Monatsarchiv: September 2012

Bleib doch – weg !

Soll sie doch fort bleiben,
die Sonne!
Egal, ob Tag oder Nacht.
Mir reicht der kalte,
bleiche Beweis, den
der Mond erbringt
für ihre Existenz.
Und wenn selbst der
fehlt –
scheint eben
wie üblich
die Finsternis
in das einzige Fenster
meines Hauses, das
nicht
verhangen ist.
Ich scheiße auf
die Wärme & das Licht,
auf Alles,
was mich verbrennt!
Nein,
ich sehne mich nicht
ich sehne mich nicht
ich sehne mich nicht
nach
der Sonne!


Der kleine schüchterne Junge

Eigentlich
ist er mir ganz sympathisch –
der kleine schüchterne Junge, der
damals
da
mals
stumm & rot
von den Großmäulern
die später zu
funktionierenden Erwachsenen
werden sollten
vor die Schulbank des
kleinen braunhaarigen Mädchens
geführt wurde.
Geführt,
um ihn
vorzuführen.
Seine Liebe
vor
zu
führen.
Sie lachten & waren
laut.
Laut sind sie immer.
»Er liebt Dich!
ER LIEBT DICH!
HA HA HA!«
Der kleine schüchterne Junge
stumm & rot.
Das braunhaarige Mädchen
wusste nicht, was es sagen sollte;
es sagte
nichts –
lächelte unsicher.
Da war zu viel
Laut-
stärke
um sie herum –
Laut
stärke, die
im Grunde
Schwäche
war.
So wie es eine Schwäche ist,
Alles
aussprechen zu wollen.
Eigentlich
ist er mir ganz sympathisch –
der kleine schüchterne Junge, der
nicht
sprach.

Und manchmal denke ich, dass
ich
das kleine braunhaarige Mädchen
noch heute
liebe …..

Oder
uns,
so wie wir waren –
damals.


Die Kippe

Zwischen Deinem Zeigefinger &
Deinem Mittelfinger
ruht
& glüht
& raucht
die Kippe.
Ich
wäre gerne
die Kippe
auf der alles
steht.
Die Kippe
zwischen Deinem Zeigefinger &
Deinem Mittelfinger –
ruhend
glühend
rauchend.
Ich
wäre gerne
die Kippe
auf die Du
stehst.
Ich
bin
die Kippe
in Deinem
Aschenbecher.
Ruhend.
Glühend.
Rauchend.
Und
irgendwann – –
verlöschend.
Ich bin
die Kippe
die
immer kürzer wird –
kürzer
zwischen
Deinen Lippen.
Zwischen
Deinem Zeigefinger &
Deinem Mittelfinger.
Ich bin.
Bin
die Asche –
die Asche
Deiner
Atemzüge.
Ich bin
Deine
Kippe.
Ich bin.
Bin.
Bin.
Asche.


Der Weg

Sie ging
durch den Gehörgang
irrte & wandt sich
durch Gehirnwindungen
bahnte sich
schwimmend & tauchend
ihren Weg
durch die Blutbahn
lungerte kurz
in der Lunge herum
atmete
atmete
atmete
meinen Sauerstoff –
betrat
die Herzkammer
richtete
sich ein
wo so lange nichts
auszurichten gewesen war
machte es
sich
bequem
wo es so lange
unbequem gewesen war –
pochte & klopfte
im Rhythmus — — —
fand Ruhe
in der Unruhe &
wollte
nicht
wieder
gehen.


Im Traum eines Fremden

Ein Raum, ein Bett. Eine Laterne
mit verschiedenfarbigen Glasfenstern, die
bunte Flecken auf die beiden Gesichter malte.
»Ich bin mir sicher, dass wir uns schon mal
begegnet sind«, sagte die Frau. »Ich komm
nur nicht drauf, wo.«
Der Mann sagte: »Ich habe auch das Gefühl.«
»Nein«, sagte sie, »kein Gefühl. Gewissheit.«
»Hmm, vielleicht. Aber es muss lange her sein.«
»Ja«, sagte die Frau, »lange.«
Dann schwiegen sie.
Grübelten im bunten Licht.
Vergebens.
Sie waren Fremde.
Ich kannte sie nicht.
Aber nur ich wusste, wo
sie zuerst einander begegnet waren. –
Sie hatten sich getroffen
in einem meiner wirren Träume.
Vor nicht gar so langer Zeit.
Sie hatten den Traum vergessen.
Ich nicht.


Der letzte Termin

Und dann war es zu spät – einmal mehr.
Einmal mehr hatte ein Mensch von zweien
nicht wahrhaben wollen, dass
Gemeinsame Zeit
noch rarer
ist,
noch kostbarer
sein kann
als die eigene Lebenszeit, als die
Zeit der Einsamkeit.
….. Termine Termine Termine …..
Bösartige Krankheiten, die
alles Leben, alle Zeiten
unbarmherzig verschlangen.
Die wenigsten unabdingbar.
Der Tod, den man selber
herbeiruft …..
& die Einsicht kam – einmal mehr –
nicht vor der Reue …..
Zu spät. Wie so oft.
Und dann gab es keine Gemeinsame Zeit mehr, die
man sich hätte nehmen können …..
Die Wahl, die man einmal gehabt hatte,
war dahin.
Was blieb, war eine weitere
Zeit der Einsamkeit &
ein letzter gemeinsamer Termin
auf dem Friedhof.


Keine Pointe

»Ich liebe Dich, Du Arsch!«
»Ich liebe Dich auch, Du blöde Fotze!«

Wir lachten.
Mein linkes Ohr war heiß, denn
ich mochte das Telefon nicht an mein rechtes halten.
Eine alte Gewohnheit.
Ich hörte sie schlucken.
Bier.
Sie hörte mich schlucken.
Gin.
Die Endlosschleife unserer Musik
fesselte uns
aneinander.
Gemeinsames Betrunken
Sein.
Ein Schnurren in der Leitung –
der kleine blinde Kater mit dem großen Wasserkopf.
Zu Hause bei ihr.
Der andere Kater,
der mit der hitlerbärtigen Zeichnung über dem Mund
(oder war er doch Charlie Chaplin ähnlicher?),
spielte mit Nüssen, die
laut über den Holzfußboden klackerten.
Zu Hause bei ihr.
Ich erinnerte mich an die Kratzer
an ihren Schenkeln.
Bei mir zu Hause spielten die Spinnen
lautlos
in ihren Netzen
mit Fliegen, die
nie wieder
fliegen würden. Aber
versponnen waren.
Sie kratzten mich nicht.
Diese Frau & ich –
wir waren so weit entfernt von einander, dass
wir uns so nahe gingen
wie nur möglich.
Eigentlich
passten wir nicht zueinander, und das
passte perfekt.
Der kleine blinde Kater furzte.
Ich konnte es nicht hören, aber
als sie es erwähnte, konnte ich es riechen.
Gefühle flogen hin & her
in einem unsichtbaren Netz.
Wir lachten.
Irgendwann weinten wir
zur Musik.
Gemeinsames Betrunken
Sein von Gemeinsamkeit.
Mein rechtes Ohr blieb kühl.
Nichts sonst.
Manchmal schreibe ich
von der Gegenwart
in der Vergangenheit.
Ich bin ein Arsch.
Ich liebe Dich, Du blöde Fotze!
Eine Endlosschleife.
Keine Pointe.


Die Tarnkappe der Vielfalt

Ähnlichkeit ist
die Tarnkappe der Vielfalt.

»Weißt Du, woran mich das erinnert?«
»Die sieht aus wie …..«
»Beinahe hätte ich den verwechselt mit …..«
»Das kommt mir bekannt vor.«

Erinnerung macht blind
für Unterschiede.

Die Wahrnehmung:
Ein Messer, das Alles
in verdauliche Häppchen schneidet.

Ich möchte der Vielfalt
die Kappe vom schädeligen Globus reißen;

die Erinnerung ertränken, um
keinen Unterschied zu verpassen;

der Wahrnehmung die Klinge abstumpfen, um
Alles unzerteilt in mich hinein zu schlingen.

Keine Ähnlichkeiten mehr!
Keine Verwechslungen!
Keine Bekanntschaft!
Keine Blindheit!

Nur noch Unterschiede!

Nur noch Kahlheit!

Nur noch Vielfalt!

Auch auf die Gefahr hin,
an erbrochener Realität zu ersticken.


Verläufe

Das Leben
verläuft
so
oder
so

ob
in geregelten Bahnen
oder
auf überwachsenen Pfaden
in Unordnung
oder
Ordnungszwang
in Unterordnung
oder
Auflehnung
ob
in Gesellschaft
oder
Einsamkeit

Es verläuft
im Unbewußten
in Erkenntnis
im Gefühl
im Kalkül
im Nichtstun
in Betriebsamkeit

Es verläuft
vergeht
verschwindet
kehrt wieder woanders

Das Leben
verläuft

Sich

Dich

Mich

Ich irrte umher
im Verlaufe meines Lebens

breite Straßen
verwinkelte Seitenwege
Trampelpfade
unwegsames Gelände
offene Plätze
geschlossene Räume

Sackgassen

Ich suchte
nichts

Ziellosigkeit
war mein
Ziel

Zeit verging
wie sie es
immer
tut –
unbarmherzig
gleichförmig
uninteressiert

in Falten & Verfall

Und weil ich nichts suchte
verlief ich mich

Verlief ich mich
in Dich

Du lagst auf
dem Weg
der
der meine war.

Und

ES
nahm seinen Lauf.


Es ist so einfach

Wenn man sich
die Ohren zuhält
klingt
der Regen
wie
Sonnen-
schein.


AlleinGelassenheit

Allein
Gelassenheit
hilft

manchmal

Die Gelassenheit
– mühsam erarbeitet –
– mühsam errichtet –
– mühsam erhalten –
in Einsamkeit & Alleinsein

Ein instabiles Konstrukt aus
Routine
Verdrängung
Betäubung
& Verzicht

Doch sie
bricht
in sich
zusammen

wenn die Einsamkeit
sich maskiert als
Gemeinsamkeit

& das Alleinsein
zur AlleinGelassenheit wird.


Heimlich unheimlich

Durch die Brüche
meiner
Logik
beobachte ich
heimlich
ganz heimlich
meine Gefühle

& manchmal
sind sie
mir
unheimlich


Was ich zu bedeuten habe

Ich bin mir oft so
unverständlich

Niemand kann mich
mir
übersetzen

Meine Gedanken
Meine Gefühle
sprechen eine Sprache
die mir fremd ist

Doch oftmals
klingt diese Sprache
schön

wie Musik

Dann will ich
gar nicht wissen
was
ich
zu bedeuten habe


Der Handschuh

Die Entfernung
Die Sehnsucht
Die sich aufstauende Leidenschaft
Das Leiden
Der Druck
Die Phantasie

Ich könnte Dir
einen Handschuh senden
nachdem ich mir damit einen runtergeholt habe

Drehst Du ihn auf links
kannst Du meine Finger an Deiner Fotze spüren
während Du an Dir herumspielst
Lässt Du ihn wie er ist
spürst Du meinen Schwanz

Doch Du musst
ihn mir zurückbringen

Persönlich

& dann
werfen wir ihn gemeinsam
auf den Boden
Auf den Boden der Tatsachen
wo die übrigen Klamotten
so schnell

so
schnell

zu liegen kommen

Die Entfernung
Die Sehnsucht
Die sich aufstauende Leidenschaft
Das Leiden
Der Druck
Die Phantasie

Sie bringen einen auf Ideen

Auf
vielleicht dumme
Ideen

Doch auf solch dumme Ideen
muss man erst einmal
kommen
kommen
kommen

& immer wieder
kommen.


Wie meine Inspiration funktioniert

»So ein düsteres Gedicht.«
»Welches?« fragte ich.
»Das mit den Schwarzen Schmetterlingen. So
depressiv.«
»Hmm.«
»Wie bist du darauf gekommen?«
»Ich saß auf meiner Terrasse. In der prallen Sonne.
Trank Cocktails, mehr als sonst, rauchte viel, hörte Musik,
fühlte mich gut. Sehr gut sogar. – Ich beobachtete all diese
weißen Schmetterlinge in meinem Garten, die sich
auf bunte Blümchen setzten & sich über mein Unkraut freuten.
Sie waren alle in meinem Garten; die Gärten der Nachbarn
waren offenbar uninteressant für sie. Das gefiel mir.«
»Und?«
»Nichts und. Ich notierte mir den Titel – & als ich wieder
zu mir kam, musste ich nur noch
ein paar Tasten
drücken.«


Schwarze Schmetterlinge

Es gibt sie. Natürlich.
Sie sind da draußen …..
In Neumondnächten
wenn die Wolkendecke unter den Sternen liegt
wenn alle Lampen durchgebrannt
wenn alle Flammen erloschen sind

Schwarze Schmetterlinge
Sie flattern um das Haus
fliegen durch den farblosen Garten
schlagen die Schatten mit ihren schwarzen Flügeln
& landen auf Pflanzen
die von der Finsternis leben

Schwarze Schmetterlinge
Sie sind lautlos
Doch ich höre ihren Flügelschlag
Hinter der Musik
In der Musik
Über der Musik

Sie ernähren sich von der Leere
ohne sie zu verringern
Sie ernähren sich von der Einsamkeit
ohne sie zu verringern
Sie ernähren sich von unerfüllten Wünschen
ohne sie zu verringern

Schwarze Schmetterlinge
Es gibt sie. Natürlich.
Sie sind da draußen ….. Es sind meine …..
Nur ich kann sie sehen
& durch die Mauern des Hauses spüre ich
den Luftzug ihrer Flügel

Ihre Flügel sind schön
doch
der Luftzug ist
eisig


Von uns ganz zu schweigen

Und jedesmal wenn sie auf meinem Sofa saß
& ihr Blick über die Bücherregale schweifte,
sagte sie: »Ich muss mir unbedingt mal anschauen,
was für Bücher du so besitzt.«

Und jedesmal hatte sie
etwas Besseres zu tun.

Von UNS
ganz zu
schweigen.


Die seitenverkehrte Erinnerung

Auf dem Weg zum Kühlschrank
passierte die Frau das bisschen Tageslicht,
das durch die verglaste Haustür in den Flur drang.
Da erst sah ich
wie gerötet ihre linke Arschbacke war.
Ich machte sie darauf aufmerksam.
Sie lachte.
»Kein Wunder – wenn Du
mich schlägst.«
»Aber«, sagte ich, »die linke scheint
empfindlicher zu sein als
die rechte. Außerdem sind
die Zahnabdrücke verschwunden.«
Die Frau blieb vor einem meiner
zahlreichen Wandspiegel
rücklings stehen &
schaute über ihre Schulter hinweg,
zehenspitzte & reckte sich, bis sie
ihren Arsch sehen konnte …..
Sie lächelte.
Geschlagene
Stunden lang hätte ich sie in dieser
Po-
sition
beobachten mögen, doch
gerade die
Flüchtigkeit des Augenblicks
brannte sich so eindrücklich
in mein Inneres
wie die Dauer es nicht gekonnt hätte –
rot
rot
rot ……
& heiß.
Und manchmal,
wenn sie nicht da ist,
schaue ich
im Vorübergehen
in diesen Spiegel – &
sehe
das Bild, das sie sah ……
Die seitenverkehrte Erinnerung
an die
Wirklichkeit.


To Go

Wenn
der Tod
ein Leben
kauft
dann
immer
to go
&
er bezahlt mit
Ruhe


Steine

Ich stelle sie mir vor
als kleines Mädchen
Vielleicht vor
35 Jahren

& während alle
anderen Kinder
um sie herum

glattgespülte
glänzende
Steine
sammelten

fand sie die
scharfkantigen
matten
besonders schön.

Ansonsten
könnte ich mir
das Alles
nicht
erklären.


Für die Fremden & die Unsichtbaren

Wenn in der fernen Nebelkulisse der
fremden
unsichtbaren
Leser
plötzlich
vertraute Gesichter
erscheinen
bleibt mir
vielleicht
nur noch das
Schweigen

Denn was in mir ist
soll
den Vertrauten
fremd

Soll
für sie
in Ferne
&
Nebel
bleiben

So wie
für mich
ihr Inneres
in Ferne
&
Nebel
liegt

& nur die
Fremden
& die
Unsichtbaren

sollten es
sehen
können.

Denn manchmal ist
Nähe
unerträglich.


Die Folgen

Das also waren die Folgen:

Verblödung
Verlust der Kreativität
Eintrübung der klaren Gedanken
Monomanie
Einschränkung der Sicht
Themenverlust
Eintönigkeit
Verstummen

Sie war eingeschlafen
»End-entspannt« hatte sie es genannt
Ihr rechtes Bein lag angewinkelt auf
meinen Oberschenkeln
Gleichmäßiges Atmen in meinem Ohr
Ein Duft der immer noch neu &
doch schon vertraut war
Kein Schlaf in meinem Kopf
Kein Schlaf in meinen Händen
Ich war nüchtern
& wusste
was kommen würde

Das Alleinsein
das ich meist so schön gefunden hatte
würde hässlich werden

& ich würde noch mehr
Alkohol brauchen
es mir schön zu trinken

Aber der Alkohol
spülte kaum noch Worte an die Oberfläche
Oder ich konnte die Worte nicht mehr hören
Weil alles andere in mir
zu laut geworden war

Verstummen
Eintönigkeit
Themenverlust
Einschränkung der Sicht
Monomanie
Eintrübung der klaren Gedanken
Verlust der Kreativität

Verblödung

Eigentlich
fand ich die Folgen
gar nicht
so
schlimm.


Zu dick aufgetragen

Sie lachte.
»Das mit der stehen gebliebenen Uhr
in deinem Gedicht wird jeder für ausgedacht halten.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Genau das
gefällt mir daran. – Die
plakative, vordergründige Symbolik
der Wirklichkeit.«
»Und was hättest Du geschrieben, wenn
sie nicht stehen geblieben wäre?«
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Vielleicht
hätte ich sie gar nicht erwähnt. – Jedenfalls
hoffe ich, dass ich nicht dasselbe geschrieben hätte.«
Sie war skeptisch.
Ich auch.
»Na dann«, sagte sie, »ein Hoch auf die
Wirklichkeit.«


Der Ausdruck der Verzweiflung

Die Verzweiflung
mag mit feinem Pinselstrich aufgetragen sein …..
Mit hartem
oder
weichem
Bleistift …..
Mit einer Feder, die gespalten ist …..
oder
einem Kugelschreiber …..
Sie mag gestempelt sein …..
oder
getippt …..
Vielleicht ist sie dick aufgetragen …..
Ein Foto
oder
ein schwarzes Bild …..
Hinausgeschrien
oder
stumm …..

Wie auch immer –
man sollte sie
in sich
wiedererkennen

& handeln.


….. ob ich will oder nicht

Ich schreibe
was ich muss.
Ob ich will
oder nicht
spielt keine Rolle
Ob es jemandem gefällt
oder nicht
ist egal
Ob es jemanden verletzt
oder auch nicht
darf ich mich nicht fragen
Ich schreibe
was ich muss.
Es mag langweilig sein
oder nicht
Verständlich
oder auch nicht
Sinnlos
oder nicht
Es mag gelesen werden
oder auch nicht
Was ich schreiben muss
das schreibe ich.
Was ich will
spielt keine Rolle.
So
wie
ich.


Der gekrümmte Zeigefinger

Als Kleinkind
schob ich mir niemals den Daumen
in den Mund, um
schlafen zu können.
Ich nahm
den gekrümmten Zeigefinger.
Als hätte ich es
schon damals
nicht so machen wollen wie
Alle Anderen.
Für die Zahnstellung
war das eher ungünstig; aber
die Symbolik meiner Fingerwahl
gefällt mir
noch heute.


Nur eine weitere Aufnahme von Momenten

Ein roter Lampenschirm,
erleuchtet in einem düsteren Kellerzimmer.
Zigarettenrauch, der durch die Luft schleiert.
Kondensperlen auf einer halbleeren Bierflasche.
Ich sitze auf dem einzigen Sessel, nackt;
sie sitzt, nackt, auf dem Teppich, zwischen
meinen Beinen, angelehnt, ihren Rücken
mir zugewandt.
Wir reden über:
Krankheit
Sterben
Tod.
Meine Füße ruhen auf ihren Beinen,
ihre Hände auf meinen Füßen,
meine Hände – bald auf ihren Schultern,
bald, wenn ich mich vorbeuge, auf ihren Brüsten.
Regengeprassel. Entfernter Donner.
Im für uns unsichtbaren Tageslicht steht
ihr Auto. Auf meinem Parkplatz. Das
Seitenfenster einen Spalt breit geöffnet.
Als sie ankam, schien noch die Sonne.
Jetzt befürchtet sie, es könnte hinein regnen.
Ich sage, der Regen könnte eine andere Richtung haben.
Wir reden über:
Krankeit
Sterben
Tod
Leben.
Die Musik, die im Schlafzimmer läuft, dringt nicht
bis hierher.
Plötzlich ein Geräusch aus einer dunklen Ecke –
als würde dort jemand pissen.
»Was ist das?« sagt sie.
»Das Regenwasser, das aus dem Schornstein
in eine Vase abläuft.«
»So viel? – Ich werde einen nassen Arsch
im Auto kriegen.«
»Vielleicht«, sage ich.
»Jetzt isses eh zu spät«, sagt sie.
Sie zündet sich noch eine Zigarette an;
ein Feuerzeug mit integrierter Uhr.
Die Uhr ist
stehen geblieben.