Monatsarchiv: Februar 2014
Kerzenwachs im Badewasser ist wie Blei
gießen – genauso sinnlos, bloß
ohne Blei.
Irgend etwas erkennt man ja immer
in den Formen – da ist es gut,
wenn man an
Nichts glaubt.
Auch nicht an die Zukunft.
Man liegt im Wasser,
träumt so für sich hin;
es ist Nacht,
es ist gemütlich & warm,
ein schwacher Luftzug bewegt die Flamme,
und die Kerze beginnt zu tropfen.
Das Wachs rinnt
vom Rand der Wanne & wird hart
im Wasser.
Seine Form hat nichts mit der Zukunft zu tun;
immerhin: hart könnte sie werden.
Ein belustigender Gedanke.
Wilde Assoziationen im Schaum.
Zukunft:
Vielleicht schlafe ich ein,
rutsche wie Blei unter die Oberfläche &…..
Doch
vor dem Ertrinken
erwacht man – so
fern man
nüchtern ist.
Das ist wie in der
Liebe.
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„In niedrigen Räumen werden auch
die Gedanken niedrig.“
behauptet Dostojewski.
Der Kellerraum, in dem ich
den Großteil meiner Jugend verbrachte, war
sehr niedrig.
Die Decke war
mit Styroporplatten verkleidet.
Dennoch
war mir Alles zu laut.
Ich selber:
ebenfalls zu laut.
Für die Anderen
& für mich.
Es pfiff in meinen Ohren –
noch Stunden nachdem ich
den Verstärker ausgeschaltet hatte.
100 Watt
in einem kleinen Raum voller Bücher.
Die Styropordecke war mein Kerbholz.
Man sah die Schmisse, die die Gitarren hinterließen,
wenn ich sie mir, ohne aufzupassen, umhängte.
Nach der Decke strecken konnte man sich nicht
in diesem Raum. Allenfalls
im Sitzen. Stand man
aufrecht, mussten die Arme nach oben hin
angewinkelt bleiben (zwischen den kantigen Spuren der Instrumente sah man
die weichrunden Vertiefungen meiner Fingerkuppen…..)
Ursprünglich waren die Platten
weiß gewesen. Später waren sie
gebräunt vom Tabaksqualm.
Über Allem:
Schritte & Klopfen.
Meine Gedanken waren
niedrig, wenn sie niedrig sein wollten;
hoch, wenn sie hoch sein wollten.
Die Träume schienen unendlich,
wann immer ich es wollte.
Die Erwartungen waren
Ungeheuer;
die Enttäuschungen
gigantisch.
Es passte Alles
in diesen kleinen, niedrigen Raum –
in dem ich meist
allein war.
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Wenn Du
Dich sicher fühlst &
am wenigsten damit rechnest –
liebe ich Dich
aus dem Hinterhalt
wie ein Scharf-
schütze.
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Da leidet jemand viele Jahre lang
an Krebs, und dann….
Nach dem Auftritt saßen die 3
in der Hotelbar. Wie üblich
war ich nicht im Konzert gewesen; ich
musste arbeiten. Neben der Bar. An
der Rezeption.
(So ist es ja fast immer: man könnte
Freikarten bekommen, aber der Grund,
weshalb man sie bekommen würde, ist
derselbe, weshalb man sie nicht nutzen könnte.
Wie tiefsinnig!)
Mangelsdorff ging aufs Klo.
Volker Kriegel & Wolfgang Dauner saßen an der Theke.
Dauner fing an über Zettel’s Traum zu reden.
Irgend etwas Oberflächliches.
Eigentlich mag ich es nicht, wenn Andere
über meine Schätze reden. Es ist
eine Art von Eifersucht.
Andererseits empfand ich es als
bemerkenswerten Zufall, dass sie ausgerechnet
in einem Hotel gelandet waren, wo der
Nachtportier dieses Buch gelesen hatte.
Außerdem hatte ich in meiner Jugend keine
von Dauners TV-Sendungen über den Jazz verpasst.
Kriegel war schwer zu verstehen.
Er hatte Kehlkopfkrebs.
Sein Gitarrenstil hatte mich nie vom Hocker gehauen,
aber ich mochte seine Zeichnungen.
Ich erledigte also meine öden kleinen Aufgaben,
hörte zu, und
Mangelsdorff kam zurück vom Klo.
Das war’s auch schon.
Sie wussten kaum, dass ich da war.
Sie wussten nicht, was ich wusste,
Sie wussten nicht, dass ich zuhörte.
Als ich von Kriegels Tod erfuhr, dachte ich:
Scheißkrebs! – Wie immer.
Erst lange Zeit später las ich, dass er
einem Herzinfarkt erlegen war.
Da leidet jemand viele Jahre lang
an Krebs, und dann DAS!
Eigentlich
ein Glücksfall.
Vermute ich.
Mangelsdorff starb ein paar Jahre später.
An Leukämie.
Dauner lebt noch.
Glaube ich.
Ich lebe noch.
Glaube ich.
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Man glaubt
man sei über den Berg
bis man
sich umdreht.
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Ich hielt & wartete
vor rotem Licht
Eine Unterbrechung
meiner nächtlichen Fahrt
ohne Ziel
Eine Straßenbahn transportierte
ihre Leere
vor mir vorbei
Sie leuchtete von innen
wo niemand saß
Das Geräusch von
Rädern auf Schienen
zog vorüber
metallisch
Die Anzeige des Bestimmungsortes
entfernte sich
von mir
Der Ort erinnerte mich
an einen Hafen
in meiner Vorstellung
Kein Passagier fährt dorthin
Tram-Depot
(Fehlte da etwa ein Buchstabe?)
Am Ende
Gab es grünes Licht
für meine Ziellosigkeit
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Er stellte eine Frage. Im Sitzen.
»Und, warum hat’s denn nun nicht geklappt?«
Ich stand auf. Und gab eine Antwort:
»Moment, ich mach mal noch’n Tee.«
In der Küche erinnerte mich vieles
an sie…..
Meine Lieblingstasse, aus der sie Kaffee getrunken,
das Feuerzeug, mit dem sie Bierflaschen geöffnet hatte,
jedes Linoleumquadrat am Boden, das ihre Füße berührt….
Schließlich zog der Tee. Im Wohnzimmer. Zwischen
ihm & mir.
»Also?«
»Also – ich versteh’s eigentlich auch nicht. Es hatte Alles
eine gesunde Basis….. Wir haben nie etwas
zusammen unternommen; haben uns praktisch nur
im Bett getroffen, meistens lag ich schon drin, wenn sie
mich besuchte; ich kannte ihre Adresse nicht, wir hatten wenig
gemeinsam, und im Schlafzimmer brannte immer
eine bunte Lampe, so dass wir nie in der Dunkelheit
nebeneinander einschliefen.«
Er grinste, und die Teekanne war weiß. Wie immer.
»Ich beliebe nicht
zu scherzen«, glaubte ich hinzufügen zu müssen. »Mir
gefiel das wirklich.«
»Muss ich nicht verstehen«, sagte er.
»Nein. Natürlich nicht.«
»Und – wer hat denn nun Schluss gemacht?«
Ich bewegte die Beutel. Im Wasser.
»Niemand.«
»Wie – niemand?«
»Man macht doch nicht Schluss, wenn es
so läuft.«
»Ja, was denn nu?« Es klang, als würde er
die Geduld verlieren.
»Nichts«, sagte ich.
Und Grünen Tee lasse ich nie länger als
3 Minuten ziehen. Und das Wasser darf nicht
kochen – sonst wird er
bitter.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Erotik, Kultur, Liebe, Lyrik, Sex, Trennung | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Der Mann träumte das Grauen.
Von oben herab schaute er
auf namenloses Elend:
das Viertel eines unbekannten Ortes, das
hoch auf einem Plateau lag
in irgendeiner Welt; gewaltige
steinerne Treppen führten dort hinauf – nur
dass Niemand dort hinauf stieg….
in dieser Welt.
Verfallene Hütten aus schimmelndem Material,
eingefallene Dächer – Dreck & Gestank.
Alles war gräulich, und das Wetter
konnte aus keinem Himmel kommen.
Apathische Menschen lagen am Boden
überall. Und allüberall
waren Kinder.
Körperlose Kinder.
Kleine Köpfe bewegten sich über den Unter
grund – teils schwebten sie wie auf einem Luftkissen, teils
rollten sie über das rissige Grau.
Und der Blick des Mannes, der ebenso körperlos über
Allem schwebte, sah –
wie die Köpfe
immer wieder
auf die Treppen zu
rollten…..
auf die Stufen, die in einen unsichtbaren Ab
grund führten.
Schief & verrottet waren die Stufen – schmerzhaft
pochte die Hilflosigkeit des träumenden Beobachters….
des beobachtenden Träumers. Und dann
fielen
die
Köpfe
die Treppen hinab.
Prallten auf ihre Gesichter, die anfingen
zu bluten; und
das Geschrei, das aus ihren nichtvorhandenen Kehlen drang,
hätte Jeden geweckt –
nur den Träumer nicht.
Die Eltern der stürzenden Köpfe
sahen zu. Taten
nichts.
Lagen herum. Mit bloßen
Füßen, gezeichnet von Blut
ergüssen. Nichts
interessierte sie
mehr. Nichts
konnte sie bewegen.
Die Lethargie machte ihre Augen stumpf
wie die gebrochenen Augen von Toten.
Schreie! Schreie! Schreie!
Kleine weinende Köpfe mit gebrochenen Nasen
rollten & hüpften die Stufen hinunter, der Tiefe entgegen….
wie Spielbälle sinnlosen Leidens …. Kanonenkugeln
aus berstendem Fleisch.
Des Träumers Blick schwebte
über Allem
in einem Himmel
aus dem kein Wetter kam.
Nicht die Schreie, nicht das Weinen, nicht das Wimmern
konnten ihn dem Schlaf entreissen. Und doch
erwachte er.
Aus
einem Grund, den er
nie erfahren würde ….
Aus
einem Ab
grund, den er
nur zu gut kannte…..
Heftig atmend kam er zu sich
in meinem Kopf. Kam er zu mir
in meinem Kopf, der
auf einem Kissen lag.
Sein Herz schlug wild
in meinem Schädel.
Träume stürzten treppab in mir.
Jetzt
musste nur noch
Ich
er
wachen.
Erwachen.
Und
zu mir kommen.
Aus
diesem Traum.
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Was sie mir raubte, gehörte ihr
in gewisser Weise.
Es war nicht
strafbar.
Denke ich.
Sie beraubte mich
der Illusionen –
die ich mir
ohne sie
niemals
hätte machen können.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Kultur, Liebe, Lyrik, Trennung | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Sie saß mit dem Rücken zur Wand.
In einem fremden Zimmer.
In einer Stadt, in der sie sich
nicht aus
kannte.
An der Wand: eine Fototapete.
Sie zeigte einen Ort,
wo die Frau noch nie gewesen war
in einer Zeit vor ihrer Geburt.
Sie saß am Boden.
Unter dem Boden
hätte Vieles
sein können; aber nicht
Nichts.
Vielleicht war nur ein weiterer
Boden darunter. Der
Alles
hielt.
Sie war sich
unsicher –
& All
em/en Anderen
auch.
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Ein Pickel an der Oberlippe
ist besonders
schmerzhaft.
Aber dann
ist es ein Glück
einsam zu sein.
So hat
Alles
sein Gutes.
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Eine Zungenspitze
am Eingang zum Gehör
feucht & warm
Altbekannte Worte
in schwerem Atem
scharf & weich
zugleich
kitzelnder Flüsterhauch
Irgend
was
von Liebe & Begehren
Man muss es glauben.
Daran glauben.
Ich bin
Ganz Ohr
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Erotik, Kultur, Liebe, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Am liebsten spielte ich
drinnen – immer schon.
Und noch weiter
drinnen – in meinem Kopf
mit Wörtern & Worten.
Ein kleiner Junge
der am liebsten
im Bett lag.
Es war gar nicht so lange her
dass ich die Wörter gelernt hatte
– & doch:
halb bewusst, halb unbewusst
erschienen sie mir oft
unzureichend – schon damals.
Eigentlich mochte ich den Benzingeruch
der Tankstellen. Als man noch nicht
selber tanken musste & der Liter
ein paar Groschen kostete –
in meinem Kopf aber
wurden Tankstellen zu Stankstellen,
und in dem Tante-Emma-Laden an der Ecke
hieß auch Alles anders, als ich es für richtig hielt.
Meine Eltern hörten irgendwann auf
mich zu verbessern
& lachten schließlich.
Dann
kam die Schule
mit ihren Regeln…..
Die Schule war
draußen.
ICH
HASSTE
SIE.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kindheit, Kultur, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Nie wieder
wirst du jemanden kennenlernen
wie mich.
Nimmermehr
werde ich jemanden kennenlernen
wie dich.
Denn die Vorstellung
jemand Anderes könnte
Uns
ähnlich
sein
im Innersten
ist nur eine Illusion
von vielen.
Eine Illusion
wie die Liebe –
falls Die eine ist.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Kultur, Liebe, Lyrik, Trennung | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
In dem Haus, in dem ich wohne,
lebe ich sogar. Es ist
nicht das stabilste. Bloß
ein Fertighaus.
Wenn der Wind
ungünstig steht
& er besonders heftig weht,
knackt es über
all.
An einer rotgestrichenen Wand
hängt ein kleiner Spiegel.
Bei Sturm zittert er.
Und mit ihm
mein Spiegelbild.
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Die Bruchstücke, die hinter mir liegen –
sind nicht ich. Ergeben
zusammen
gelegt
nicht
mich. Ich bin
nicht
zerbrochen
an dem, was
zerbrach.
Was
in Teile zersprang
war nur ein kleiner
Teil von mir
der ein Anderer war
als es geschah.
Bruch
Stücke
Ich schaue zurück,
und sie
glitzern
wie Splitter
in buntem Licht.
Manchmal
überrascht es mich, dass ich
stärker bin als ich
mich fühle.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Die Zeile,
die der eigentliche Anlass gewesen war
für das Gedicht, kam
am Ende
gar nicht vor
in ihm.
Wie schade!
Alles war so schön
geplant
gewesen.
Und dann das!
Das Gedicht
wollte die Zeile nicht;
es hatte
seinen eigenen Willen.
Es war unverschämt.
Die arme Zeile!
Ungenutzt. Und nutz
los. Aber nicht
ohne Sinn.
War sie doch
ein Ausgangs
punkt.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Dieser Moment
im 17. Jahrhundert
als Gryphius über den Augenblick schrieb
Betrachtung der Zeit
Was hatte er im Auge?
Die Ewigkeit.
So weit
wird’s nicht reichen –
aber immer
hin: ich
lese seine Zeilen
mehr als 300
Jahre später
& weiß
was er meint.
Ich suche
dasselbe.
Jeden Moment.
Alles eine Frage
der Augen
Blicke.

Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie, Zeit | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Ein Mädchen spielt
Saxophon
irgend
wo
wann
wie
Ich kann es sehen & hören
obwohl mir
Hören & Sehen
längst vergangen sind
& ich das Mädchen nicht kenne
Ein Kater namens Leo
den ich Adolf nenne
öffnet eine Kühlschranktür
& hört das Spiel
Nicht jeder muss das verstehen.
Ich weiß, es gibt
mindestens 1 Menschen,
der es könnte.
Vielleicht niemand sonst.
Doch das ist bedeutungslos.
Selbst
wenn dieser 1 Mensch
Es niemals lesen sollte –
Es steht
geschrieben
& nur das
zählt
1
2
3
Der Sinn liegt
wo
anders.
Der Unsinn
löffelt
Ihn
So funktioniert
Poe
Sie.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Musik, Poesie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
»Wer ist das?« fragte sie.
Sie schaute über meine Schulter.
Wir teilten uns einen Sessel
in meinem Keller. Sie
saß rittlings auf meinem Schoß.
»Poe«, sagte ich.
»Nein«, sagte sie, »das ist doch nicht Poe;
der sah doch ganz anders aus.«
»Da dies die Reproduktion einer Daguerreotypie, und die
Daguerreotypie ein Vorläufer der Photographie ist,
sah er in jenem Moment wohl genau so aus – & da
diese Reproduktion seitenverkehrt ist &
Daguerreotypien ihrerseits seitenverkehrt sind, ist er
auf diesem Bild sogar richtigherum zu sehen.«
»Nein«, sagte sie, »auf meiner Poe-Ausgabe zuhause
ist auch ein Bild. Da sieht er ganz anders aus.«
Ich sagte: »Keine Ahnung, was du da zuhause hast, aber
auf allen Daguerreotypien, die ich von ihm kenne, sieht er
ungefähr gleich aus. Also – wie er selbst.«
»Ich mail dir mal ein Foto.«
»Ja, tu das. Bin gespannt.«
Nun gut, ich weiß bis heute nicht, wie ihre Poe-Ausgabe aussieht.
Es ist ja auch egal. Rückblickend betrachtet. Es war
unser erstes Treffen. Sie kletterte
von mir herunter. Auf den Boden. Zwischen meine Beine.
Poe schaute zu. Über meine Schulter
hinweg.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Erotik, Kultur, Literatur, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Ich habe keine Vorbilder.
(Ein weiterer Satz, der
mit Ich beginnt.)
Vielleicht hatte ich früher welche.
(Ein weiterer Satz, der
mit Vielleicht beginnt.)
Eine Frage der Definition.
Was immer
einem Vorbild nahekam,
habe ich verbannt aus meinem Denken.
Ich will
Nichts
nach
bilden.
Niemandem!
Nicht einmal
die Wirklichkeit.
Und schon gar nicht
was Andere
mir vorgemacht haben.
Ich habe keine Vorbilder.
Bilde ich mir ein.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Kunst, Literatur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Ich bewege mich
langsamer
vorwärts
seit dem Zusammenprall
mit fremdem Leben
Leben
das ich beendet habe
Ich bewege mich
vorsichtiger
vorwärts
den Blick
auf die Dunkelheit gerichtet
das Dunkel jenseits
der Straßen
wo
vielleicht
Etwas atmet & wartet
meinen Weg zu
kreuzen
Jeder Schatten lebt
jenseits der Bahnen
Ich bewege mich langsam
um nicht zu
töten
um nicht zu
verun
glücken
Doch es wird
Uns
nichts nützen
am Ende
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik, Tod, Unglück | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Bei der Beerdigung
deiner Träume
gibt es nicht einmal mehr
Musik
Keine Begleitung
von Harmonien
frisst die
Stille
Lebendig begraben
in derselben Mördergrube
schweigen die
Hoffnungen.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Einsamkeit, Kultur, Lyrik, Musik, Tod, Traum | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Der Mond scheint ohren
betäubend wie eine nächtliche Schnulze aus dem Radio
mit dem Lautstärkeregler am
Anschlag.
Grell
leuchtet die Einsamkeit
im Gesicht des Idioten,
der durch die verlassenen Gassen
irrt.
Seine Absätze ticken auf dem Pflaster –
unregelmäßig wie eine Uhr mit Herzproblemen.
In lichtlosen Fenstern spiegelt sich seine verlorene Orientierung.
Man wird mich vermissen …. Man vermisst mich bestimmt schon ….
Verdammt, wo? …. Wie komme ich …. ich habe mich ver
laufen …. Bin ich nicht gerade erst los
gegangen? …. Das kann doch nicht
Sein ….
Fremde Namen auf fremden Schildern an fremden Häusern;
Klingelknopfleisten, mit deren Hilfe er die Fremden rufen könnte.
Doch er erwartet
keine Hilfe
von irgend
Jemandem.
Er
wartet
Hilfe von
Nie
man
dem.
Heim …. lautet der Kehrreim seiner Verzweiflung …. Heim!
kehr heim …. zurück …. zurück ins …. wo man mich vermisst …. weil
man mich kennt …. dort …. wo ….
Es ist
als ob
kein Leben mehr wäre
um
ihn
her
um –
die Welt: ein Leichenkeller.
Der Idiot ruft nicht. Schreit nicht. Der Mond ist zu laut.
Alle Ohren verfault. Seine Suche:
ein Widerspruch
in sich.
In ihm.
Denn auch am Ziel wartet
Nichts & Niemand
auf ihn.
Dass diese Nacht vergehen werde,
hat er vergessen. Nicht einmal
sein Tod könnte sie beenden
in seinem Schädel,
durch den er
irrt.
Tick Tick Tick.
Er erinnert sich nicht
an andere
Nächte.
Die Vergangenheit – gelöscht.
Ein Leben – gelöscht.
Eine Welt – gelöscht.
Und doch: Vermissen.
Und Sehnsucht.
Eine absurde Ahnung von
Etwas
Besessenem.
Könnte jemand in meinen Kopf schauen,
sein Blick würde nicht mehr her
aus finden ….
Er lacht. Stumm.
Strom fließt durch Laternendrähte.
Licht, das nichts beweist
als die Existenz von Maschinen –
& den Geist, der sie erschaffen hat
in der Vergangenheit.
Warum bin ich
bloß
los
gegangen?
Ich wäre jetzt dort, wo ich hin will, wenn ich
geblieben wäre ….
Er hätte es nur nicht gewusst.
Nicht gewusst,
dass er dort
hin
wollen
würde
wo er war
falls er ginge.
Der Mond
schein:
eine Heim
Weh
Schnulze
Lauter
& immer
lauter
Alle
Regler
am
An
schlag.
Der Idiot irrt
weit
er.
Durch
mein Ich.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Einsamkeit, Krankheit, Kultur, Lyrik, Philosophie, Wahnsinn | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Wir trafen uns in der Schönheit
des falschen Lichtes
dem künstlichen Licht
vergangener Enttäuschungen
gegenwärtiger Hoffnungen
zukünftiger Möglichkeiten
Wir sahen uns in dem Licht
aus unserem Innern
das nichts
mit Realität zu tun hat
Das richtige Licht
war lange erloschen
Es war die Dunkelheit
um uns herum
in der wir uns niemals
gesehen hätten
So war das Falsche
in
unserem
Fall
das Richtige
& das Dunkel in uns
die Schönheit
die uns anzog
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Kultur, Liebe, Lyrik | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Eine weitere Nacht alt
bekannter Gedanken
Ich denke an
Peter Cushing
kurz nach dem Tod seiner Frau
Verzweiflung
Raserei
Schmerz
Selbstmord
kam nicht in Betracht
Und so rannte er
wie vom Wahnsinn getrieben
eine Treppe auf & ab
in seinem Haus
das größer & enger geworden war
immer wieder
auf & ab
auf & ab
auf
der Suche nach dem Herzschlag…..
dem verlorenen Herzschlag der Geliebten
dem eigenen Herzschlag des Todes
Ich kann sie hören
seine verzweifelten Schritte
auf den Stufen
Und die Stille
um ihn herum
Helen & Peter Cushing –
eine der großen Liebesgeschichten.
Ich kann sie sehen
meine alte düstere Kellertreppe
Sehen
wie die abwesende Geliebte
die Stufen auf & ab geht
lautlos & barfuß
auf dem Teppich
der Falten wirft
Sehen
wie sie aufwärts stolperte
bei ihrem ersten Besuch
Fühlen
wie warm & feucht es unter ihrem Rock war
als ich unter ihr auf der Treppe stand
& meine Hand verschwand
Und einsam stolperte ich
abwärts
im Suff
auf dieser Treppe
Verzweiflung
Raserei
Schmerz
Blutergüsse & Prellungen
Auf & Ab
Er überlebte sie lange
Lebte weiter
mit seinem Prostatakrebs
& alterte
schneller als je zuvor
als hätte er es eilig –
Er glaubte
an ein Wiedersehen.
Ich glaube
an Nichts.

Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Alkohol, Beziehung, Einsamkeit, Film, Kultur, Liebe, Lyrik, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
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