Sechs Stunden im Zug.
Ich fuhr nach München.
Ihr Freund war zur Kur, das Hotelzimmer
reserviert. 5 Nächte. Billig.
Tags gingen wir spazieren; sie
zeigte mir die Stadt, die sie verabscheute.
Abends schauten wir fern in ihrer (seiner) Wohnung.
Nachts im Hotel wurde gefickt.
Ich bezahlte sie. (Nie davor & nie danach
habe ich bezahlt, und für keine andere
hätte ich es getan.) Es ging um
ihr Gewissen; da ich sie bezahlte,
fiel es ihr leichter, ihren Freund
zu hintergehen. Menschliche Seele,
man kennt das: dieses Ding da, aus
dem man kaum schlau wird. Küssen
durfte ich sie nicht. Das war das Schlimmste.
Aber auch die Bezahlung war grausam
für mich. Am letzten Tag
hatte sie einen Termin. Jemand anderes
hatte ihr online Geld für Sex geboten; sie
langweilte sich, also wollte sie
etwas erleben. Ein bisschen Schwung
ins Leben bringen. Ich ging
in ein Museum, und sie zu dem Café,
wo sie alles besprechen wollten.
Eine Stunde später waren wir
wieder zusammen. »Und?«
fragte ich. – »Wird schon gehen«,
sagte sie. »Er hat mir gleich die Hand
aufs Bein gelegt. Das hasse ich. Außerdem
hat er eine hohe Stimme. Wie ein Mädchen.
Schrecklich. Zu jung isser auch,
nächste Woche treffen wir uns.«
Dieses Ding da, aus dem man kaum
schlau wird. Ich habe es auch.
Ein Schmerz im Herz, ein Puckern
im Schwanz. Ich weiß es doch auch nicht.
Es war alles so seltsam. Am nächsten Tag
saß ich wieder im Zug. Zum Abschied
durfte ich sie nicht einmal
auf die Wange küssen. Am Telefon
erzählte sie mir später alles
ganz genau. Die Therme, das Stundenhotel,
der Whirlpool… Und wieder:
Schmerz & Puckern.
Mehr als 5 Jahre
leben wir jetzt zusammen.
Kein Ende abzusehen.
Mehr Glück ist
dem Menschen nicht zugänglich.