Monatsarchiv: Dezember 2019

30 Jahre Nacht

An manchen Tagen kommt kein Individuum mehr auf mich zu.
Da sehe ich nur noch Menschenschläge,
die durch die Drehtür takten.

Jeder Einzelne eine Legion
von Lautsprechern, Alkoholopfern, fleischgewordenen Sinnlosigkeiten
– allüberall hirnbetäubendes Geschwätz, Gegacker & Geschrei –

Are you talking to me?
Are you talking to me?
ARE YOU TALKING TO ME?

30 Jahre Nacht.
Dienst. Hotel. Empfang. Und
Wer damals, zu Beginn, noch mein Interesse wecken konnte,

kann heute, kurz vorm Ende, nicht einmal mehr meine Verachtung in Schlaf versetzen.
Oder ist das gar schon Hass?
Sie halten sich für interessant?

Dann sollten Sie erstmal meine Hämorrhoiden sehen!
30 Jahre Nacht.
Wo soll die Reise enden?

Spürt denn niemand die Schlange vor & hinter sich?
Das Fließband unter sich?
Die Sprechblase über sich?

Die alte Taxifahrerin, die hier jede Nacht aufs Klo geht,
könnte vielleicht mitreden. Aber
wenigstens Die schweigt.

Evolution. Dass ich nicht lache!
Und die Stille Nacht hat’s nie gegeben.
Es klirren die Flaschen in der Plastiktüte.

Und das Geleut ist auch nur noch Leergut
leer gut, voll scheiße
Ding Ding Ding

An manchen Tagen kommt kein Individuum mehr auf mich zu.
Da sehe ich nur noch Menschenschläge,
die durch die Drehtür takten.

Die Hoffnung lebt,
sie könnte stehenbleiben –
und zwischen den Scheiben

ist Nichts


Knechtseelen

Brave new Gegenwart
Wo die Knechtseelen immer erreichbar sind
Immer abrufbar für die Bosse
Wo sie sich gebraucht & wichtig fühlen können
In ihren Knechtgruppen, die sie in ihren Taschen mit sich führen
Ruf mich an! Schreib mir! Ich will
Dein Sklave sein!
Nicht dass ich viele eigene Gedanken hätte, aber diejenigen,
die ich habe, darfst du mir auch noch nehmen.
In diesen geistfernen Zeiten
Wo die Zeit selber nichts mehr wert ist
Jeder Angestellte seinem Ansteller mit feuchten Händen die Ketten überreicht
An denen er herumgeführt werden kann wie an einem Nasenring…..
Hier, meine Nummer. (Die Nummer bist du selber!)
Und das Schlimmste: sie merken es nicht
In all ihrer Dumpfheit
Zucht & Ordnung
Prägung der kleinen Münzen
Erziehungen, Züchtigungen
Nutzvieh!
Vernetzt
Verkäfigt
Gefangen
Brave new Gegenwart
Und sie verstehen ihre enge Welt nicht mehr
Wenn einer sich nicht mitkrümmt, mitbuckelt, mitschleimt
Bald werdet Ihr tot sein! (in 10, 30 oder 50 Jahren) Was war Euer Leben?
Warum habt Ihr es den Anderen so leicht gemacht?
Ausgerechnet Denen!
Das bisschen FreiSein, das einem möglich ist in dieser Welt
ist Euch immer noch zu viel?
Arme Knechtseelen
Die Ihr mein Mitleid noch als Beleidigung empfindet
Ja, Ihr seid brav
So brav, dass man Euch die Köpfe tätscheln möchte
pat pat pat


Wir wissen es nicht

Die Frau des Dichters sprach
(das haben die so an sich):
»Wie schön – im neuesten Gedicht

sieht man nicht
meinen nackten Po. Endlich
bin ich mal bekleidet.«

Da sprach der Dichter: »Oh!
Ich wusste doch
es fehlt etwas.

Nie ist ein Text perfekt.«

Sie trug eine Hose
während dieses Gespräches.

Das sollte nicht
unerwähnt bleiben
Der Dichter aber

änderte dies.

Wir wissen nicht
wo & wann


Oh, Herbst des Lebens!

Oh, Herbst des Lebens
Warmes Licht der Dämmerung…..

Ja, kein Wunder!
Die Linse des Menschen vergilbt!
Pissgelb wird das Teil im Alter; und
wenn jeder seine eigene Sonne im Auge hat –
was ist dann noch Realität?

Ich kann mich nicht erinnern
an den kalten Blick der Jugend.
Die Täuschung der Gefühle.

Das trübe Ding
wurde mir herausgeschnitten,
(aus anderen Gründen, gewiß)
nun seh ich wieder klar.

Was ist denn das für’n Dreck
da in der Ecke?
Kunst im Auge
wird zur Wissenschaft

wie die Spinne zur Wollmaus.

Mit Blaulicht Richtung Tod,
oder wählen Sie eine Linse mit Filter.
Andrerseits: für mich ist kein Himmel
mehr grau!

Was ist nochmal Realität?
Im Kopf hab ich sie nicht.
Der Arzt, der mit dem Skalpell
auf mich zu kommt

und spricht: »Hören Sie’s auch?
Jemand ruft ganz leise:
›Ich bin ein Star,
holt mich hier raus!‹«

Hahaha, ein Witz,
den hoffentlich bald niemand mehr verstehen wird.
Ich bin sediert,

ein Glück! Legt ein Tuch über mein Gesicht,
steckt mir einen Schlauch in die Nase,
und dann los! Mt 5,29

Und schon sitzen wir am runden Tisch
beim Kaffee: alte Piraten,
die alles verschütten.

Jeder seine eigene Schatzinsel.

Pj. Jrtndz frd Örnrmd
Est,rd Öovjz frt F#,,rtimh—–
 
In der Vergangenheit werden wir

    nie mehr leben

In der Zukunft waren wir

    noch nie

Aber auch was noch nicht da ist
kann immer kleiner werden
wie ein nasser Fleck, der verdunstet

Verschüttete Zukunft

Schnell noch ein Blick
aus dem Fenster – – –
Bevor es zu spät

ist – wird – sein könnte –

Es sieht nach Schnee

Aus