Da leidet jemand viele Jahre lang
an Krebs, und dann….
Nach dem Auftritt saßen die 3
in der Hotelbar. Wie üblich
war ich nicht im Konzert gewesen; ich
musste arbeiten. Neben der Bar. An
der Rezeption.
(So ist es ja fast immer: man könnte
Freikarten bekommen, aber der Grund,
weshalb man sie bekommen würde, ist
derselbe, weshalb man sie nicht nutzen könnte.
Wie tiefsinnig!)
Mangelsdorff ging aufs Klo.
Volker Kriegel & Wolfgang Dauner saßen an der Theke.
Dauner fing an über Zettel’s Traum zu reden.
Irgend etwas Oberflächliches.
Eigentlich mag ich es nicht, wenn Andere
über meine Schätze reden. Es ist
eine Art von Eifersucht.
Andererseits empfand ich es als
bemerkenswerten Zufall, dass sie ausgerechnet
in einem Hotel gelandet waren, wo der
Nachtportier dieses Buch gelesen hatte.
Außerdem hatte ich in meiner Jugend keine
von Dauners TV-Sendungen über den Jazz verpasst.
Kriegel war schwer zu verstehen.
Er hatte Kehlkopfkrebs.
Sein Gitarrenstil hatte mich nie vom Hocker gehauen,
aber ich mochte seine Zeichnungen.
Ich erledigte also meine öden kleinen Aufgaben,
hörte zu, und
Mangelsdorff kam zurück vom Klo.
Das war’s auch schon.
Sie wussten kaum, dass ich da war.
Sie wussten nicht, was ich wusste,
Sie wussten nicht, dass ich zuhörte.
Als ich von Kriegels Tod erfuhr, dachte ich:
Scheißkrebs! – Wie immer.
Erst lange Zeit später las ich, dass er
einem Herzinfarkt erlegen war.
Da leidet jemand viele Jahre lang
an Krebs, und dann DAS!
Eigentlich
ein Glücksfall.
Vermute ich.
Mangelsdorff starb ein paar Jahre später.
An Leukämie.
Dauner lebt noch.
Glaube ich.
Ich lebe noch.
Glaube ich.