«
»Katze«, sagte ich. Zwei Delphine,
ein Frosch & ein Pinguin waren schon
in die Wanne gefallen; jetzt holte er noch
eine Ente vom Fensterbrett. Enge
weiße, glatte Welt. Krallengeprassel
auf Emaille. Erst als ich einen Wäschekorb
ganz langsam hineinstellte,
sprang der Kater aus der Wanne,
als hätte er nie ein Problem gehabt.
Und da er sich erinnerte,
wo er hereingekommen war…..
Eng, violett & kurz
war ihr Unterhemd, sonst
trug sie nichts. »Mist«, sagte sie,
»ich hab vergessen, die Terrassentür
in meinem Zimmer zuzumachen.«
»Schnell weiterschlafen«, sagte ich,
»Du hast im Traum deinen Rock verloren,
und jetzt irrst du
unten ohne über dämmrige Wiesen.«
»Spinner«, sagte sie lächelnd.
»Ja, Spinner gibt’s da wahrscheinlich auch,
obwohl ich nur einen Zitronenfalter gesehen habe,
und der war eigentlich dein Rock.«
»Gute RestNacht«, sagte sie,
und ein kleiner, runder Mond verschwand
im Bett. Das Buch
hatte sich nicht vom Sofa bewegt;
das fand ich
sympathisch. Es war wie ich,
wenn nichts mich stört.
Ihr Rock landete auf einer Lupine,
sie schaukelte, er flatterte. Die Träumerin
denkt: wie warm es noch ist,
eigentlich brauche ich ihn nicht.
Die Luft tut gut. Niemand sonst scheint
dort zu sein. Nur ich, der nicht
zu sehen ist. Und eine zärtliche Brise,
die überall hinkommt & tut,
was sie will.
Ein fröhliches Gedicht
Ich las ein trauriges Gedicht
in einem blauen Buch
voller Frauen, die lächelten.
Ihre Absätze hämmerten in meinem Kopf,
ihre Kleider rauschten wie Laub
& streiften die Möbel,
bis der Staub durch die Helligkeit
der Seiten regnete. Ich musste niesen
& sie alle ausziehen,
um zur Ruhe zu kommen.
Wie still es ist,
wenn nackte Frauen schweigen.
Sanfte Hügel,
lautloser Stoff,
farbenfrohe Entblätterung.
Jetzt ist es gut.
Ganz leise wandeln bloße Füße,
ganz langsam
schließe ich das Buch.
Ja, die Wissenschaft
»Du hättest Arzt werden sollen«, sagte sie, »Du hast
so sanfte Hände.« »Ja, als Kind dacht ich daran, ich
konnte so gut Blut sehen und mochte die
Operationen im Fernsehen. Aber letzten Endes
hätte ich doch nur Mädchenarzt werden wollen.«
Sie lachte. »Nicht
Tierarzt?« »Auch das. Aber nur
für Kleintiere. Wer will schon seinen Arm
im Arschloch einer Kuh versenken.
Lieber ein Kätzchen heilen,
oder einem Häschen die Löffel putzen.«
»Perverses Schwein!« Kichern.
Das Erklingen eines Klapses. Nach
Schwingen des Mondes.
Abendrot der Oberfläche.
Ȇberhaupt: die Wissenschaft!
Wie ein Kind sie sich vorstellt.
Astronomie! Da hätte ich
landen wollen mit meiner Rakete.« »Wo?«
»Na da.« »Oh – ha ha, das kitzelt.«
»Oder das Klima erforschen,
heiß & feucht in südlichen Regionen.
Und am Nordpol in einem Lächeln versinken.
Piepmätze beobachten, und
den Schlangen beim Züngeln zusehen.
Und dann erst die Meeresforschung! Wo
Lachmöwen kreischen, und
die Muräne schweigt.« »Na,
jetzt geht’s aber durch mit dir.«
»Das Gefühl habe ich auch.
Recht oft sogar. Mein Vater
war Zoologe. Das erklärt so Manches.
Eines Tages schenkte er mir ein Stethoskop.
Vermutlich kann ich deshalb so gut
zuhören.« »Apropos:
reich mir mal die Decke, du
Polarforscher – nicht dass
ich mich verkühle.« Da lag sie.
Am Boden. Ich dachte noch
kurz an die Lehre von den Vulkanen,
an Couchkunde & Mathematik
(10 + 4 + 19 + 5 + 7 + 15) x 1
Dann war die Sprechstunde vorüber.
Der Somnologe misst die Zeit
in Schweigeminuten.
Unter meiner Zeitlupe
Auf dem Motorroller
werden Schnecken zu Bienen,
heiß wird flott, es knattert,
es kracht, es spuckt & röhrt,
es raucht aus dem Auspuff,
oben ein Helm, unten ein Höschen
geöffnete Schenkel, nackt & glatt,
jedes Haar, das dort flimmern könnte,
ist wegrasiert. Alles vibriert.
Es ist so viel mehr
als Sex. So viel mehr
als Erotik. Es trifft mich
so tief im Kern
des Wesens, das nicht nur mein
eigenes ist. Berührt Bereiche,
die das Körperliche niemals
erreicht. Wehmut
& weltumspannende Freude.
Eine erträumte Jugend, die
niemand jemals haben kann.
Vergänglichkeit im schönsten Augenblick
des noch nicht Vergangenen.
Eine reine Idee. Von allem befreit.
Ja, es mag aussehen,
als stände da ein schmutziger alter Mann
an der Straße. Gleich wird ihm sicherlich
der Geifer aus dem Maul laufen, er wird sich
unsittlich berühren und sich vorstellen,
etwas Altes in etwas Junges zu stecken,
um sich aufzuladen.
Nein. Vielleicht stehe ich
noch einen kurzen, nachzitternden Moment
dort. Denke an die Vergeblichkeit
des Versuchs, Bilder in all ihren
Breiten, Tiefen. Längen &
unsichtbaren Dimensionen zu bewahren.
Spüre, dass ich schon nicht mehr
so viel spüre wie in jenem Augenblick,
der eben erst vorüberrauschte.
Vielleicht ein dummes Lächeln im Gesicht.
Ein Lächeln, von dem man nicht wissen kann,
wie dumm oder traurig es ist, und doch
auch glücklich.
Die knappen Shorts
waren von einem Gelb gewesen,
wie es Kinder verwenden,
um die Sonne zu malen.
Unter meiner Zeitlupe
ist das Vergehen immer noch Vergehen,
außerhalb alles längst vergangen.
Lasst mich stehen. In der Ferne
ist noch leise zu hören, was ich gesehen habe.
In der Stille brennt noch ein Bild.
Es duftet. Ich will
versuchen, den Rauch festzuhalten.
Irgendwas mit Bällen & Kaffee
Der Fremde nahm einen der beiden Snookerbälle
von unserem Wohnzimmertisch. Furchtbar,
wenn die Symbolik so simpel passt.
Er redete irgendwelchen Unfug
jenseits des Tisches
und schaute abwechselnd
auf die Reflexe der polierten Kugel (pink)
und unter den Schulmädchenrock
meiner Freundin, die neben mir
auf dem Sofa saß. Ein bulliger
älterer Kerl. »Bist du aber klein
& schlank«, sagte er, »ich
erdrück dich ja.« Sie
lächelte. Unter dem Rock
trug sie nichts
als Abenteuer. Sonderlich
sympathisch war er uns beiden nicht,
aber letztlich war das egal.
Am Ende des Lebens
will man sich nicht vorwerfen
müssen, etwas nicht ausprobiert zu haben,
was einem in der Phantasie
des Ausprobierens wert schien.
Ich ging in die Küche,
um Kaffee zu kochen. Als das Wasser
sprudelte (es tut mir leid wegen der Symbolik,
aber ich kann die Wahrheit nicht ändern),
hörte ich ihn im Wohnzimmer
mit dunkler Stimme befehlen:
»Schön tief in deinen Mund. Los!«
Da ließ ich den Kaffee stehen.
Eigentlich war es ja ohnehin schon zu spät,
um Kaffee zu trinken.
6 Stunden, 5 Nächte, 5 Jahre
Sechs Stunden im Zug.
Ich fuhr nach München.
Ihr Freund war zur Kur, das Hotelzimmer
reserviert. 5 Nächte. Billig.
Tags gingen wir spazieren; sie
zeigte mir die Stadt, die sie verabscheute.
Abends schauten wir fern in ihrer (seiner) Wohnung.
Nachts im Hotel wurde gefickt.
Ich bezahlte sie. (Nie davor & nie danach
habe ich bezahlt, und für keine andere
hätte ich es getan.) Es ging um
ihr Gewissen; da ich sie bezahlte,
fiel es ihr leichter, ihren Freund
zu hintergehen. Menschliche Seele,
man kennt das: dieses Ding da, aus
dem man kaum schlau wird. Küssen
durfte ich sie nicht. Das war das Schlimmste.
Aber auch die Bezahlung war grausam
für mich. Am letzten Tag
hatte sie einen Termin. Jemand anderes
hatte ihr online Geld für Sex geboten; sie
langweilte sich, also wollte sie
etwas erleben. Ein bisschen Schwung
ins Leben bringen. Ich ging
in ein Museum, und sie zu dem Café,
wo sie alles besprechen wollten.
Eine Stunde später waren wir
wieder zusammen. »Und?«
fragte ich. – »Wird schon gehen«,
sagte sie. »Er hat mir gleich die Hand
aufs Bein gelegt. Das hasse ich. Außerdem
hat er eine hohe Stimme. Wie ein Mädchen.
Schrecklich. Zu jung isser auch,
nächste Woche treffen wir uns.«
Dieses Ding da, aus dem man kaum
schlau wird. Ich habe es auch.
Ein Schmerz im Herz, ein Puckern
im Schwanz. Ich weiß es doch auch nicht.
Es war alles so seltsam. Am nächsten Tag
saß ich wieder im Zug. Zum Abschied
durfte ich sie nicht einmal
auf die Wange küssen. Am Telefon
erzählte sie mir später alles
ganz genau. Die Therme, das Stundenhotel,
der Whirlpool… Und wieder:
Schmerz & Puckern.
Mehr als 5 Jahre
leben wir jetzt zusammen.
Kein Ende abzusehen.
Mehr Glück ist
dem Menschen nicht zugänglich.
Hüter des Schlafes
Unser Butler klappert mit dem Meißner Geschirr
etwas zu laut; wir werden ihn entlassen müssen.
Der Gärtner raucht wie eine alte Fabrik,
während er die Ränder des Rasens mit
der Nagelschere in Fasson bringt; dann
bekommt er einen Hustenanfall, als
läge er in einem Sterbezimmer in Davos.
Die Dielen knetern; Olga, die osteuropäische
Kammerzofe wienert & wichst das Parkett
des Westflügels. Im halben Schloß hallt es wider.
Und die Geliebte schlief
hoffentlich noch immer.
Es war mitten in der Nacht.
Ich machte mir etwas zu essen.
Klirr! Scheiss Teller!
Im Wohnzimmer trank ich Tee.
Ich verschluckte mich.
Presste mir eine Decke vors Maul,
um die Schlafende nicht zu wecken.
Ja, wir Nachtmenschen haben’s auch nicht leicht.
Auf dem Weg zum Bücherregal
knarzte das Laminat.
Und morgens dann:
»Hast du gut geschlafen?«
»Ja. Ich hab von dir geträumt.
Aber ich weiß nicht mehr, was.«
»Oh, ich weiß schon«, sagte ich.
»Ich lag in einer Lungenklinik.
Nichts Schlimmes, nur ein bisschen Husten.
Da kamst du herein, als Krankenschwester –
in deinem Outfit.« [… das so eng ist, und so kurz, dass
der Po herauslinst wie der Mond aus einer knappen Wolke;
ich hatte es ihr… äh… uns
zu Weihnachten geschenkt.] »Du kamst
mit dem Tablett, und ein Löffel fiel herunter;
da musstest du dich bücken……«
»Orr, hör auf!« lachte sie.
»Hände an die Backen. ›Oh, Herr Leckmich,
Sie schlimmer Mensch, Sie
haben ja schon wieder einen Ständer! Ja,
was machen wir denn da?‹«
»Also, ich glaub, ich hab was anderes geträumt.«
»Ja, ich weiß. Schade eigentlich. Aber Hauptsache,
ich habe dich nicht geweckt.«
»Nein, hast du nicht.«
»Gut.«
»Oh -«
Gerissen
Zack! Da lag der BH im Müll.
Weiß, mit feinen roten Linien.
Zwischen Küchenpapier &
zerbrochenem Porzellan.
Nur weil ein Träger gerissen war.
Als wäre es schlimm, gerissen zu sein.
Ich überlegte,
ihn herauszuangeln.
Und aufzuhängen.
Ihn an die Wand zu nageln,
weil er so schön war.
Und weil er stets
gehalten hatte,
was schön ist.
Ich überlege noch
immer.
Der lächelnde Elefant
Leben
Im Stoßzahn eines Elefanten
Scheinbar lächelnd
Mein gekrümmter Elfenbeinturm
Auf der Flucht
Vor Wilderern vor Jägern vor
Menschen im All
Gemeinen
Dünnhäutig – mein graues Ich
Gerunzelt
Wer schmunzelt?
All
Es nur Schein
Leben im Stoß
Steiler Zahn
Wildes Jagen von Häuten
Alles Leben ist
Widerspruch
Ausstellung
An manchen Tagen
Rinnt das Sonnenlicht in
Sämtliche Ritzen, und die Möwen lärmen im
Chor, während der Sand
Heiß in Zwischenräume dringt
Zehen graben sich ein
Es rauscht in den Ohren, rauscht
In brunstprallen Schwellkörpern
Geblendet sind die Augenblicke, und die
Einsamkeit steigert die Triebe in Todesnähe
Ruhelos zählt man die Tropfen auf fremder Haut
Immer wieder, immer wieder
Nur selten geht die Rechnung auf, und
Nachts leuchten die Monde in der Erinnerung
Es scheint kein Ende zu nehmen
Nie nie niemals
Falls Sie sich wundern
Nein, nicht nur junge Frauen
gehen an meinen Fenstern vorüber.
Aber was da sonst so läuft
ist der schriftlichen Rede weniger wehrt.
Da kriegt man keine Lust
die Feder zu ergreifen
& in Diminutiven zu schwelgen
wie in einer Schublade voll duftender Höschen.
Da fährt der Bauer auf dem Trecker,
dass es stinkt & kracht,
tumbe Visagen
spotten jeglicher Beschreibung,
der Nachbar sägt
in seinem Spießergarten,
und die Mutter schiebt ihr drittes Kind
auf quietschenden Rädern vor sich her.
Nee nee, ich schau auch gar nicht
oft ausm Fenster, aber wenn –
dann lasst mich bitte
(einen Augenblick lang) glücklich sein.
Ein kurzes Röckchen
in goldenem Licht,
mit Grazie getragen,
mehr brauch ich nicht.
Sklaven
Man bedient das Smartphone.
Wie ein Sklave.
Als wäre es smarter als man selbst.
Was man im Griff hat – buchstäblich -,
hat einen im Griff – figürlich.
Ich war mal wieder beim Abwasch
(bekanntlich spüle ich gerne Geschirr).
Und wieder ging eine junge Frau am Fenster vorüber
(das macht diese Tätigkeit beinahe regelmäßig
noch attraktiver). Ihr Blick:
ins Display gesaugt (ein Brontosaurus auf einem Elektroroller
hätte an ihr vorbeifahren können, sie
würde ihn wohl kaum bemerkt haben).
Plötzlich hielt sie
inne. Stoppte, stand, starrte.
Halt, Sklavin! Beachte mich!
[War sie auf meine Seite gestoßen, las sie
meine Texte? Nagelte mein Esprit
sie aufs Trottoir? hahaha!]
Es hat doch Vieles sein Gutes –
mir blieb Zeit, zu betrachten.
Die schlanke Silhouette, die enge enge Hose (keine kurze
diesmal), der brünette Pferdeschwanz, in sanft nachschwingender
Bewegung…… (Eine Vogelspinne
hätte auf dem Teller in der Spüle tanzen können,
ich würde sie wohl kaum bemerkt haben.)
Was ich sah, gefiel mir
buchstäblich figürlich.
Halt, Sklave! Beachte mich!
Als wären ihr halbierte Globen ins Beinkleid gerutscht.
Hemisphären, Welten, Halbwelten.
Wenn man sie doch begreifen könnte!
Die Triebe.
Ja, die Triebe.
Gefesselte Aufmerksamkeit.
Ablenkung vom Wesentlichen –
Wo war ich stehengeblieben?
Ach ja, sie ging weiter.
Da war wohl was zu Ende gegangen.
Und man kann sich auch gar nicht mehr so lange
konzentrieren heutzutage.
Schau an! Da
war noch ein Fettspritzer
auf dem Pfannenwender, den
hatte ich übersehen.
Hauptwerk
Mein Hauptwerk, mein Roman, mein Opus Magnum
findet sich auf einschlägigen Sexseiten des Internets.
Mehr & mehr ausufernd……
Immer mehr handelnde Personen kommen
hinzu. Ich erfinde sie. Gebe ihnen
Lebensläufe. Berufe. Profile. Gedanken. Verbinde sie
miteinander. Ihre Wege kreuzen sich,
sie stehen in Beziehung zueinander.
Zehntausende folgen mir, folgen
meinen Schöpfungen, glauben
an ihre Existenz, halten alles
für real. Man liest
meinen bebilderten Roman aus Geschichten
mit dem Schwanz in der Hand,
dem Finger am Kitzler, man fragt nach,
will wissen: wie war das, wie
geht das weiter?
Seltsames Werk! Mein Schmuddel-Ulysses.
Ich bin viele Menschen.
Und selbst ich glaube an sie. Manchmal.
So tief verschwinde ich in meinen Phantasien,
dass ich Frau bin, Mann bin, Fremder bin,
mich selbst als einen Anderen sehe…..
Und am überzeugendsten bin ich, wenn ich
nicht ich bin.
(Was wird X dazu sagen? Ach, X bin ich ja selber,
fast hätte ich’s vergessen!)
Mich vergessen. Mich erschaffen. Andere erschaffen.
Multiple Persönlichkeit – en.
Mein Hauptwerk ist nicht zu fassen,
nicht zu greifen. Es ist virtuell. Ist es
virtuell? Niemals
kann es gebunden erscheinen.
Wie die Wirklichkeit selbst.
Fremde Vögel
Sonne wirft ihren Schein auf den Rasen
Ein fremder Garten mit fremden Vögeln
Ich sitze auf einer Bank
Ruhe
Ein Unbekannter spricht
In unhörbarer Ferne
Mit meiner Geliebten
Wie freundlich sie lächelt
Während Wasser auf sie fällt
Es kommt nicht viel aus dieser Brause
Die über ihr hängt
Verbunden mit einem Schlauch
Der zittert
Der Mann trägt Freizeitkleidung
Sie ist nackt
Geliebte Kontraste
Wie freundlich sie lächelt
Während sein Blick auf sie fällt
Sie ist nass
Er steht
Außerhalb des Niederschlags
Tastende Augen
Glitzernde Sonne zwitschernde Zweige
Selbstzufriedene Ruhe
Der Mann der eifersüchtig sein konnte –
War das wirklich ich
Gewesen
Älter werden
: die langsame Lösung
Von der Welt
Fremden Vögeln lauschen
Sie nicht verstehen
Trotzdem lieben
Da sind noch mehr
Menschen in diesem Garten
Manche suchen den Schatten
Wie ich
Sie stellt das Wasser ab
Sie reflektiert – ich denke
Das Kleingeld der Sonne
Beperlter Popo
Perlen vor die Säue
Aha schau an soso
Der Unbekannte
Könnte ihr ein Handtuch reichen
Aber da ist keins
Vielleicht hätte sie’s genommen
Doch jetzt kommt sie
Quer durch den Garten
Durch Licht durch Blicke
Auf mich zu
Tropfend & lächelnd
Nackt jung & langsam
Angekommen beugt sie sich
auf Kusshöhe
(was alle hinter ihr
freuen muss)
»Wie war das Wasser?« frage ich
Sie sagt »Ich hasse Smalltalk«
Das verstehe ich
Und liebe
Schmutz
»Wir müssten«,
sagte sie, »mal wieder
die Fenster putzen.«
Ich sagte:
»Wer rauskucken will, muss putzen.
Ich will nicht rauskucken.«
Das stimmt
nicht ganz.
Wenn eine junge Frau
mit nackten Schenkeln vorbei
geht, will ich.
Aber dann steht mir
der Schmutz
eigentlich ganz gut.
Und ich sehe
genug.
Also – ich bin raus.
Mag putzen wer will.
Ich will
nicht.
Vielleicht will sie
ja.
30161
Sesam!
Im Kühlschrank
Schwitters‘ Saure Sahne
Ach ja, da fällt mir
ein: Hannover
Auch ich war noch nie
in New York (Großstadt ist Großstadt)
aber in Hannover kennen wir einen Swingerclub
& ein Katzencafé (inzwischen pleite)
Da gingen wir immer die Miezen streicheln
Und anschließend spritzte ein Inder
meiner Freundin aufs Bein
(aber nur, weil ich gesagt hatte »Nicht
ins Gesicht« – was schade war, ich hätte es
schön gefunden,
doch man muss ja auch mal an Andere denken)
Es klingelten die Gürtel
Schnallen, Schwanzgewedel, und Hände
waren überall. Das Begehren der Fremden –
man kennt das. Strangers in the night
Feurige Mannschaft, versammeltes Getier
Blicke. Das karierte Röckchen
stand ihr aber auch wirklich
allerliebst. Klein & schön. Mädchenzartes Geschenkel
Das will man doch begreifen; das finde ich
begreiflich. Slipless Night –
für alle Damen ohne: 1 Freigetränk
nach Wahl! Und plötzlich
bekommt das Wort Klapsmühle eine ganz neue
Bedeutung. Weichschwingender
Applaus. Wuchernde Beulen. Irgendjemand
küsste & bezüngelte ihr die Zehen
auf dem Gynäkologenstuhl
(erzählte sie mir später; ihre Füße
waren ja hinter mir gewesen)
Rückwärts von nah
Ein alter Mann stöhnte auf
als sie ihren Finger ableckte
der irgendwo dringesteckt hatte
Das weiche Fell
der Maine-Coon-Katzen
getigert & getüpfelt
Schnurren & Latte
Macchiato. Junge Frauen
mit Milchschaum auf den Lippen. Süß
Irgendetwas erinnerte mich
an Mühlenflügel – – –
Es wurde weiß gelächelt & geleckt
kicher kicher
Manche streckten ein Bein aufwärts
und reinigten sich den Schritt mit der Zunge
(Gras fressen nicht vergessen!) Auf dem Wege
vom Katzencafé zum Swingerclub
kam man an einem Antiquariat vorbei
klein, vollgestopft & schön
Büchertürme im Schaufenster
Alte Folianten, Leinen & Leder
Ein hübscher Rücken neben dem andern
entzückend, berückend, beglückend
Die Reise ins Blaue hinein
Es war winterlich kühl
Viele Bücher trugen ihre Schutzumschläge
allerliebst. Ich
hätte zugreifen mögen
aber immer war’s
geschlossen
Wir wissen es nicht
Die Frau des Dichters sprach
(das haben die so an sich):
»Wie schön – im neuesten Gedicht
sieht man nicht
meinen nackten Po. Endlich
bin ich mal bekleidet.«
Da sprach der Dichter: »Oh!
Ich wusste doch
es fehlt etwas.
Nie ist ein Text perfekt.«
Sie trug eine Hose
während dieses Gespräches.
Das sollte nicht
unerwähnt bleiben
Der Dichter aber
änderte dies.
Wir wissen nicht
wo & wann
Der Zauberspruch
Der den Zauberspruch erfand
hat er dich gekannt, über die Zeiten
hinweg? Die Hose mit dem Gummizug
Hat er sie verhext? Wenn ja
danke ich ihm. Der Zug reißt
Das Beinkleid fällt
Stoff zum Träumen ohne Stoff
So nah! So dicht! Und durch Zufall oder Zauber
mundgerecht auf Augenhöhe
Wie lautet sie doch gleich
die Zauberformel? Ach
ja: Hokus
Und dann
Rockgedicht
Beinahe hätte ich
ein langes Gedicht geschrieben
Aber nein. Mit Gedichten
verhält es sich wie mit Röcken
Die kürzesten
sind oft die schönsten
& was sich dahinter verbirgt
ist das Eigentliche.
Sieh, da liegt etwas
auf dem Grund…..
Heb es auf!
Am Küchenfenster
Ein Gedicht ging
am Küchenfenster vor
über. Lange dunkle Haarwellen,
Hotpants, schwarz & aus
gefranst. Weißes
Top, schulter
frei & eng. Perfekte Beine.
Straffe Leine.
Hund. Ich
hörte auf
zu spülen. Nasse Hände,
laufender Hahn. Das Gedicht
schritt
voran. Eine Uhr
mit gleichlangen Zeigern. Wie spät
mochte es
wohl sein? Ich
folgte mit Blicken.
Ein junges Brötchen
Ein wedelnder Schwanz.
Schmutziges Geschirr.
Und auch das Fenster war ziemlich
dreckig. Zweipersonenhaus
halt.
Ein altes Schwein
das gerne spült.
Sie sah mich nicht
Sie kannte mich nicht
Sie sagte nichts
Sie wollte nichts.
Das war schön.
Ein Gedicht
halt.
Bewohnte Muschel
Meer muss man
nicht sagen um sich
seiner Existenz zu versichern
da man am Strand liegt
& es in den Ohren rauscht wie
in einer verlassenen
Muschel die Geliebte
neben sich bäuchlings
& nackt auf einem Tuch
ein sandbestäubter Po im Blick
Feld mit Tropfen in denen
die Sonne scheint
Schweigen
gesalzener Wind auf Schleim
häuten die Wellen
vernichten die letzten Spuren
der Vorübergegangenen
die einen Blick riskierten
weil sie nichts zu verlieren hatten
Sandbestäubt, Tropfen
in denen die Sonne scheint
Berauschtes Schweigen
Nur in bewohnten Muscheln ist es
still
Möwen ahnen
nicht dass sie in Büchern stehen
in Wirklichkeit fliegen sie
Wirklich wie wir
Rotbäckchen & der Wolf
»Nicht«, sagte sie,
»dass du wieder’n Gichtanfall bekommst.«
Der Steppenwolf blitzte durch
meine Erinnerung, Harry Hallers Pulver.
»Nein«. sagte ich, »nicht
in der Hand.« Po
dagra war’s; ja, wenn man auf Schmerz stünde……
Ihr kleiner, fester Arsch war rot
wies Käppchen im Märchen,
und ein wenig brannte mir die Hand
nun doch. »Fest
er!« hatte sie gesagt. Ihr Befehl
war mir Wunsch gewesen.
Sie hielt sich die Ohren zu,
weil unsere Häute so lärmten.
Heute fragt man mich nicht mehr:
»Heißen Sie wirklich Wolf? Nur Wolf?
Oder doch Wolfgang?« Die ewigen Fragen
meiner Jugend. Und die ebenso ewigen Antworten:
»Ja – nee – den Gang können Sie sich sparen.«
Ich sitze ja auch am liebsten aufm Sofa; das
schont die Gelenke. Ob sich meine
Großeltern träumen ließen, was später einmal
auf ihrer geblümten Couch…… Die Tapeten
verliehen den Schlägen ein farbiges Echo;
kaum wahrnehmbar, aber vorhanden.
Großmutter, warum hast du so große
Organe? Ha. Ha. Schade,
dass ich keinen Kuchen mehr essen darf;
den Wein habe ich freiwillig aufgegeben
(frei willig? – je nun, dies ist nicht der Augenblick
für Philosophie, noch Religion). Applaus!
aufs Gebäck. Auch ein Wolf
will mal ins Bett – & sich’s gemütlich machen;
da muss die alte Frau halt
weichen. Bevor das Mädel an die Türe klopft.
»Woran denkst du?« fragte sie (da wir
schon bei den ewigen Fragen waren).
»Ich denke nie«, sagte ich, »auch das
hat mir der Arzt verboten.« Welche
Tonhöhe hat wohl so’n Po
klatscher? Kann man
das notieren? – Aber auch
das Absolute Gehör soll ja ein Märchen sein.
Märchen all
enthalben. Aus dem Reich der Erfindungen.
Harry tanzt….. Wer’s glaubt.
Ich humple. Zu
weilen. In grauer
Vorzeit war ich Schlagzeuger gewesen;
daher wahrscheinlich mein Hang
zu perkussiver Erotik. Und
die Einsamkeit des Wolfes
zog ihn zu den Geißlein.
Liebe auf An
hieb. Mozart
lachte
laut
los.
Klingt wie erfunden
Über mir bewegte sich
ein dicker, haariger Arsch.
Neben mir stand
ein Penis in Wartestellung.
Am Fußende bückte sich
ein alter Transvestit
& streichelte mir die Eier
während meine Geliebte auf mir ritt.
In ihrem Mund zuckte
der nicht ganz so dicke Schwanz, der
zu dem dicken Arsch gehörte.
Speichel troff auf meinen Oberkörper.
Zuschauer schauten zu. Hinter uns
stöhnte eine Frau,
die auf einem anderen Bett gefickt wurde;
ich konnte sie nicht sehen,
aber es klatschte
unmissverständlich……
Es klingt
wie erfunden.
Zuviel Sexus, zuviel Erections,
Ejaculations, Exhibitions, And General Tales
of Ordinary Madness. Mit einem Hauch
Les Particules élémentaires.
Erinnerung ist Literatur.
Von der man nicht weiß,
wer sie verfasst hat.
War
das ich?
War das wirklich
mein Erlebnis?
Schmutz, Schund & Hohe Kunst,
ein bisschen Philosophie und
hin & wieder ein Bestseller.
Hauptsache,
die Unterlagen sind abwaschbar.
Ich schaute nach oben.
Der Mond ist aufgegangen … O
heiliges Decamerone & Satyricon!
Wenigstens trägt er ein Kondom …
hoffentlich mit Kirschgeschmack …
sie mag doch Kirschen …
Was für ein Arsch!
Irgendwann saß man wieder
an der Bar. Vor dem
bunten Cocktailglas –
& sollte smalltalken. Alkohol
frei war der Cocktail; schließlich
war man trocken. Seit Jahren. Weggesperrt
die Sucht. Eine Frau
schob ihr
Kleid aus Kunst
Leder hoch & zeigte uns ihren Intimschmuck;
sie zog daran, bis mir die Schamlippen wehtaten,
die ich nicht mal habe. Ihr Mann (ich
denke, das war er) starrte
auf die Beine meiner Freundin. Kein Rock
war kürzer als ihrer. Sie sog
am Strohhalm. Rechts von mir
wollte einer ein Gespräch anknüpfen.
Ich wendete mich ab.
»Das war ganz schön
unhöflich«, sagte sie später.
»Ich war doch nicht zum Reden dort«,
sagte ich. 120 Tage später.
Es können auch Minuten gewesen
sein. In der Umkleide
kleidete der Transvestit sich um.
Sein Gesicht erinnerte mich
an einen Altrocker aus der DDR.
Der Rock rutschte zu Boden,
keiner war kürzer als ihrer,
sie zog die
Alltagshose an.
Einer von den Puhdys hat mir das Skrotum gekrault,
dachte ich.
Erfahrung, die klingt
wie Erfindung, findet man
interessant
& zweifelhaft. Zu schön
um wahr zu sein.
Zu wahr
um schön zu sein?
Ist so
das Leben?
Die Wirklichkeit
ist meistens zu schnell
& das Leben noch schneller
vorbei
Als wir gingen
sagte die Geliebte »Tschüss«
zu dem geschminkten Herrn
mit den zärtlichen Fingern. Ich sagte
nichts. Wirklich, es ist
wahr: sie ist einfach
höflicher als ich.
Netter sowieso.
Dank
Man war höflich
zueinander & wusste
sich gegenseitig zu schätzen.
»Danke fürs Saugen«, sagte sie
zu ihm. Er stellte das Gerät
zurück ins Kabuff.
Nahezu staubfrei war das
Schlafzimmer. Sie gingen zu Bett.
Später sagte er zu ihr: »Danke
fürs Saugen.« Das Gerät wurde
verstaut. Dann lachten sie beide
& schlummerten ein.
Kurzes Gedicht, Baltasar Gracián betreffend
lo bueno, si breve, dos vezes bueno
(Das Gute, wenn kurz, ist doppelt gut.)
Da sitzt man
auf dem Marktplatz
in der Sonne
Eine junge Frau
geht vorbei
Man
betrachtet ihr Kleid
leicht & schön
Das Leben
ist gut
in diesem Augenblick
Und innerlich
nickt man
Lächeln
Er wurde immer etwas
traurig, wenn
sie eine lange
Hose anzog; aber
als ihm dies bewusst wurde
musste er
lächeln.
Gelächter im Licht
Eine frühlingsbunte Wiese
Verkehrslärm fernab
Flatterflügel & Gesumm
Mir fiel ein: Hätte Rubens eine Biene gemalt
wäre sie eine Hummel
Pollen schneiten durch den Sonnenglast
Alles wucherte & roch
nach sich
selbst Die Geliebte
im heißen Höschen
neben mir Die Luft
fieberte & schwitzte
als wäre es Hoch
sommer Vögel stellten sich vor
aber wir verstanden sie
nicht Mag
sein dass Menschen da waren
aber ich
sah sie
nicht Selbst
der Horizont war horizontal
sonst nichts
Es
war die Zeit der rechtwinkligen Phantasien
Alles schien
jung Sogar
mein Inneres Eine Hose
so kurz wie das Leben
so knapp wie ein Sieg
»Übrigens« sagte die Frau (wie ich
ihre Stimme liebe) »Sex
sucht ist heilbar«
»Ich weiß« sagte ich Ich
schaute hinab
auf ihre Sandalen
(Riemen & Zehen
in Bewegung) »Ich
weiß« wieder
holte ich »aber
wer will das schon« Lachen
Gelächter
Gelächter
im Licht
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.