Jahre später entdeckte ich ein Foto im Internet:
da saß er an einem gedeckten Tisch, und
Helmut Berger leckte ihm die Haare
(zumindest sah es so aus).
Dalli Dalli Aftershow-Party Mitte der 80er Jahre.
Wenn man das gewusst hätte – das wäre doch
ein Gesprächsthema gewesen! Andererseits:
gesprochen hatte man ja nicht so viel.
Ich hatte ihn in einem Sexchat getroffen.
30 Jahre nach HB. – Wir beide auf der Suche
nach einem Dreier (auch so’ne Disziplin).
Fotos wurden ausgetauscht.
Eines seiner Fotos zeigte ich
meiner Freundin. »Und?«
»Ist okay«, sagte sie, »der geht.«
Er/es sollte unser erster sein.
Und dann saßen wir zu dritt auf dem Sofa
meiner Großeltern. Er in Radlerhose & T-Shirt,
sie in ihrem Schulmädchenoutfit zwischen uns
(der karierte Rock so kurz wie das Lineal, das man selber
als Schüler im Ranzen gehabt hatte).
Ich hatte auch was an, aber soetwas merke ich mir nicht.
Der Mann sah älter aus als auf dem Foto, das er mir geschickt hatte,
aber so ist das halt – nicht schlimm.
Wir waren nicht zum Reden zusammengekommen -
sie legte ihren linken Schenkel auf seinen rechten
& streichelte die Ausbuchtung, die in der Radlerhose
besonders zur Geltung kam. Eigentlich
ging alles recht schnell. Dalli Dalli. Er war nun mal
Sportler und auf Geschwindigkeit getrimmt.
Schnell stand er auf, schnell zog er sich aus.
Und schon war sein Schwanz in ihrem Mund.
Der Schwanz war ziemlich kurz, aber die Eier gewaltig.
(Später fragten wir uns, ob das was mit Doping zu tun hatte;
aber ich glaube, da schrumpfen sie eher.)
Er trug einen Cockring.
Schließlich gingen wir in das Zimmer mit den Schaufensterpuppen.
Da lag eine Matratze auf dem Boden. Auch beim Ficken
schien er schnell durchs Ziel kommen zu wollen. Er war ein Rammler.
Es hätte mich nicht gewundert, kleine Rauchwölkchen sich kringeln zu sehen.
Sie sah nicht gerade begeistert aus. Schaute mir in die Augen.
Ein bisschen verloren, ihr Blick. Zum Ausgleich machte ich alles
ganz langsam. Seltsamer Staffellauf. Ich war schon immer
der Langsamste. In der Schule. Beim Sport. Beim Essen. Wie waren nochmal
seine Bestzeiten? »Dein Freund hat einen schönen Schwanz«, sagte er
zu ihr. Nun ja. Ob da was gelaufen war – mit Helmut Berger?
(Der sah auf jenen Fotos noch richtig gut aus, da wäre ich auch
nicht abgeneigt gewesen......)
Ein bisschen Smalltalk gab es dann doch noch. Er saß wieder
auf dem Sofa und musste sich nur noch die Schuhe anziehen.
Wir standen. Ich glaube, ich hatte mir etwas angezogen, aber
soetwas merke ich mir nicht. Sie jedenfalls war noch nackt,
soetwas merke ich mir. Er sprach von seinem Herzen.
Mit seinem Ruhepuls hätte ich mich für tot erklärt.
Ja, der Leistungssport! Ständig musste er
irgendetwas tun, um nicht abzunippeln. Sein Arzt sei besorgt,
sagte er.
Früher hätte ich das alles viel detaillierter geschildert –
aber ich werde ja auch immer älter. Aktuelle Fotos –
ach, Schwamm drüber.
Meine Phantasie arbeitet assoziativ.
Hatte ich nicht beinahe Verbindung aufgenommen
mit Visconti? Die Unschuld. Die Verdammten.
Gewalt und Leidenschaft. Ludwig. (Mit Berger.)
Tod in Venedig. Sehnsucht. (Ohne Berger.)
Wenn man das alles damals schon gewusst hätte!
Der Olympionike hatte bei den Spielen
keine Medaille gewonnen.
Dabeisein ist alles. Das war Spitze!
Auf der Sofalehne fand ich seinen Cockring.
Den warf ich in den Mülleimer
zusammen mit dem Kondom.
Monatsarchiv: September 2022
Der Olympionike
Raureif
Du reifst so vor dich hin
und reifst und reifst
Reifen
Rollen spielen
Profil haben
Auch wenn’s längst nicht mehr vorwärts geht
Die Luft wird immer rauer
(zumindest kommt es dir so vor)
Und irgendwann bist du platt
Dann bist du reif
Herbst
Ich würde
Mich an einem Baum nur
Im Herbst aufhängen
Ich wette
Zwischen bunten Blättern
Würgte meine Leiche recht apart
Beschwingt durch Stürme
Bewegte ich mich
Dann mehr
Als im Leben
Wer im September geboren wurde
Weiß Bescheid
Wer raschelt da?
Wer pendelt da?
Wer schaukelt da?
Verfärbtes Laub
Verfärbte Fratze
Über der Hanfkrawatte
Wird gegrinst
Im Werk
Der Mensch definiert sich gern
Über seine Zahnrad-Existenz
Es ist ihm wichtig
Wo er sitzt im Werk
& wer ihm in die Zähne greift
Um ihn voran zu treiben
Seine Welt ist eine Uhr
Und er denkt die fliehenden Zeiger
Seien die Zeit an sich
Und ohne ihn ginge nichts
Aber nichts geht immer
Es braucht ihn nicht
Das Nichts
Ich bleibe lieber stehen
Ohne mich vergeht alles
Genauso schnell
Es zieht vorbei
An meinem Stand der Stillstand heißt
Ich muss nur bleiben wo ich bin
Ich setze nichts ins Werk
Ticke nicht & tacke nicht
Weder falsch noch richtig
Gehe nicht & gonge nicht
Es ist mir wenig wichtig
Und was mir wichtig ist
Verstehen nur wenige
Ich hab versucht kein Mensch zu sein
Es ist mir nicht gelungen
Ein Zahnrad bin ich nicht
Sonst knirschten meine Zähne
In dem Getriebe jener Welt
Lasst mich
Rast & Ruhe sein
In dieser Uhr
Die nichts bedeutet
Milchreis mit Zimt
In der Regalgasse kam sie auf mich zu mit ihrem Einkaufswagen »Ich hab zweimal Milchreis mit Zimt für dich«, sagte sie. »Äh, danke - - ich glaub, ich mag den im Moment gar nicht mehr.« »Ah – okay ---« »Nach dem letzten Mal ging’s mir so komisch.....« »Aha....« »Ja. Hm. Vielleicht bringst du ihn doch besser wieder zurück.« »Ja; klar; mach ich.« Das wird jetzt niemand verstehen, der nicht weiß, wie sie, und nur sie, etwas sagen kann – aber es hätte mir doch beinahe das pumpende Hohlorgan zerrissen; und ich musste hinterher zur Kühlung Sie stellte die Schälchen zurück Deren Inhalt ich vielleicht lieber hätte herunterwürgen sollen um ihr eine Freude zu machen & um mich selber besser zu fühlen in aller Übelkeit Da nahm ich sie von hinten in die Arme - »Vielen Dank nochmal, dass du daran gedacht hast.« Es fielen noch weitere Worte im Supermarkt, und gelächelt wurde außerdem. Und so wird nun auch Milchreis zum Symbol werden Zur stehenden Redewendung Zum Insider Zur Anspielung in dieser Beziehung. Und natürlich hat das alles nichts mit Literatur zu tun. Denn es wird behauptet, die solle Gefühle erzeugen – und nicht schildern. Aber wenn etwas etwas soll will ich etwas anderes wollen. Und sagen: Seht her! So kann es sein. Es kommt vor dass sich die Richtigen treffen. Das sagt Euch der Pessimist, der an gar nichts glaubt. Übrigens war vermutlich alles ganz anders. Plötzlich hatte ich das kleine Mädchen gesehen & gehört... Das Mädchen, das ich nur von Photos kenne (& in ihren Augen sehe) Und es hatte mich gerührt Gerührt bis an die Schmerzgrenze — An der Kasse war dann noch die Flüssigseife nicht richtig ausgezeichnet und die Kassiererin konnte so kurz vor Schluss niemanden mehr erreichen & in ihrer Liste konnte sie den Preis nicht finden – drum ließen wir die Seife also auch noch zurück. Aber das ist ja eigentlich schon wieder eine andere Geschichte. Die bestimmt ebenfalls irgendeinen Symbolwert hat.