Schlagwort-Archive: Philosophie
Vorbei die Zeit
da man nackt auf dem Sofa saß
& dachte: ‹bald wird es dafür zu kalt sein›
Ich zitiere mein Zittern
der vergangenen Jahre, sinngemäß
Furcht
lässt die Bäume erröten
und die Furchtsamsten entblättern sich
als erste
(Ich kenne Menschen
bei denen ist es ganz
ähnlich)
Es ist
als dächten die Bäume
wie Menschen
zeit
weise
viel
zu viel
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik, Natur, Philosophie, Vergänglichkeit, Zeit | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Wohin des Weges,
rasender Schmerz? Noch
früh genug
wirst du dort sein
wo niemand dich haben will.
Gemach, gemach!
Schau, die schöne Wiese —
wie’se im Sonnenglast grünt
& die ehemaligen
Raupen über Blüten flattern
Existierst du überhaupt
in ihrer Welt?
Ich weiß, du
hast es auch nicht leicht –
wer dich kennt,
hasst dich.
Setz dich, Schmerz,
von mir aus
auch neben mich
Aber nicht zu nah
Wir wollen beide
aus
ruhen
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Krankheit, Kultur, Lyrik, Philosophie, Schmerz, Tiere | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
»Ich weiß,
dass ich das Buch gelesen habe,
aber ich erinnere mich nicht
an seinen Inhalt.
Ich weiß,
wann, wo & unter welchen Umständen
ich es gelesen habe. Aber
ich erinnere mich nicht
an seinen Inhalt.
Ich weiß,
worum es geht, aber ich weiß nicht,
was passiert.
Es ist alles
zu lange her.«
»Wovon redest du?«
»Er kann dich nicht hören.
Er phantasiert.«
»Sicher?«
»Sicher. Es geht zu Ende
mit ihm.«
»Sicher, ich weiß,
dass ich es gelesen habe.
Aber was für einen Sinn hatte es,
das Buch zu lesen, wenn ich
mich an seinen Inhalt
nicht erinnern kann?«
»Du kannst es
wiederlesen.
Hörst du?«
»Er kann
dich nicht hören.«
»Ich könnte
es wiederlesen.«
»Siehst du? Er hat
mich gehört.«
»Aber nein,
das geht ja nicht.
Ich kann es nicht wiederlesen.
Es ist zu spät
dazu.«
»Hörst du? Wenn
du es gelesen hast,
wurde das Buch gelesen
von dir. Das
ist der Sinn. Du musst
dich nicht erinnern.«
»Ich erinnere mich,
dass ich es gelesen habe, aber
gerade jetzt weiß ich
nicht mal mehr,
ob ich es gut fand.
Ich -«
»Hörst du?«
»Lass ihn in Ruhe.
Merkst du nicht? – er
faselt nur noch.«
»Was für ein Buch
meint er überhaupt?«
»Keine Ahnung. Lass
ihn. Es ist gleich
vorbei.«
»Vorbei.«
»Vorbei?
Ja. — Vorbei.«
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Erinnerung, Krankheit, Kultur, Leben, Lyrik, Philosophie, Tod, Vergessen | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
I.
Eine Insel
Begabung zum Allein
Sein
Auf keiner Karte
Verzeichnet mit vor Kälte
Zitternden Händen
Ein Meer
Von Dis
Tanz & das Ich
Ein
Glücklicher
Nichtschwimmer
II.
Und der Nichtschwimmer erfreute sich
seiner Unfähigkeit zur Fort-Bewegung
ohne Hilfsmittel, und Hilfe
wollte er nicht.
III.
Unter
Gehen wie ein Gestirn. Er
Saufen willibald unterm wallenden
Gewölk ~ ~ ~
Frei! Tag
Für Tag! Kein Mensch mehr
Mehr Meer
Allein
Sein im Silberlicht
Der Reflexionen
Mit sich
Selbst auf einer Wellenlänge
Leben
Wie das Symptom einer Krankheit
Als Absonderung
Sekret
IV.
Geheimnis
Volle Insel
Auf keiner Karte
Verzeichnet ein
Blinder
Fleck in den Gezeiten
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Einsamkeit, Kultur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Meer muss man
nicht sagen um sich
seiner Existenz zu versichern
da man am Strand liegt
& es in den Ohren rauscht wie
in einer verlassenen
Muschel die Geliebte
neben sich bäuchlings
& nackt auf einem Tuch
ein sandbestäubter Po im Blick
Feld mit Tropfen in denen
die Sonne scheint
Schweigen
gesalzener Wind auf Schleim
häuten die Wellen
vernichten die letzten Spuren
der Vorübergegangenen
die einen Blick riskierten
weil sie nichts zu verlieren hatten
Sandbestäubt, Tropfen
in denen die Sonne scheint
Berauschtes Schweigen
Nur in bewohnten Muscheln ist es
still
Möwen ahnen
nicht dass sie in Büchern stehen
in Wirklichkeit fliegen sie
Wirklich wie wir
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Erotik, Kultur, Liebe, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Erotik/Sex (eine Auswahl), Gedichte/Texte
Ich kann ja kaum noch
riechen (beinahe hätte ich er
läuternd hinzugefügt: meine Nebenhöhlen sind
im Arsch – aber ein derartiges Wunder bin ich
denn doch nicht) – also
ich kann kaum noch riechen,
aber stinken kann ich noch.
Manches bleibt einem – immer
hin. Wird stärker so
gar. Mit den Jahren. Immer
hin. Mit den Augen aller
dings sieht es nicht
so gut
aus. Mehr
oder weniger sehe ich
weniger & mehr.
Lichter, die nicht da sind,
Gesichter, die verschwimmen.
Tanz der 7 Schleier in schillerndem
Regen. Schauderliche Verdoppelung, Nebelwolken & Heiligen
scheine. Kaum wieder
zu erkennen, diese Welt.
Aber gesehen werden kann ich
noch. Doller
Trost! Ein Fest für die Sinne
anderer. Übrigens –
was da pfeift, ist
nicht der graue Star. Vielleicht
der kleine Mann im bewaldeten Gehör
gang, das Kind, das Angst zur Melodie
macht? Kaum eine Bewegung
bleibt,
die keine Geräusche kreiert wie der seufz
ende Nacht
geist; schon jetzt
ein klipperndes, ein klapperndes Skelett.
Früh übt sich – das heißt
so früh nun auch wieder nicht.
Es ist viertel vor
Nichts. Oder später.
Also lieber nicht
das gichtige Gerippe
bewegen. Bewegung be
kommt man als Asche
noch genug.
Ich weigere mich
zu verwesen! Solange ich lebe
kann ich es allerdings nicht
verhindern. Jedoch
ich rieche nichts. Bei
nahe nichts.
Das Gruseligste aber, liebe Leichen
Gemeinde, kommt
zum Schluss – man stelle sich
vor: mir ist die Freude
ja selbst die
Lust noch immer nicht
Vergangenheit.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Krankheit, Kultur, Leben, Lyrik, Philosophie, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Unterm Sofa liegt Sägemehl
Als hätte sich etwas bewegt
Ich war’s
nicht Haben die Termiten geschnarcht
Oder ich Hatte jemand
Sex auf dem Sofa
Ist es die Asche
meines Großvaters in dessen
Wohnung es stand als ich
jung war Ich
könnte den Kopf schütteln
Zur Not sogar meinen
Aber wer weiß, was
dabei heraus käme
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Erinnerung, Kultur, Lyrik, Philosophie, Vergänglichkeit | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Wie banal
einem plötzlich alles erscheint
wenn man aus gewissen Büchern
wieder
auf
blickt
Sogar
wenn Banalität das Thema war
Im Vergleich siegt immer die Kunst
Doch manchmal
legt sich der Glanz der Kunst
auf die Banalität des Alltags
ein schwacher Reflex der Reflexionen
Das Andere Licht
in dem man etwas plötzlich sieht
wenn man aus gewissen Büchern
wieder
auf
blickt
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Alltag, Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Man sollte das Gelb
Aus ihren Nadeln
& Blättern ziehen
Dann ständen die Bäume
Blau in der Gegend herum
Das wäre verstörend
& schön
Schön verstörend
Verstörend schön
Und Mondrian könnte wieder
Aus irgendeinem Fenster schauen
Als wäre er nicht …
Wäre er nicht längst
Tot.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Kunst, Lyrik, Malerei, Philosophie, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Auf seinem Grab
Stein hatte man
Sich verschrieben, ach
Wäre es doch nicht bemerkt worden!
Dann würde er vielleicht
Noch leben, denn er wäre ja
Nicht der, der auf dem Grabstein stand.
Er unterläge einem falschen
Namen. Schall & Rauch
In Stein gemeißelt, am Anfang
War das Wort, am Ende
Aber auch. Leben. Ein Fehler.
Jemand
Hatte sich verschrieben
Dem Leben.
Bis zum Schluss.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Leben, Lyrik, Philosophie, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Es war eine Ehe
Frau Max Frischs, die sagte:
Ich habe nicht mit dir gelebt
als literarisches Material,
ich verbiete es,
dass du über mich schreibst.
Sie sagte es
zu ihm. Woher
ich das weiß?
Er hat es in einem Buch verwertet,
darüber geschrieben, wie
es seine Aufgabe war.
Montauk.
Da steht es –
gesperrt & abgesetzt
in Majuskeln.
Wie naiv kann man eigentlich sein?
Werte Dame, DAS WERK KOMMT
AN ERSTER STELLE !
Zumindest bei einem Autor,
der diese Bezeichnung verdient.
HEIRATEN SIE EINEN KLEMPNER,
WENN SIE DAMIT NICHT KLARKOMMEN !
Schriftstellerfrauen – auch so’n Thema…..
Bei der Durchdringung der Wirklichkeit
gibt es keine Sperrgebiete.
Keine Tabus, keine Rücksichten.
Die ernstzunehmende Literatur ist kein Ponyhof.
Sie ist ein Schlachthaus. Aus.
Hier hören die Nettigkeiten auf,
die man sich im Leben erlauben soll.
Ich verbiete es….
Die Ingeborg hätte so einen Schwachsinn nicht gesagt.
Und Nora Joyce hatte keine Ahnung
mit wem sie da zusammenlebte.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
»Nicht«, sagte sie,
»dass du wieder’n Gichtanfall bekommst.«
Der Steppenwolf blitzte durch
meine Erinnerung, Harry Hallers Pulver.
»Nein«. sagte ich, »nicht
in der Hand.« Po
dagra war’s; ja, wenn man auf Schmerz stünde……
Ihr kleiner, fester Arsch war rot
wies Käppchen im Märchen,
und ein wenig brannte mir die Hand
nun doch. »Fest
er!« hatte sie gesagt. Ihr Befehl
war mir Wunsch gewesen.
Sie hielt sich die Ohren zu,
weil unsere Häute so lärmten.
Heute fragt man mich nicht mehr:
»Heißen Sie wirklich Wolf? Nur Wolf?
Oder doch Wolfgang?« Die ewigen Fragen
meiner Jugend. Und die ebenso ewigen Antworten:
»Ja – nee – den Gang können Sie sich sparen.«
Ich sitze ja auch am liebsten aufm Sofa; das
schont die Gelenke. Ob sich meine
Großeltern träumen ließen, was später einmal
auf ihrer geblümten Couch…… Die Tapeten
verliehen den Schlägen ein farbiges Echo;
kaum wahrnehmbar, aber vorhanden.
Großmutter, warum hast du so große
Organe? Ha. Ha. Schade,
dass ich keinen Kuchen mehr essen darf;
den Wein habe ich freiwillig aufgegeben
(frei willig? – je nun, dies ist nicht der Augenblick
für Philosophie, noch Religion). Applaus!
aufs Gebäck. Auch ein Wolf
will mal ins Bett – & sich’s gemütlich machen;
da muss die alte Frau halt
weichen. Bevor das Mädel an die Türe klopft.
»Woran denkst du?« fragte sie (da wir
schon bei den ewigen Fragen waren).
»Ich denke nie«, sagte ich, »auch das
hat mir der Arzt verboten.« Welche
Tonhöhe hat wohl so’n Po
klatscher? Kann man
das notieren? – Aber auch
das Absolute Gehör soll ja ein Märchen sein.
Märchen all
enthalben. Aus dem Reich der Erfindungen.
Harry tanzt….. Wer’s glaubt.
Ich humple. Zu
weilen. In grauer
Vorzeit war ich Schlagzeuger gewesen;
daher wahrscheinlich mein Hang
zu perkussiver Erotik. Und
die Einsamkeit des Wolfes
zog ihn zu den Geißlein.
Liebe auf An
hieb. Mozart
lachte
laut
los.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Erotik, Kindheit, Krankheit, Kultur, Lyrik, Märchen, Musik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Erotik/Sex (eine Auswahl), Gedichte/Texte
Dass ich es so spät bemerkt habe
Verwundert mich
Noch heute
Dass die Sterne die ich als Kind gesehen
Unsichtbar geworden waren
Fiel mir lange nicht auf
So oft hatte ich abends
In den Himmel geschaut
Die Städte müssen dunkel gewesen sein
Ich wusste es nicht
Dass sie dunkel waren
Ahnte nicht dass sie heller werden würden
So viele Sterne sah ich als Kind
Eines Tages schaute ich nach oben
War erwachsen und alles schwarz über mir
Das waren die Menschen
Das war der Fortschritt
Das war der Verlust des Funkelns
Ich hätte es früher bemerken
Den Augenblick des Verlustes
Wahrnehmen müssen
Aber so ist der Mensch nicht
Er sieht den Mond
Er sieht die Venus
Was verloren gegangen ist
Bemerkt er
Zu spät
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Astronomie, Kindheit, Kultur, Lyrik, Philosophie, Verlust | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Ich erinnere mich
Niemand kannte den Mann
Manche glaubten es
trotzdem
Er schrieb
Er schreibe
Unvergessliche Gedichte
behauptete er
War das zu glauben?
Er lächelte
»Nichts« sagte er
»hebe ich auf
Alles
werfe ich weg
so
fort«
So war
es wahr
Seine Gedichte waren unvergesslich
weil niemand sie kannte
& er sich erinnerte
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Erinnerung, Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie, Vergessen | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Man stand
in einer Galerie kann
auch eine Bibliothek
gewesen sein
Oder ein Kino aber da hätte man
wohl eher gesessen
Egal, ein Museum
vielleicht Jemand
Sagte: »Das könnte
ich auch.« Ich
widerspreche gern
Also sagte ich:
»Nein.« »Was nein?« »Das
könntest du nicht.« »Aber
es ist so simpel.« Ich
sagte: »Und doch
ist es zu spät. Du
könntest nachmachen
sonst nichts.«
»Aber etwas in der
Art.« »Die
Art gibt es
schon«, sagte ich.
Jemand sagte: »Alles
ist
schon mal dagewesen.«
»Ich erinnere mich«
sagte ich, »nicht
schon mal da
gewesen zu sein.«
»Jetzt wird’s
albern.« »Albern
ist es zu glauben
man könnte etwas auch
was schon da ist.
Es sind immer die simpelsten
Geister, die das Schwierige
an der falschen Stelle
suchen.«
»Also«, sagte jemand
»ich finde« »Richtig«,
sagte ich, »man muss
finden. Das ist
der Anfang.«
Dann kommt
Der Stil von selbst
Wo waren wir
Stehen geblieben
Und wie spät war es
Überhaupt in einer Galerie kann
Auch eine Bibliothek gewesen
Sein oder ein Kino
Ein Museum
Vielleicht auf jeden Fall
Zu spät
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kino, Kultur, Kunst, Literatur, Lyrik, Musik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Sie sind da
Ich weiß es
Denn Sie lesen
Dies
Diejenigen
Die dies nicht lesen
Sind vielleicht
Gar nicht da
Wo ich bin
Während Sie dies lesen
Weiß ich nicht
Vielleicht nicht mehr da
Sie sind da
Ich weiß es
Seien Sie
Sich dessen bewusst
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Existenz, Kultur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Becketts Mutter hatte einen Esel.
Das war nicht ihr Mann.
Ihr Mann las meistens
Edgar Wallace. Er angelte
Makrelen mit seinem Sohn.
Der spielte 4händig Klavier. Aber
nicht alleine. Eine Hälfte der 4 Hände
gehörte seinem Bruder
Frank. Sam spielte gut Tennis. Aber niemals
gegen Nabokov, der auch gut spielte. Vermutlich
weil sie sich nie begegneten
spielten sie niemals
gegeneinander. Sie waren gleichzeitig
in Paris. 1927
fuhr Beckett nach Florenz. Da wurde
meine Mutter geboren. Nicht in Florenz,
sondern in Clausthal-Zellerfeld, aber
1927.
Ich öffne eine Dose
Makrelen. Schaue auf
die Uhr. Es ist 90 Jahre
später. Ich fahre
den Rechner hoch. Der Rechner
hängt sich auf. Ein Fehler
im BIOS. Vermutlich.
Steuerung
Alt
Entfernen.
Reboot. Yes. Alle
sind
tot. Die Makrelen,
Beckett & seine Verwandtschaft,
Nabokov & meine Mutter,
Edgar Wallace & der Esel.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Vladimir Nabokov schrieb an seine Frau, Véra:
Weißt Du, als Natascha Wanja schlafen legte und mit einer großen
Sicherheitsnadel seine Kleidung an ihm feststeckte, hat sie ihm
durch die Haut gestochen und es nicht gemerkt, aber er
schrie natürlich, und endlich stutzte sie, betrachtete ihn genau,
und da sah sie, dass sein Bäuchlein säuberlich mit der Nadel
durchstochen und festgesteckt war.
Ich zuckte
zusammen – 85 Jahre
später – mein Gesicht
beinahe schmerz
verzerrt Alle
sind tot Vielleicht
lebt Wanja noch? Möglich
Was ist
schon Zeit
im Hinblick auf
Empfindungen?
Selbst – eine Empfindung
‹Schmerz vergeht
mit der Zeit›
Doch Worte rufen ihn
hervor über die Zeiten
hinweg in einer anderen
Dimension Nur eine Vorstellung
die wehtut
Ohne Verletzung Ohne
Blut Verbunden
über alle Gegenwarten
hinweg mit den Empfindungen
von Fremden (die nicht einmal existiert haben
müssen ….)
Ich stehe auf
vom Schreibtisch
gehe in die Küche
um mir einen weiteren Nescafé zu machen
Ein Stein
piekst meine Fußsohle
Kochendes Wasser spritzt auf meine Hand …..
(oder lüge ich
vielleicht?)
Hey, Sie da – im Jahre 2102 !
Können Sie es fühlen?
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Phantasie, Philosophie, Schmerz, Vorstellung | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Über mir bewegte sich
ein dicker, haariger Arsch.
Neben mir stand
ein Penis in Wartestellung.
Am Fußende bückte sich
ein alter Transvestit
& streichelte mir die Eier
während meine Geliebte auf mir ritt.
In ihrem Mund zuckte
der nicht ganz so dicke Schwanz, der
zu dem dicken Arsch gehörte.
Speichel troff auf meinen Oberkörper.
Zuschauer schauten zu. Hinter uns
stöhnte eine Frau,
die auf einem anderen Bett gefickt wurde;
ich konnte sie nicht sehen,
aber es klatschte
unmissverständlich……
Es klingt
wie erfunden.
Zuviel Sexus, zuviel Erections,
Ejaculations, Exhibitions, And General Tales
of Ordinary Madness. Mit einem Hauch
Les Particules élémentaires.
Erinnerung ist Literatur.
Von der man nicht weiß,
wer sie verfasst hat.
War
das ich?
War das wirklich
mein Erlebnis?
Schmutz, Schund & Hohe Kunst,
ein bisschen Philosophie und
hin & wieder ein Bestseller.
Hauptsache,
die Unterlagen sind abwaschbar.
Ich schaute nach oben.
Der Mond ist aufgegangen … O
heiliges Decamerone & Satyricon!
Wenigstens trägt er ein Kondom …
hoffentlich mit Kirschgeschmack …
sie mag doch Kirschen …
Was für ein Arsch!
Irgendwann saß man wieder
an der Bar. Vor dem
bunten Cocktailglas –
& sollte smalltalken. Alkohol
frei war der Cocktail; schließlich
war man trocken. Seit Jahren. Weggesperrt
die Sucht. Eine Frau
schob ihr
Kleid aus Kunst
Leder hoch & zeigte uns ihren Intimschmuck;
sie zog daran, bis mir die Schamlippen wehtaten,
die ich nicht mal habe. Ihr Mann (ich
denke, das war er) starrte
auf die Beine meiner Freundin. Kein Rock
war kürzer als ihrer. Sie sog
am Strohhalm. Rechts von mir
wollte einer ein Gespräch anknüpfen.
Ich wendete mich ab.
»Das war ganz schön
unhöflich«, sagte sie später.
»Ich war doch nicht zum Reden dort«,
sagte ich. 120 Tage später.
Es können auch Minuten gewesen
sein. In der Umkleide
kleidete der Transvestit sich um.
Sein Gesicht erinnerte mich
an einen Altrocker aus der DDR.
Der Rock rutschte zu Boden,
keiner war kürzer als ihrer,
sie zog die
Alltagshose an.
Einer von den Puhdys hat mir das Skrotum gekrault,
dachte ich.
Erfahrung, die klingt
wie Erfindung, findet man
interessant
& zweifelhaft. Zu schön
um wahr zu sein.
Zu wahr
um schön zu sein?
Ist so
das Leben?
Die Wirklichkeit
ist meistens zu schnell
& das Leben noch schneller
vorbei
Als wir gingen
sagte die Geliebte »Tschüss«
zu dem geschminkten Herrn
mit den zärtlichen Fingern. Ich sagte
nichts. Wirklich, es ist
wahr: sie ist einfach
höflicher als ich.
Netter sowieso.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Erotik, Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie, Sex, Swingerclub | Veröffentlicht inAlles, Erotik/Sex (eine Auswahl), Gedichte/Texte
Die Lehrbücher der Mathematik
bestehen aus vielen Wörtern.
Ein Taubstummer hatte diesen Satz
in den Sandkasten eines Spielplatzes
geschrieben. Mit einem Stock. Oder
seinem Penis. Wer
weiß. Man muss mit Allem
rechnen. Ein blindes Kind
spielte im Sand. Mit bunten Förmchen.
Längst war der Verfasser
gegangen. Die Buchstaben
verschwinden auf einer Schaufel
aus
Plastik. Schnodder
schaukelt an der Nase des Kindes,
und da es glaubt
glücklich
zu sein,
ist es
glücklich.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Niemand ist ich
Außer mir
Nicht einmal
Die sind
Wie ich
Können ich sein
Was ich kann
Oder nicht kann
Kann nur ich
So wie ich
Es kann
Oder nicht kann
Meinen Schmerz
Meine Freude
Empfinde nur ich
So wie ich
So ähnlich kann mir niemand sein
Dass er es könnte
Wenn ich versage
Versage ich einzigartig
Wer’s mir nachmacht
Macht es anders
Ich muss nichts können
Denn ich bin da
Ganz da
Ganz hier
Ganz ich
Gäbe es einen Sinn
Zu existieren
Dies wäre er
Niemand ist du
Nur du
Die sind
Wie du
Sind es nicht
Was wäre die Welt ohne dich
Sie wäre völlig anders
Selbst wenn es niemand merkte
Außer mir (vielleicht)
Mehr soll man sich nicht wünschen
Nur ich sein Du sein
Hier & Da
Sein
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Beziehung, Kultur, Liebe, Lyrik, Philosophie, Sinn | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Das hat die Natur gut
eingerichtet, dass man sich
immer wieder freut –
über geleerte Mülltonnen,
geschnittene Fußnägel,
gespültes Geschirr,
saubere Bettwäsche,
Ordnung….
Eigentlich müsste man
ja verzweifeln. Wahn
sinnig werden
müsste man. Wegen Allem,
was wächst. Allem,
was lebt, Allem, was nicht lebt.
Wegen Allem
halt. Oder
fast Allem. Na ja,
in 14 Tagen kommt schon wieder
die Müllabfuhr! Schön.
Das ist noch ziemlich
lange hin … Also wirklich,
das hat die Natur verdammt
gut eingerichtet –
das mit der Blödheit ….
Das mit der Blödheit, aus
der man
eine Philosophie machen
kann. Eine
nette
kleine
Philosophie.
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik, Philosophie, Verzweiflung | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Das letzte Gedicht
vor dem Tod
des Dichters.
Der Leser weiß es
(zumindest kann er es wissen),
mancher Dichter wird es fühlen
(vielleicht kann auch er es wissen).
Schon nicht mehr ganz da,
mit dem Geist schon
halb in der Kiste.
Noch nicht
ganz da
schon nicht
mehr hier
Es könnte das beste Gedicht sein,
es könnte das schlechteste Gedicht sein;
oder einfach
gar nichts
Besonderes.
Man weiß nicht,
welche dieser Möglichkeiten
die schlimmste Tatsache wäre.
Abgesehen vom Tod
natürlich. Wobei aller
dings der Tod
keine Möglichkeit ist –
außer für den Selbstmörder.
Ansonsten
ist er bloß eine Gewissheit.
Wahrlich nichts Besonderes.
Das letzte Gedicht
vor dem Tod
des Lesers.
Der Leser
kann es fühlen.
Der Dichter
weiß nichts.
Es sollte besser
nicht zu gut sein,
um den Abschied nicht
unnötig zu erschweren.
Lieber
nichts Besonderes.
Der letzte Dichter
vor dem Tod
des Gedichts.
Es geht
um letzte Dinge.
Zerfall der Gedanken
Zerfall der Welt
Zerfall der Gedankenwelt
Und jeder Tod ist
ein Buch, das sich selber zuschlägt,
und keine Kraft kann
es mehr öffnen.
Welche Seite war
die letzte, die man sah?
War es die letzte?
Und was stand da?
Ein Gedicht?
Unwahr
Scheinlich
Aber
möglich. Vielleicht
das letzte vom letzten
Menschen
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie, Tod | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
Ihr Blick schweifte
durch die Räume. Ich
schweifte auch,
aber das gehört nicht
hierher. Sie sagte: »Es hängen
gar keine Familienfotos
an deinen Wänden. Nur
fremde Männer.« »Ja«, sagte
ich, »und manche
tragen sogar Perücken.«
»Wer ist das da?«
»Lichtenberg.«
»Und der da? Der guckt böse –
wie so’n Triebtäter.«
»Céline. Der trägt aber keine
Perücke.« Ich
nannte die Namen, erläuterte
Nichts.
Ein Mann im Ohrensessel mit dicken
Brillengläsern & Lupe …
ein Mann in Türrahmen & Trenchcoat …
Ein Mann mit Pudel
& Einer mit Riesenbleistift
im Quermaul ….
Familie , dachte ich,
es hängt nichts
an meinen Wänden,
das ich hinter mir
gelassen habe.
Dann schaute sie
über meine Schulter.
»Der sieht ja aus
wie du!«
»Danke«, sagte ich.
»Es heißt, seine Mutter
habe überall herum
erzählt, ihr Sohn sehe
so scheußlich aus, dass er
sich kaum aus dem Haus wage.«
»Mütter!« sagte sie
& fragte nach seinem Namen.
Ich nannte ihn
ihr. Mein Blick schweifte
ab – als wäre er
ein Gedanke. Ich
sagte: Ȇbrigens verlasse ich
auch nur ungern das Haus.
Ich hänge
an meinen Wänden.«
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Literatur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
lo bueno, si breve, dos vezes bueno
(Das Gute, wenn kurz, ist doppelt gut.)
Da sitzt man
auf dem Marktplatz
in der Sonne
Eine junge Frau
geht vorbei
Man
betrachtet ihr Kleid
leicht & schön
Das Leben
ist gut
in diesem Augenblick
Und innerlich
nickt man
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Erotik, Kultur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Erotik/Sex (eine Auswahl), Gedichte/Texte
Man stelle sich
Vor, man nähme
(auch noch)
Vernunft an!
Während man ohne
Hin schon zu
Viel mit sich
Herum
Schleppt. –
All
Diese Lasten….
Das Leben
Zum Beispiel.
Man stelle
SICHDASMALVOR!
Man bräche
Womöglich zusammen.
Wie blöd
Wäre das denn!
Hinterlasse einen Kommentar | Schlagwörter: Kultur, Lyrik, Philosophie | Veröffentlicht inAlles, Gedichte/Texte
I.
Neben mir saß
Einer. Geschwätzig
Wie so’n 800Seiten-Bestseller.
Ich ließ ihn
Zum Geräusch werden.
Schaute in die Richtung
Der Stille. Wie wunderschön
& klug plötzlich
Die Abwesenden waren. Niemand
Leerte meine Augen
Durch seinen Anblick. Keiner
Verklumpte mein Gehirn
Mit seinen Ansichten.
Man muss es verstehen
Zu verachten. Sonst
Fressen einen die Menschen auf
Mit ihren Nichtigkeiten. Oder,
Schlimmer, höhlen einen
Aus mit ihrer Mittelmäßigkeit.
II.
Irgendwo anders war ein Satz
Gefallen. Wie von
Ungefähr: »Wer aus Büchern
Lernt, der hat auch genug
Zu essen.« Der also
Hatte nichts
Wesentliches gelernt. Weder
Aus Büchern, noch
Vom Leben. Wusste
Nichts von Relevanz,
Nichts,
Was über seine kleine vollgefressene
Welt hinaus
Reichte. Alles
Hatte einen Zweck
In seiner Welt.
Plötzlich hatte ich Lust
Zu verhungern.
III.
Jemand sprach
Ein Lob
Aus.
Es ging
Um irgend etwas
Das 1 meiner vergangenen Ichs
Einst geschrieben hatte.
Es fiel
Das furchtbare Wort:
»Schön«. – Ich sagte: »Wie spät
War es, als Sie anfingen
Von dem Thema Literatur etwas zu verstehen?«
Darauf wusste man nichts
Zu antworten. Ja,
KEIN WUNDER!
IV.
Ein beliebter Refrain
Lautet: Das war vor meiner Zeit.
NATÜRLICH! Das Meiste
Wird stets vor der eigenen Geburt passiert sein.
Aber man macht ja gerne mal
Die Naturgesetze
Für die eigenen Defizite verantwortlich.
Und dann schauen sie
Aus ihrem schmalen Zeitfenster
In die Welt –
Und Alles ist
Dunkel. Selbst
Im Licht.
Und was danach kommt –
Wer weiß. Ob
Die Menschheit den Tod des Einzelnen überlebt,
Kann der Sterbende nicht wissen…..
V.
»Sie sagen ja
Gar nichts.«
»Ja«, sagte ich.
VERDAMMT! Das Leben
Ist doch kein Unterhaltungsroman.
VI.
Ein Gang
Durch einsame Abendland
Schaft. Die Sonne
Steht tief. Karl
Kraus kannte das. Zu denken
Dass dies dieselbe Sonne ist,
Die damals schon tief stand –
& wie oft aufgegangen ist
Seither? Blendung. Mein Schatten
Berührt Bäume. Ich
Begegne keinem Menschen.
VII.
Die Sonne scheint
Auf einen Zaun.
Der Zaun wirft
Seinen Schatten
Ins Gelände
Das er begrenzt.
Der Zaun bewegt
Sich mit
Der Erde.
Die Sonne wandert
Nicht. Anders
Als ihr Licht
& der Schatten
Des Zaunes.
Dann
Ist der Schatten
Auf der anderen Seite. Schein
Bar befreit. Mit der Zeit. Langsam
Wird es dunkel. Wie
Ein hermetisches Gedicht.
Zäune stehen im Freien.
Warum ist das
Kein Widerspruch?
VIII.
So.
Und nu
ersma
Schnitzel
Wiener
Art mit Pommes!
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In der unermesslichen Bibliothek
der Lebensläufe
brennt ein Feuer
: das Vergessen
Egal
ob wertvoll
gebunden
in Leder oder Leinen
ob lose Blätter
oder
billig geklebt
in Pappe
Leserlich/Unleserlich
Es lodern die Erinnerungen
an das Leben
bevor sie verschwinden
Warmes Licht
wie bei einem Sonnen
Untergang
Ein bisschen Rauch & Gestank
Jahrtausende verfliegen
im Funkenflug
& Nichts
bleibt als Asche
Die Vergangenen
bewahren
Nichts
von ihrer Gegenwart
Nur manche
retten sich
in ein Buch
als wäre das eine Rettung & nicht
bloß eine sinnlose Flucht
Als hätten sie Hoffnung
auf eine ferne
Zukunft
Und da stehen sie dann
In den letzten verwitterten Regalen
Erinnerungen & Gedanken
Langsam zerfallend
Und in der Tat
Sie werden nicht vergessen
Sein
denn da wird
Niemand
mehr sein
der vergessen
könnte.
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Gefangen im Leben
Gefangen in der Welt
Die Zellteilung der Gefangenen:
das Zusammen
Sein
Geteiltes Leben
Geteilte Welt
Liebe
Vermehrung
sonst
Nichts
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Sobald jemand die Schiebetür öffnete
(vielleicht 1 Meter rechts von mir, sie führte
zu Raucherbereich & Klo), waberte
der Geruch von Scheisse über meinen Teller.
Leber, Püree, Zwiebel- & Apfelringe. Dieses Gericht
meiner Kindheit, angepriesen auf einer Schiefertafel vorm Haus,
war der einzige Grund gewesen, die vielleicht
deprimierenste Gaststätte von Celle zu betreten.
Man schrieb das Jahr 2017. Aber wohin
schrieb man es?
Ich schrieb es
nicht. Nirgendwo hin.Warum
auch? Die Musik
aus den 1980er Jahren war hier noch
das Neueste. Der Nichtraucherbereich
war schmaler als ein Eisenbahnwagon; kürzer
sowieso. Nur nicht so beweglich. Alles war eng:
der Raum, die Gedanken, die Kellnerin –
nein, halt, die
Kellnerin kannte ich nicht, obwohl sie mich
duzte. Aber die duzte einfach alle. Also war es,
als ob ich zu Allen gehörte. Dabei kam ich
mir gar nicht so vor. Hinter meinem Rücken
wurde Bayrisch gesprochen, mithin lauter als erlaubt
sein sollte (warum durften die
eigentlich nach Niedersachsen?). Ich hörte
nicht zu, aber die hörten auch nicht auf. Dann
wurde es ganz finster: gegenüber
faselte eine Frau über Literarisches. Sie
gehörte zu einer Gruppe weißer Frisuren, die
mit dem Bus angereist war (wehe
wenn sie losgelassen); man erfährt
meist zu viel über die Leute (beinahe
hätte ich Menschen getippt). Es ging
um Flaubert; so viel verstand ich
noch. Ansonsten fehlte mir
jegliches Verständnis. Warum
meinen so Viele, ihre Meinung sei
mitteilenswert? Von irgendeiner Relevanz? Besonders
jene, deren Meinung nicht auf
Kenntnissen beruht, sondern auf
Gefühlen (mit langem ü)
& Geschmack (mit kurzem a) –
`s ist einfach
fürchterbar! Das ist der Mensch
in seinem Wahn. Schlimm
war auch, dass es nur 2 Apfelringe auf meinem Teller gab
& Spandau Balletts »Gold« aus den Lautsprechern sickerte.
Da kam mir fast die Leber hoch.
Die geschnetzelt war. Anders
als in meiner Kindheit; da waren
nur die Nieren geschnetzelt gewesen. Die Frau
redete weiter. Ein schlichtes Herz. Ach,
wäre sie doch nach draußen gegangen,
um mit ihren Fingernägeln über die Schiefertafel zu kratzen.
Ich dachte an die Schadstoffe
in den inneren Organen einer Kuh. Ich wünschte
ihr, sie wäre mit Céline verheiratet gewesen. Also,
die Frau, nicht die Kuh. „Mit Louis
unterhielt man sich nicht“,
hatte Lucette Destouches gesagt,
„das war so, und damit basta. Über Literatur
wurde nicht gesprochen, über Musik auch nicht.
Man lebte damit, und darauf kam es an.“
Dabei fällt mir ein: hier gab’s auch Sülze
vom Schwein. Aber mit
den Gehirnen – das ist ja auch so ne
Sache. Was da alles drin ist!
Und oftmals fehlt auch was.
Hatte ich eigentlich genug Geld,
um die Kellnerin zu tippen? 10 % –
die konnte ja nichts
dafür. Es war sicherlich kein Vergnügen
hier zu arbeiten. Anderswo
aber meist auch nicht. Jemand
raucherhustete 2 Tische weiter…. Der
hatte hier doch auch nichts zu suchen.
Meine Mutter hatte den Ulysses
nur zur Hand genommen, weil Richard Burton
so „dafür schwärmte“; und meine Mutter
schwärmte für Richard Burton.
Nach ein paar Seiten sagte sie
etwas schrecklich Banales (ich
erinnere mich genau, dabei wäre es
gewiss angenehm, derartiges vergessen zu können)
& legte das Buch für immer aus der Hand (wobei
„für immer“ nicht mehr lange dauerte).
Waren deshalb „ihre“ Nieren stets geschnetzelt?
Egal – jedenfalls gab es in meiner Kindheit immer genügend Äpfel
zur Leber. In Scheiben, nicht
in Ringen. Erneut ging
die Schiebetür auf & der Mund der Frau
nicht zu. Die war doch auch nicht mehr
ganz frisch. Entsprechend
roch es schon wieder. Nach
Scheisse & Gelaber. Leber &
wortverseuchtem Atem. Es gab ein Fenster,
durch das ich schauen konnte. Auf
eine graue Hauswand auf der anderen Seite
der Gasse. Volkbelebt konnte man sie
schwerlich nennen, eher schon
hohl – kopfhohl sozusagen – doch 2 junge Frauen
standen dort draußen & unterhielten sich. Ein alter
Mann ging vorbei & schwieg. Schweigen
schmückt jedes Gesicht – auch wenn es noch
so garstig ist. Schon deshalb hatte ich viel
zu schweigen. Die Inhaberin ihrer Meinung
indes wollte diese nicht
für sich behalten; sie wollte sie
loswerden (so gesehen wäre es fast verständlich –
wer würde so eine Meinung nicht loswerden wollen? Am besten
für immer!). Ich musste
hier raus. Kaute schneller. Schluckte schneller.
»Zahlen!« 8 (die Hausnummer) – 5 (die Tischnummer) –
9,80 € (die Leber mit Beilagen). Ich klimperte
die notwenigen Münzen zusammen; Kartenzahlung
wäre hier allzu anachronistisch gewesen; fürs angemessene
Trinkgeld reichten sie auch – & dann:
schneller Gruß »Schönen Abend noch«
und nix wie weg. Hinaus
in die ruhige Luft. Wenigstens die
war mehr oder weniger
frisch. Das reichte mal wieder
für ne Weile.
Leute – als bekäme man eine Glocke übergestülpt,
und jemand haute
immer
mit nem Hammer drauf.
Dong! Dong! Dong!
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der Mann las
ein Gedicht drehte sich
eine Zigarette schaute
aus dem Fenster hing
den Gedanken nach Staub
tanzte in der Sonne der Mann
rauchte die Worte
verfolgten ihn
ich verstehe sie
nicht dachte er
als hinge irgendetwas
davon
ab
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Gedanken
Gänge die zu nichts führen
Führen ins Nichts.
Wenige Menschen denken
Zu Ende. Sie brechen
Ab. Aus
Welchen Gründen auch
Immer. Und halten
Für tief
Was noch nicht
Einmal in Sicht
Weite des Grundes
Ist. Dicht
Unter der Oberfläche.
So werden nichtige Bücher erfolg
Reich, und Philosophenclowns
Mit schönen Frisuren
Bekommen eigene TV-Sendungen.
Mir drehte sich im Kopf
Der Magen
Um
Wenn ich
Daran denken
Würde
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Es gibt maxi
Mal so viele Enttäuschungen
Wie es Täuschungen gibt
Da kann keine
Einzige mehr sein.
Wenn das
Nicht ein Trost ist
Dann weiß ich es
Auch nicht
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