Monatsarchiv: April 2014

Geisterbahn

Niemand
hätte den kleinen Jungen davon abhalten können
mit der Geisterbahn zu fahren

so schien es

Niemand
hätte ihm die Augen öffnen können

solange es dauerte

Mit fest verschlossenen Lidern
fuhr er durch die Geräusche & Gerüche
den inneren Blick aufgerissen
die Pupillen geweitet in Dunkelheit & Schrecken

Wie langsam doch die Zeit verging
im Innern!
In der Künstlichkeit
die er nicht sehen wollte

Einmal fuhr ihm ein Schleier durchs Gesicht
& er erschrak
ganz stumm

Und da lag ein Arm
auf seinen Schultern
schwer & lebendig

Weiter! Weiter! Durch die Finsternis
der geschlossenen Lider
Durch die Bilder
die aus der eigenen Tiefe kommen

Nichts
in der Rummelplatz=Welt konnte
so grausam erschreckend, anziehend & wichtig sein
wie die Geisterbahn

Weiter! Weiter! Auf dem vorbestimmten Weg
ruckelnd & krachend

Endlich
stieß das Gefährt gegen die Flügeltüren
drückte sie in die Außenwelt

Der Junge öffnete die Augen

Vorsichtig

Alles
war zu grell
als die Fahrt zu Ende ging

Und die Erwachsenen behaupteten, es sei
Alles
nur Pappmaché & Plastik
Alles
nur halb so schlimm

»Nochmal!« sagte ich.
Mein Vater lächelte. »Hattest du die Augen offen?«
»Nein.«
»Machst du sie auf, wenn wir nochmal fahren?«
»Ganz bestimmt – nicht.«
»Na schön«, sagte er. »Ein Mal noch.«


Abrechnung

Im Traum war ich
eine Summe
Ich erwachte
als Differenz

Damit hatte ich nicht gerechnet

Immerhin:
es gibt keinen Rest
bei Addition & Subtraktion

Keine Rechnung ist simpler

Vielleicht allein
die Abrechnung


In der Mitte des Zifferblatts

Du & ich
Zeiger einer analogen Uhr

Wir treffen & trennen uns bei
nahe überall

Nur in der Mitte des Zifferblatts
bleiben wir stets vereint

wo die Bewegung der Zeit
kaum zu sehen ist

während sie doch vergeht
wie alles andere

Dort sind sie verbunden
unsere Enden

und bleiben es
auch wenn die Uhr zum Stillstand kommt


Kurven

Er legte sich gerne in Kurven
als wäre er schnell unterwegs.

Am liebsten in die Kurven
der Geliebten
als wären sie der Weg.

Der Weg
zur Ruhe zu kommen.

Und das Ziel zugleich.

Sie kamen oft.

Kamen
zur Ruhe
zu sich
& zu
einander

ineinander

& lachten in den Lachen auf dem Laken.

Kalt waren die Lachen
& feucht.

Bevor sie trockneten.
Flecken der Erinnerung

die blieben
während sie gingen
die Geliebten

Und immer wieder
kam sie wieder.

Nur einmal nicht.
Und wer einmal nicht wiederkommt
kommt niemals wieder

denn einmal ist der Anfang
von niemals
wenn es ums Wieder geht

Er legte sich gerne in Kurven
als wäre er schnell unterwegs

Am liebsten in die Kurven
der Geliebten.

Und dann war sie
weg.


Spiegelung

»Diese großen dunklen Augen«, sagte sie,
tief hinein schauend
scheinbar tauchend.

Beinahe klang es – als
liebte sie mich

Ich fiel….

Tatsächlich
suchte sie nur
nach ihrer
Spiegelung

auf der Oberfläche

….darauf

herein

in die Tiefe

tauch
end


Die Halde am Rande des Wahnsinns

Nein!
Es ist kein Schwelgen
in Erinnerungen.
Es ist nichts
Besänftigendes.
Es ist ein Stochern
im Gedächtnis…..
In dieser Halde
am Rande des Abgrundes
wo die heißen Dämpfe der Verwesung
die Bilder flirren lassen
& Unbeachtetes plötzlich glitzert
im Müll.
Nein. Kein Schwelgen.
Nichts Gemütliches.
Nur Stochern
& Suchen
am Rand. Vielleicht sogar
am Rande
des Wahnsinns
Wer bin ich?
Wie bin ich
hierher gelangt?
Was macht mich

aus


Der Rettungsring

Mein Bruder glaubt bis heute
mich schwimmen gesehen zu haben
in unserer Kindheit.

Dabei
konnte ich nicht schwimmen.
Und kann es bis heute nicht.

Ich ließ mich bloß treiben
auf dem Meer.

In einem Rettungsring.
In Sichtweite der Erwachsenen.

Mein Bruder erinnert sich
falsch.

Er erinnert mich
an all die Anderen
die glauben zu wissen

wie
ich durchs Leben
gehe.


Vergleiche

Es ist gleich
gültig mit wem man
mich vergleicht –

mit
einem von mir
geliebten oder bewunderten Menschen
oder mit
Hitler

Es ist gleich
gültig womit man das
was ich tue oder erschaffe
vergleicht

Ich hasse alle Vergleiche
die sogleich das Gleiche finden
in gleichem Maße!

Der vergleichende Blick übersieht
so leicht
das Unvergleichliche

& zu selten wird unterschieden
zwischen dem Vergleich
(der nur eine Suche ist)
& der Gleichsetzung
(die das Unwesentliche gefunden hat).

Raub der Individualität.
Reduktion der Persönlichkeit.
Nivellierung & Ein
ordnung des Charakteristischen
in Tat & Werk…..

Ich hasse alle Vergleiche –

im Guten
wie im Schlechten

oder
Bösen.

 

Es sei denn
sie finden sogleich
den Unterschied

der
Ich
ist.


Eine große Liebesgeschichte

Eine mir unbekannte
Frauenstimme sagte:
»Ihr Anruf kann im Moment nicht entgegengenommen werden.«
Sie sagte es zu jemandem
im Hintergrund.
Es war das,
was sie gehört hatte
als sie mich anrief.
Das, was ich hörte
auf meinem Anrufbeantworter.
Worte, die sie weitergab, während die Aufzeichnung lief;
Worte einer automatisierten Ansage,
die von einer mir ebenfalls unbekannten Frau
gesprochen worden waren; von der Stimme
in meinem Anrufbeantworter.
Eine Rufnummer wurde nicht übertragen; die Anruferin
hatte es so eingestellt.
Alle Anrufer, die ihre Nummer unterdrücken,
erhalten jene Antwort – direkt & unvermittelt; ich
habe es so eingestellt.
3 Mal hatte sie versucht mich zu erreichen –
während ich schlief.
3 Mal hatte es nicht geklingelt –
aufgrund unserer Einstellungen.
Eine Nachricht wurde nicht hinterlassen.

Schade.
Es hätte
eine große Liebesgeschichte werden können.

Mit einem
Mord
am Ende.

Einem Mord aus Leidenschaft.

Mindestens.


Geträumte Rückfälle

Die Träume
in denen ich saufe
sind mir eine Hilfe

denn in ihnen bin ich maßlos

enttäuscht
von mir
& meiner Schwachheit

Geträumte Rückfälle

Doch dann: das Erwachen

Froh – & beinahe glücklich
Denn es gibt nicht viele Träume
in denen ich schwächer bin

als
in der Wirklichkeit

 

 

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Eine Frage wurde gestellt

Eine Frage wurde gestellt.
Eine Frau stellte sie mir.
Und ich gab Antwort.

»Sag – wie bist du damit fertig geworden?«

»Ich glaube einfach
nicht, dass es so bleiben wird.«

»Ich kann das nicht«, sagte sie. »Du
hast Glück.«

»Glück?« sagte ich. »Es ist nicht
wirklich Glück. Es ist bloß
Vorstellungskraft. Die Kraft der
Einbildung.«

2 Tage zuvor hatte ich ein Haar gefunden.
Ein langes blondes Haar zwischen meinen schwarzen Socken.
Auffälliger hätte es nicht sein können.
Es roch nach
Nichts.

Ich konnte es nicht
wegwerfen.

Glück – Vorstellungskraft – Kraft der Einbildung –
eigentlich war das doch Alles

das Gleiche.


Heraus gerissen

Es riss
mich aus dem Schlaf

wie eine Seite
aus dem Album der geträumten
Bilder

Es wird immer
dünner

& niemand
weiß wohin

die Seiten verschwinden

Es
ist
dieses

Bewusst
Sein


Spiegelkuss & Wolke mit Ei

Elektrisches Insekt
Spiegelkuss im Aufzug
Weißwankende Wolke
Buntes Ei auf Empfang

Zusammenhanglos oder lose zusammenhängend?

Ich hasse das Geräusch des Ventilators im Aufzug.
Nachts hallt es durch die Hotelhalle
wie das Gesumme eines stromgefütterten Insekts:
stechend, störend, nervend.
Es stört mich beim – nennen wir’s ‚Arbeiten’;
aber auch bei allerlei wichtigen Untätigkeiten.
Ich kann ihn ausschalten so oft ich will –
irgendein Mensch (vermute ich) schaltet ihn wieder ein.
Essummtessummtessummtessummt – also
gehe ich zum Lift, greife
nach dem Kippschalter…..
Jemand hat den Spiegel geküsst!
Den Spiegel im Aufzug.
Mit dunkel bemalten Lippen….
Der Abdruck des Kusses wandert über mein Abbild,
wenn ich mich bewege.
Ich hasse Lippenstift. Den Geschmack des Künstlichen.
Doch ich liebe
die Abdrücke – Lippenmalerei
auf Glas, auf Zigaretten, auf meiner Haut.
Die Linien; die Lücken; die Öffnungen.
Eine Erinnerung.
Die mich bewegt.
Wer hat den kalten Spiegel geküsst?
Ich weiß es nicht – & werde es nie erfahren.
Nur ihre Größe kann ich erahnen; die Höhe ihres Mundes;
die Fülle ihrer Lippen (natürlich: ich kann mich täuschen –
wie so oft; doch solange mir Wahrheit & Wirklichkeit nicht
dazwischenfunken, habe ich recht. Und niemand sonst.).
Kipp! Es wird ruhig. Der Schalter steht wieder oben.
Und ich setze mich hinter die Rezeption. Träume dem Kuss hinterher.
Einsam – selbstverliebt – übermütig – wie war sie gewesen?
Während der Fahrt durch die Nacht bitte nicht mit dem Nachtportier reden!
Aber keine Sau hält sich an die Regeln der Träumer.
Die Drehtür fächert eine alte Frau ins Hotel.
Die Frau wankt. Ihre Frisur: eine leuchtend-weiße Schäfchenwolke;
jederzeit könnte sie anfangen zu schneien.
»Gibt’s hier noch was zu trinken?«
»Nein«, sage ich.
»Dassissblöd«, sagt sie.
»Tja. Da ist noch die Minibar.«
»Nee – alleine trinken macht kein´ Spaß.«
(Wie wenig ihre Erscheinung & ihr Alter zu ihrer Trunkenheit passen,
denke ich – & weiß, dass dieser Gedanke unsinnig ist. Immerhin:
sie trinkt nicht allein.
Fast klang es wie eine Einladung. Doch
ich trinke nicht mehr. Und als ich noch trank, tat ich es allein.)
»Ich hab meine Zimmernummer vergessen, können se ma grade gucken?«
(Ob ich grade gucken kann? -)
»Ich vergesse meine auch immer, wenn ich zurück in den Knast muss«, sage ich.
Sie lacht. Rauh, besoffen.
Ihr Lippenstift ist grell.
Sie sagt mir ihren Namen; ich sage: »Drei Null Acht. Dritter Stock, rechts.«
»Dann nehm ich mir noch ein Ei.«
Und sie greift zu.
Erwähnte ich, dass es auf Ostern zugeht?
Also: es geht auf Ostern zu. Karwoche.
Ein grünes Nest steht auf dem Empfangstresen.
Bunte Eier, hartgesotten.
Sie nimmt sich das gelbe. Symbolträchtig.
Sagt »Gute Nacht« – & wankt zum Aufzug.
Ich sehe ihren bewölkten Hinterkopf.
Ob sie den Kuss sehen wird?
Sie dreht sich nochmal um…. »Zweiter Stock?«
»Nein, dritter.«
»Zwei Acht Null?«
»Nein – Drei! Null! Acht! Dritter Stock. Rechts.«
»Ah ja.«
Und sie verschwindet in der Kabine.
Allein. Mit ihrem Ei. Und dem geküssten Spiegel.
Es zieht sie hinan. Mit Ruckelgeräusch. Auch der Aufzug
ist nicht mehr der jüngste.
Sie könnte die Größe der Küssenden haben, und wenn sie
in den Spiegel schaut….

Nächtliche Gedanken. – Vielleicht war es
ein Transvestit, der seinen Abdruck hinterlassen hat?

Die nettesten Gespräche habe ich oftmals mit Transvestiten
mitten in der Nacht.
Ach ja – die Romantik!
Am frühen Morgen
wird die Putzfrau
kommen. Und manchmal
summt sie
beim Wischen.
Ich schwärme ein bisschen für sie –
& mag ihr Summen.
Doch mit dem Kuss
im Aufzug
wird es dann vorbei sein.
Und vermutlich hat die alte Frau
gerade jetzt – auf dem Weg nach oben –
den Ventilator eingeschaltet; und vielleicht
schneit es nun
auf ihre Schultern.


Wald der Verdrängungen

Durch den Wald der Verdrängungen
gehen wir
verlaufen wir
uns
im Vergehen
Das Leid pfeift ein Lied
in uns
um sich zu vergessen
Und immer tiefer wird der Wald
immer dichter sein
Bestand
Im Lichtlosen verstummten die Erinnerungen
Doch nichts ist tot
bis wir es sind
Herabgefallenes knistert & bricht
unter unsern Schritten
Und es riecht nach Blühen & Verwelken
nach Blättern die sich lösen
Unsere Wurzeln sind bloß
Fangarme
überirdische Tentakel
die Nichts halten
können
auf Dauer
Wind bewegt die schwachen Äste
mit Gewalt
Und wer glaubt
einen Weg gefunden zu haben
unterliegt
nur einer Täuschung
Wald der Verdrängungen
Wald der Märchen
die wir uns verschweigen
Und irgendwo liegt eine Lichtung
ein entblößter Fleck
glatt wie ein krankes Gehirn
ohne Windungen
Unbeschattet & friedlich
Dort
ruht das Vergessen
& wir
in ihm
Endlich
am Ende
Als wäre
Nichts
gewesen


Sehnsuche

 

Was sie gesucht hatten
im Unbestimmten
fanden sie an
einander

Doch das Gefundene
war nicht dazu bestimmt
die Suche zu
ersetzen

Die Sehnsuche
die erfindet was
nicht
gefunden werden kann

Nicht
wenn man sich
nicht (einander)
zufrieden

giebt


Zeit zu schweigen

…. wenn man fühlt
dass die Resonanz auf Worte
die Wahl der Worte beeinflusst.

 

Zeit zu schweigen

bis

man

sich

wieder

erhaben

fühlt


Je kürzer

Je kürzer bw


Gedicht, vielleicht

Es geht um
die Form
Um Gefühl & Gedanken
& Stil
Es geht um
Viel
Um Formgefühl
Es geht um
Leben & Tod
& Leichtigkeit
Um Liebe, vielleicht
Wenn
es geht


Kartoffelstaub & Tod

Der alte Mann war Stammgast
in diesem Hotel.
Und er erzählte dem Nachtportier,
der ich war, von
Norwegen & vom Tod.
Auf seinen Schuhen war
Kartoffelstaub. Der alte Mann wusste es
zu erklären, und ich hörte zu.
Dann lächelten wir.
Er tanzte gern.
Das war der Grund.
Und in dem Büro hinter dem Empfang
stand mein Essen.
Und da war keine Sättigungsbeilage
auf dem Teller; ob
wohl die Köchin mich mochte.
Manchmal
passt einfach Alles
zusammen.


Vergessene Wege

Oftmals konnte mein Vater sich nicht mehr erinnern
wie er von der Arbeit nach Hause gefahren war
als es auf das Ende zuging

Es war das End
stadium

Etwas fraß an seinem Gedächtnis

Angekommen
war er erschrocken darüber

Aber oft
würde er diese Strecke ohnehin nicht mehr fahren

Das
vergaß er nie

während er von seinem Vergessen erzählte

Er war 5 Jahre jünger
als ich
heute

Oftmals kann ich mich nicht mehr erinnern
wie ich von zuhause zur Arbeit gefahren bin

Ich bewege den Wagen wie in Trance
durch die Dunkelheit

Zu gut kenne ich diese Strecke
Zu oft bin ich sie gefahren
um darüber nachzudenken

Ich denke an
Alles Andere

Ich träume & habe keine Ahnung
in welchem Stadium ich bin

Manchmal weckt mich ein Tier
Dann bin ich erschrocken über meinen Leichtsinn

Doch das ändert nichts

Ich erzähle von meinem Erinnern

Irgendwann werden alle Wege vergessen sein
Und ich werde ankommen

wo Alle
am Ende
sein werden


Frühlingsgedicht

Sie kommen!
Aus ihren Bauten.
Gehen
in ihre Gärten.
Maschinengleich.
Und gleich werfen sie
ihre Maschinen an.
Betäubender Lärm,
der alles zerstört.
Doch sie, die Maschinenführer, sind längst schon betäubt;
und zerstört ihre Augen & Ohren.
Ruhe, Schönheit, Wildnis – weg damit!
»Ich habe nichts gegen Natur, aber
gepflegt musse sein.«

Stutzen, Zupfen, Fassonieren,
Saugen, Blasen,
Gleichmachen!
Alles auf Gutbürgerlich.
Buntgenormte Beete. In Grabesform.
Es wird gesprengt & belüftet
& Zeit vertrieben.
Bete & jäte!
Sauber & ordentlich.
Die Schmetterlinge können sich nur wundern.
Rattarattaratta!
Haltet die Triebe in Schach!
Was erlaubt sich das Laub?

Ich –
möchte der Schandfleck sein,
der die Umgebung entwertet – nach dem Urteil
dieser zivilisierten Gärtner, die ihre Gärten halten wie Sklaven;
der eine Same möchte ich sein, der einsam über ihre Zäune fliegt
& von dem alle Verunkrautung ausgeht.
Ungezügelte Natur,
wuchernd – & nach ihrem Maßstab: hässlich
& beängstigend.
Fesseln möchte ich die Maschinisten.
Mit blauen Bändern.
Ihre äußere Ordnung stören.
Verstören. Zerstören. – –
Aber – natürlich –
es würde nichts
helfen.
Denn: gewiss sind diese Gärten
ein Abbild ihrer Herren;
Abbild ihres Denkens.
Oder, im günstigsten Falle:
ein Zeichen von
Unterwerfung.
Ach ja – der Frühling!
Eine wahrhaft widerliche Jahreszeit
solange man
unter Menschen lebt.


Alles fertig

Über
All
Holz

Wände
aus Spanplatten

Giftige Dämpfe –
Formaldehyd
verflogen

& weggeatmet
von mir
im Laufe der Zeit

Ein Fertighaus aus den 60ern
Ein paar Jahre jünger
als ich

Das Holz arbeitet
während ich nur so daliege.

Und die Geräusche kommen
wenn die Temperatur sich ändert

Ich brauche nicht auf Holz zu klopfen
Es klopft in ihm
Als hätte es ein Herz
irgendwo

eingemauert oder lebendig begraben

Doch Glück ist unwahrscheinlich

Kupfervenen
die hoffentlich noch eine Weile durchhalten
werden

Und es knackt wie ein Gerippe
beim Tanzen

während ich
ganz still bin

Im Tiefkühlfach
die Fertiggerichte

Ich:
im Bett

Das Blech im Herd erschreckt mich
fast zu Tode
mit seinem Knall

In diesem Haus ist
einfach

Alles fertig!


Die Zahnpastaspritzer auf dem Spiegel

…. bilden ein Muster
das zufällig scheint

ohne es zu sein.

Und es bedeutet
Nichts.

Keine Religion.
Keine Leidenschaft.

Reine Physik.
Wissenschaft.
Notwendigkeit.

Unter den gegebenen Umständen
konnte sich kein anderes
bilden.

Mit etwas Liebe
könnte man Etwas hinein
interpretieren

in dieses Muster.

(Vor allem
wenn man es nicht selber verursacht hat.)

Doch das wäre
SCHON WIEDER
Kitsch!


Eine Beziehung wie Audrey Hepburn

Die Beziehung begann
wie die junge Audrey Hepburn.

Und endete
wie sie.

Als sie nicht mehr jung war.

Dazwischen:
ein zu kurzes Leben.

Was blieb
zurück?

Pfannkuchen aus dem Supermarkt,
die ich mir kaufe
seitdem Sie, die nicht
Audrey Hepburn war,
sie mir zum ersten Mal mitgebracht hatte;

fertig,
eingeschweisst.

Eine Fernsehserie,
die ich auswendig kenne –
weil Sie sie mir empfohlen hatte.

(Obwohl ich Serien hasse,
da sie Zwang bedeuten.)

Staub
auf ungeöffneten Schnapsflaschen.

Immerhin.

Und Das
was verschwiegen werden muss,
damit es bleibt.

Man darf sich nicht wundern.
Über das Ende.

Schließlich:

Dies ist die Welt,
in der Audrey Hepburn
an Krebs starb.

Aber etwas bleibt
unsterblich.


Nacht. Auf der Autobahn.

Bruchteil eines Augenblicks.
Nacht. Auf der Autobahn.

Alles
was mir zumeist
bewusster Gedanke ist

– mein Tod
das Nichts
die nicht vorhandene Ewigkeit –

wurde plötzlich & unvermittelt
zur unwissenden Empfindung.

Überwältigend.

Unmenschlich
& wortlos.

Ich selber
war ein Unmensch
für den Bruchteil eines Augenblicks.

Unbeschreiblicher Schrecken –
gewaltiger als der Nachthimmel,
der den ersten Blick des Kindes,
das ich gewesen war,

in das Grauen
des Daseins
riss.

Nur der Bruchteil
eines Moments.
Keine Sekunde.

Unbemerkt von
Allen. Außer mir.

Hätte es länger gedauert –
ich wäre, für mich,
kein Mensch mehr gewesen.

Und hätte nicht gewusst,
warum.

Denn alle Ängste
hätten verschwinden müssen.
Und mit ihnen
ihre Ursachen.

Wahnsinn –
der sich selbst verschlingt.

Nacht. Auf der Autobahn.


Parkplätze & Trennungslinien & unsichtbare Autos

Warum
nimmt dieser Idiot gleich 2 Parkplätze in Beschlag?

denkt der Suchende
als er den Wagen mitten auf der Trennungslinie erblickt.

Wütend
weil so der Platz für ihn nicht reicht.

Warum
nimmt dieser Idiot gleich 2 Parkplätze in Beschlag?

dachte der Suchende vor ihm
dessen Wagen jetzt so verkehrt dort steht.

Weniger wütend
weil ihm noch genügend Platz blieb
denn auf der anderen Seite war eine Lücke
frei geblieben.

Ich fahre
über einen Parkplatz.
Auf der Suche.

Und auch ich fluche
ohne nachzudenken.

Und nach mir
wird wieder jemand
wütend werden.

Weil er
nicht sehen kann
wer in der Zwischenzeit
weggefahren

sein
wird.


Nur eine Ente?

Die Bergente flog hinab
ins Tal.

Dort war sie nicht
zu unterscheiden
von den Talenten.

Nur sie allein
wusste, dass sie
anders war.

Und doch

nur eine Ente.