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Eine Art von Selbsterkenntnis

Sie schmeckte
sich

als ich
sie
küsste

Ich schmeckte
mich

als sie
mich
küsste

Eine Art
von
Selbst-
erkenntnis

Sich
selber
kennen
lernen

Geschmack
an sich
finden

Saft & Sperma
im Mund
des Anderen.

Eine
untrennbare
Mischung

Wir schmeckten
uns

als wir
einander
küssten


Fern Beziehung

Ich existiere

die meiste Zeit
für Dich
nur

als Stimme
als geschriebenes Wort
als Phantasie

körper
los

beziehungs
weise

fern.

So
wie
Du
für
mich.

Ledig
lich
im Traum

bist Du

immer
mir

so
nah

wie ein
eigener Gedanke

begreif-
doch
auch
unfassbar


Das verschwundene Zeichen

Ich weiß nicht wohin
ich fuhr
in diesem Traum

Der Weg
war mir un-
bekannt

Irgendwo
warf ich ein Buch
aus dem fahrenden Zug

Ich hatte das Buch noch nicht gelesen

Ich wollte zurückkehren an den Ort
wo ich es fortwarf

Ein Lesezeichen
in meinem Traum

Doch ich wusste
ich würde es nicht wiederfinden
den Ort nicht wiedersehen

Und ich träumte
dass jemand das Buch fand
& mit nach Hause nahm

Und das Haus war
der Ort zu dem ich zurückkehren wollte

Ich hatte es
noch nie gesehen

Doch ich wusste

Du
wohntest
darin


Der Fingerabdruck

Wo
auf dem Spiegel
ein Staubkorn gewesen war
befand sich nun ein
Finger
ab
druck

Lange
war der Spiegel nicht abgewischt worden
Lange
hatte das Staubkorn seinen festen Platz gehabt
auffällig & größer als alle anderen

Ein Partikel
der Vergangenheit
Vielleicht nur ein Stück
der eigenen Hautoberfläche

Die Linien des Abdrucks waren nicht
meine
Ich wusste es
ohne sie je zuvor betrachtet zu haben

& doch
waren sie
nicht
fremd

Linien
die mich berührt hatten

über
all

Mein gespiegeltes Auge
war trübe
denn der Abdruck lag
wie ein Schleier
auf ihm

Und wieder
würde der Spiegel
lange Zeit
nicht

abgewischt werden

Zeit
den Verlauf der Linien
auswendig zu lernen


Ein Rätsel

Niemand wusste, woher sie gekommen war.

Niemand ahnte, wie sie sich Zutritt verschafft hatte.

Was sie im Schilde führte, war abzusehen –
Diebstahl & Mord.
Wie beinahe immer.
Die Zahl ihrer Verbrechen war Legion;
niemand lebte mehr, der sich an das älteste hätte erinnern können,
niemand würde das Ende ihrer Untaten noch erleben.

Sie bricht ein in die Häuser der Reichen,
legt sich in die Betten der Liebenden,
raubt & tötet
Alles
was unersetzlich ist.

Zurück läßt sie
dort
Nichts
als
Unglück
Sehnsucht
Verderben.

Und als die Menschen begriffen,
was geschehen war,
war es zu spät.

† † †


Nur manchmal
– vergleichsweise selten –

setzt sie sich an den Tisch des Dichters

räkelte sie sich auf dem Flügel des Komponisten

wird sie die Hand des Künstlers leiten…..

Und ihre bloße Anwesenheit
führt zur Erschaffung dessen
was bleibt –

zur Erschaffung dessen
was weder geraubt, noch getötet werden kann.

Eine Art von Wiedergutmachung.

Sie gehorcht niemandem.

Doch dem Philosophen
gelingt es
ab & an
sie aus dem Haus zu denken.

* * *

Die Frau richtete
sich auf. Der Mann betrachtete
liegend ihren Rücken.
Sie zündete sich eine Zigarette an.
»Es wird mir zu viel«, sagte sie.
»Zuviel«, wiederholte er, »natürlich.«
»Ja. Es ist so kompliziert, wie es nie werden sollte.«
Der Mann schwieg.
Und von 1000 Gedanken in seinem Kopf galten 999 dem,
was hätte sein können – & einer dem,
was war.
Kein einziger galt
der Vergangenheit.
Der einsamen Vergangenheit.
Er sagte: »Was daran kompliziert sein soll – ist mir
ein Rätsel.«
Sie sagte: »Dein Verhalten ist mir
ein Rätsel.«

* * *

Ich sitze am Schreibtisch,
lese was ich geschrieben habe –
& es gefällt mir nicht.

Ich sollte es wegwerfen.

Dass ich es nicht tue, ist mir
ein Rätsel.

Niemand sonst sitzt an meinem Tisch.
Jemand hat das Haus verlassen.
Denke ich.


Der letzte Blick

Der letzte Blick
in die Lampe
die das eigentlich finstere Zimmer erleuchtet

Die Lampe erlischt

sei’s weil die Sicherung rausspringt
sei’s weil der Strom ausfällt
sei’s weil man die Rechnung nicht bezahlen konnte
sei’s weil sie durchbrennt
sei’s weil man sie selber ausschaltet
sei’s weil jemand anders sie ausschaltet

Die Lampe erlischt

Was bleibt
ist ein Nachschimmern
ihrer Form & ihres Lichts
auf der Netzhaut

für einen kurzen Augenblick

bevor man das Zimmer wieder sieht
wie es eigentlich ist


Fallen lassen

Ich möchte mich fallen lassen
in das Gefühl
für Dich

Ich möchte nicht
vorsichtig sein müssen
um nicht kaputtzugehen

Ich möchte nicht
zerbrechen
am Boden

weil Du
mich nicht auffängst.

Du sollst Dich fallen lassen
in das Gefühl
für mich

Du sollst nicht
vorsichtig sein müssen
um nicht kaputtzugehen

Du sollst nicht
zerbrechen
am Boden

weil ich
Dich nicht auffange.

Doch wenn es so sein soll
soll es
eben
so
sein.

Schlimmer
als zu zerbrechen
wäre es

vernünftig zu sein.


Die verlorene Erinnerung

Meine verlorene Erinnerung
fand ich wieder
im Gedächtnis
der Geliebten

Aufgehoben
Bewahrt
Sicher

Ich wusste kaum mehr
wieviel ich getrunken hatte
Nur was:
Wodka
Cocktails
Rotwein

Allein
doch nicht einsam
war ich durch das Haus
getanzt
oder
gewankt
oder
gestolpert
oder
was auch immer

Mit dem Telefon in der Hand
Der geliebten Stimme im Ohr

Die Stimme so nah
Die Geliebte so fern

In meinem Schädel
ein Kettenkarussell
bewegt von
Sehnsucht
Alkohol
& langsamem Vergessen

Und irgendwann
war ich
ins Bett
ge-

fallen …..

Und der Film
riss

…..

Als ich erwachte
war da ein Schnitt
in meiner Handfläche
& ich wusste nicht woher

Ich erinnerte mich
an das Blut
Erinnerte mich
es abgeleckt zu haben
Erinnerte mich
an die Stimme
& den Schmerz

Der Schmerz war
vergangen
Die Wunde
ein Rätsel
das sich geschlossen hatte
während ich schlief

Meine verlorene Erinnerung
fand ich wieder
im Gedächtnis
der Geliebten

als wir erneut telefonierten …..

»Komisch«, sagte ich, »da ist ein Schnitt
in meiner Handfläche, und ich weiß nicht mehr,
wie es dazu gekommen ist.«
»Du hast einen Bilderrahmen aufgefangen«, sagte sie.
»Wie bitte?«
»Du hast eine Tür zugeknallt, und dabei ist
ein Bilderrahmen runtergefallen, den Du gerade noch
auffangen konntest.«
»Scheiße, ja – jetzt fällt’s mir wieder ein. –
Nur welcher …. ich habe doch kaum noch Türen hier ….«
Ich ging den Flur auf & ab. Dachte nach. Dachte nach …..
»Ah, ich hab’s«, sagte ich. »Die Schlafzimmertür!
Don Quixote ist runtergefallen.«
»Ja, Du warst auf dem Weg ins Bett.«
»Das ist das erste Mal, dass ich so etwas vergessen habe.«
»Na, jetzt hast Du ja mich«, sagte sie. »Lass mich
Dein Gedächtnis sein.«

Wir lachten
Sie & ich
Dulcinea (die kein Phantasiegespinnst mehr war) &
Der Ritter von der traurigen Gestalt

Es war gruselig
einen Filmriss zu erleben

Doch es ist schön
ein solches Gedächtnis zu haben

Ein Gedächtnis
das meine verlorenen Erinnerungen
aufhebt & bewahrt
Sie in Sicherheit bringt
für mich

Ein Gedächtnis in der Ferne

Ein Gedächtnis
das
mich
liebt.

JD500103


Peanuts

Ich hatte wohl beiläufig erwähnt, wie sehr ich
die Peanuts liebte – & dass ich 2 Paar Socken
mit Snoopy-Aufdruck besaß
(in Grau, aus grauer Vorzeit).

Der Sommer ging allmählich zuende; es wurde kühler.
Die Frau trug einen Rock, der
meine Handbreit über den Knien aufhörte.
Sie ging ins Wohnzimmer, zog ihre Schuhe &
ihre dünne Jacke aus & stellte ihre Tasche ab.
»Ich habe heute übrigens was drunter«, sagte sie.
»Ach – das ist ja mal ganz was Neues«, sagte ich, »so
kalt isses doch noch gar nicht.«
Ein Lächelblitz aus blauen Augen. »Schau nach.«
Ich ging zu ihr, bückte mich & schob
lang-
sam
ihren Rock hoch.
Da waren sie (vereint auf violettem Stoff, vorne):
Snoopy & Woodstock!
»Süß«, sagte ich, »lässt Du mir das hier?«
»Sicher.«
»Dann ab mit uns unter die Kuscheldecke.«

Kleidungsstücke waren zufällig
auf den Boden des Schlafzimmers gefallen; nur
das Höschen
hing ordentlich über der Stuhllehne.
Der Hund lag auf dem Rücken; die Augen geschlossen.

Jetzt war sie blond wie Woodstock, doch
in der Vergangenheit
war auch sie ein
kleines rothaariges Mädchen
gewesen.
Ein Mädchen mit Sommersprossen.

Und weil
manchmal
einfach
Alles
passt,

lief
die Mondscheinsonate,
als ich ihr
in den Hintern biss

(Glenn Gould allerdings –
& nicht
Schröder).

Lachen
Lecken
Lachen (mit langem aaaaaa) auf dem Laken
The Doctor is in
The Doctor is out

Sprechblasen
Gedanken-
blasen

Als sie wieder in ihr knallblaues Auto stieg,
wusste ich, was ihr fehlte
unterm Rock.
Und ich wusste, was
mir
fehlen würde ……

In den Tagen des Alleinseins
– das Vögelchen war ausgeflogen –
schnüffelte ich
nach dem Erwachen
& vor dem Einschlafen
an dem Höschen;
ich nahm Witterung auf,
denn auch ich
bin nur
ein Hund
ein Wolf
ein Tier
eine Art von
Comicfigur.

Nach & nach
wurde der Duft schwächer;
wie auf der Flucht.

Wir telefonierten.
»Wird höchste Zeit, dass Du wiederkommst«, sagte ich,
»ich habe alles inhaliert, was es zu inhalieren gab.
Snoopy hat Sehnsucht,
und was zu Knabbern brauch ich auch.«
»Nüsse?« sagte sie.
»Arsch«, sagte ich.

Es wurde noch kühler
draußen.
Noch heißer
in uns.

Und beim nächsten Mal trug sie
Jeans, die nur so knackten;
und irgendwann, unter der Decke,
sagte sie: »Ich laufe aus.«
Und ich dachte an das Meer,
an die Hohe See,
an ein Schiff, das ausläuft;
und ich wollte in See stechen,
hinaus auf das Meer Meer Meer ……

»Ich hab da was, womit Du Dich
abtrocknen kannst«, sagte ich.
Sie grinste.
«Schon klar«, sagte sie.

Snoopys Augen waren noch immer geschlossen,
als würde er es genießen, wie sie ihn
benutzte.

Und der Duft
würde wieder
für eine gewisse Zeit des Alleinseins
reichen.

Reichen, um zu
riechen –
zu schnuppern –
zu schnüffeln –

um zu träumen

wie ein Hund …..

Ein Hund, der
auf dem Dach seiner Hütte schläft.

Snoopy


Blue Velvet

Erkältet
waren wir beide.
Wir lagen im Bett –
nackt nur an den Stellen,
auf die es ankam.
Musik lief im Shuffle-Modus.
Die Flammen der Kerzen & Teelichte flackerten
im eisigen Wind, der durchs undichte Fenster herein wehte.
Die Frau musste aufs Klo;
kletterte aus dem Bett.
Ich liebe den flüchtigen Moment – bevor
das hochgerutschte Shirt, nach dem Aufstehen,
wieder über den nackten Arsch gleitet, um
ihn dann
nur knapp
zu bedecken.
Sie ging nach nebenan.
Johnny Mathis sang „Moon River“.
Ich hörte es plätschern.
Hörte sie Papier abreissen.
Klopapier, das nach Rosen duftete –
& das ich niemals benutzte.
(Sie hatte es selber als Gag mitgebracht,
nachdem ich mich über den
Klopapierverbrauch der Frauen lustig gemacht hatte.)
Johnny gab volles Vibrato, dann
rauschte die Spülung.
Und während die Frau in die Küche ging,
um sich noch ein Bier zu holen,
übernahm Bobby Vinton die
musikalische Leitung.
„Blue Velvet“.
Sie kam zurück, stellte die Flasche auf den Nachttisch
& kroch unter die Decke;
ihre Hände waren kalt, ihre Beine waren kalt.
Sie sagte: »Die Musik läuft doch auf Shuffle, oder?«
»Ja«, sagte ich.
»Wieviele Stücke sind in der Liste?«
»Keine Ahnung, aber sie läuft knapp 37 Stunden
ohne Wiederholung. Wieso?«
»Weil ich gerade, aufm Klo, dachte:
Ich würde gerne mal wieder „Blue Velvet“ hören
»Ich wusste es«, sagte ich, »Du bist
eine Hexe.«
Sie lachte.
»Ich kann Sachen«, sagte sie.
Was stimmte.
„Blue Velvet“ war unser Lieblingsfilm.
37 Stunden, die auf Zufall gestellt waren.
37 Stunden – so lange hatten wir uns noch nie
ohne Unterbrechung gesehen –
& würden es vielleicht auch
niemals.
Ihre Hände wurden warm.
Der Wind blieb eisig.
Und die Flammen der Kerzen & Teelichte flackerten
noch stärker.
Bewegt durch
den Wind &
unsere Leidenschaft.


Spielplätze der Liebe

Hörspiel.
Sehspiel.
Riechspiel.
Tastspiel.
Zungenspiel.
Gedankenspiel.

Liebesspiel.


R.E.M.

Wenn Du träumst
bin ich
es
der Deine Augen
so schnell
bewegt

Wenn ich träume
bist Du
es
die meine Augen
so schnell
bewegt

Schnelle Blicke
die sich treffen
hinter geschlossenen Augen
die sehen können

über alle Entfernung
hin-
weg


Die ferne Saite

Eine Saite war gerissen
mit einem Geräusch, das ich
nicht hatte hören können.
Zu fern von mir.

Wir lagen im Bett, als sie
es mir erzählte. In
buntbeleuchtetem Halbdunkel.
»Was für eine Saite?« fragte ich.
»Tiefes E. Für Konzertgitarre.«
Und sie fügte hinzu:
»Komisch, die reißen doch nie.
Normalerweise.«
Nun, mir war im Laufe meines Lebens
schon jede Saite gerissen.
Immer wieder.
Man muss nur wild genug spielen.
Zuweilen nicht einmal das.
Manchmal reicht die Ermüdung. –
Sie stand auf, um sich anzuziehen;
ich ging nach nebenan, um
nach einem Satz zu suchen.
Ich fand einen passenden.
Ging zurück zu ihr.
»Hier«, sagte ich.
Sie lächelte.
»Ich brauche nur die eine Saite.«
Ich öffnete das Päckchen &
reichte ihr das E.
Wir küssten uns.
Es gefiel mir,
nackt zu sein, während sie
ihr wärmendes Wollkleid trug.
»Sehen wir uns Freitag?« fragte ich.
»Ich denke schon.«
Dann fuhr sie.

Nun habe ich
einen auseinandergerissenen Satz.
Einen unvollständigen Satz.
5 Saiten, die einen eigenen Klang haben.
Ich werde sie aufziehen
& das E nicht ersetzen.
So mancher Akkord, so manche Harmonie wird
unvollständig klingen …..
Ein tiefer Ton wird fehlen.

Und in der Ferne –
zu fern von mir –
ist diese eine Saite.
Die eine Saite, die
an mich erinnert.
Die eine Saite, die
mir fehlt.
Die eine Saite, die
so manchen Akkord, so manche Harmonie
erst klingen ließe, wie er klingen sollte.

Vielleicht spielen wir ja
irgendwann einmal
zufällig
im selben Moment
das Gleiche.

Dann wäre es
über alle Entfernung hinweg
als wären die Saiten
nie getrennt worden.

Und
der Klang
wäre
perfekt.


Ratten, von der Mitte bis zum Rand

»Vielleicht….« Er hielt inne.
Sie schauten sich an.
Die Pause nagte an ihnen
wie eine ausgehungerte Ratte.
»Vielleicht was?« sagte sie.
»Vielleicht hättest Du Dir nicht
jemanden aussuchen sollen, der
so einsam ist.«
»Ich habe Dich nicht ausgesucht.
Denn ich hatte keine Wahl.«
Die Worte gefielen ihm.
Manche Worte, die gefallen waren, gefielen ihm;
andere nicht. Manche Worte waren
so hart gefallen, dass sie sich nicht mehr erheben konnten,
um ihnen aus dem Kopf zu gehen.
»Aber vielleicht…..« Sie hielt inne.
Sie schauten sich noch immer an.
Eine weitere Ratte.
Oder noch immer dieselbe.
»Vielleicht was?« sagte er.
»Vielleicht hast Du recht. – Denn ich bin
nicht einsam.«
Schlechte Voraussetzungen, dachte er.
Sie
stand mitten im Leben.
Er
am Rande.
Weit war der Weg
von der Mitte zum Rand
& zurück.
Eine weite Strecke
voller Ratten.
Aber vielleicht….
gab es kein
Zurück.

 

(Inwendig vorgetragen:)


Du hängst an meiner Wand

Du hängst
an meiner Wand.
Etwas
hängt in Dir.
Funktioniert nicht mehr
richtig.
Deine Unruhe
könnte zer-
stört
worden
sein.
Die Zeit,
die Du mir zeigst, ist
Deine eigene –
kaputte.
Vielleicht
die Zeit, in der
ich
leben möchte.
Vielleicht ist es
nicht
zu spät.
Auf Dir.
Du
bist
meine Uhr.

 

(Inwendig vorgetragen:)


Das Puzzle in meinem Bett

Ihre Beine waren wie zerschnitten
durch die Linien der Spiegelkacheln
an der Wand
meines Schlafzimmers

Ihr Arsch war eingerahmt
in einem der Quadrate

Ihr Rücken:
Befleckt von den Fingerabdrücken
auf dem Glas gegenüber

Ihr Hinterkopf bewegte sich
zwischen 2 Quadraten
vertikal
hin & her

So viele Assoziationen:
Stadtpläne
Rechenhefte
Spielwürfel
Fadenkreuze

……

Auch ich war
in der Wand gegenüber

Auch ich:
Befleckt &
wie zerschnitten

Unberechenbar
wir beide

Nackt
wir beide

Ein Puzzle
das wir
zusammen
gelegt hatten

ohne sicher zu sein
ob
Alles
zusammen
passte

ohne zu wissen
welches Bild
sich
ergeben
würde


Die Narbe in meiner Erinnerung

Die Narbe in meiner Erinnerung
hat die Form
Deines
Mundes

Das Lächeln
das Du mir geschenkt hast

in der Vergangenheit

Damals
war das
was heute eine Narbe ist
eine Wunde

rot
heiss
& blutend
wie ein Kuss

der in Wirklichkeit
ein Biss war

Eine Wunde
von der ich nicht ahnte
dass
sie sich
jemals
schließen
würde


Zielsicher

Zielsicher
fanden sie
die Nächte,
in denen sie
sich
nicht
hätten
allein
lassen
dürfen,
um sich darin
allein zu lassen.

Zielsicher
fanden die Nächte
sie,
um ihr menschliches Unvermögen
auszukosten.

Wind
gebärdet sich
wie Sturm

die Sucht
nach Nähe
wie Liebe.

Der Schlaf des Einen
ist die Hölle
des Anderen

in Nächten
wie diesen.

Er ging in die Küche.
Um die Zeit abzulesen.
Von den Flaschen.
Die Zeit,
die langsamer
verging
als
er.

Die Flaschen hatten zugesehen,
damals, als
sie
vor ihm kniete
in der Küche,
seinen Schwanz im Mund.
Und sie hatten
reflektiert.
Vielleicht nicht diese
Flaschen, aber
Flaschen wie diese.

Er konnte sie schlafen hören.
In einer Ferne, die er
nicht kannte.

Sie war so müde gewesen.
Müde
wie der Tod im Stummfilm.

(Eine seiner Kindheitserinnerungen
aus der Zeit, da er
noch
nicht
unterscheiden konnte
zwischen dem,
was er sah
&
der Wirklichkeit.
Damals hatte er den Tod gesehen.
Weil er es
glaubte.

Damals
hatte er
Vieles
nicht
auseinander-
halten
können.

Doch
Alles
geht
auseinander

irgendwann.)

Er
war nicht müde.

Er ging im Haus umher,
ziellos
durch die Wellen
der Musik.

Verwirrt
wie seine Gedanken
Verwirrt
wie seine Gefühle

Zusammen
hang
los!

Die Gelassenheit von einst
war fort.

Er wusste nicht,
worauf seine Gedanken hinaus wollten …..
Und wohin
hinaus?

Vielleicht
in die Raserei
Vielleicht
in den Wahnsinn

Zielsicher


Die Weinabteilung

Immer wenn er mit seinem Vater einkaufen ging,
zog es den kleinen Jungen in die Wein-
abteilung. Aufgeregt. Erregt. Neu-
gierig. Suchend.
Flirrend-funkelnde Flaschen in Regalen,
bunte Bilder auf Etiketten;
Licht-
reflexe
auf Glas ……
Und immer versuchte er, sich
abzusondern – ein paar Schritte
im Abseits, um
allein
zu
sein ……
Allein
mit seiner
Erregung.
Unbemerkt
zwischen großen fremden Menschen.
Unbemerkt
zwischen Flaschen
in Reih & Glied.
Auf der Suche nach
dem Weißwein, der
zu warm war ……
Nach einem Schriftzug, den
er lesen konnte,
bevor er lesen konnte.
Den er
spüren konnte
wie einen Schmerz –
einen Schmerz, der
trocken & lieblich
zugleich war;
herb.
Und der kleine Junge
buch-
sta-
bier-
te:
N – A – C – K – T – A – R – S – C – H

Eine Marke.

Das Etikett:
gemalt,
fast naiv – – :

Ein Junge
mit herunter-
gelassener
Hose;
ein alter Mann
mit er-
hobener
Hand,
der lächelt.
Der Blick des Jungen:
ängstlich
in
Erwartung.

Und der kleine Junge
vor dem Wein-
regal
hatte keine Worte
für die Gefühle
in seinem roten Kopf,
seinem schlagenden Herzen,
seinem Schritt.

Sein Vater –
einige Schritte entfernt –
war kein
alter Mann;
doch auch er hatte eine Hand, die
oft
erhoben war –
ohne dass er lächelte.

Während der Junge
wein-
te.

Tränen, die
nach Wein rochen.

Und manchmal hielt diese Hand
einen Stock ….
eine Peitsche ….
einen Kochlöffel ….

Einen Kochlöffel, in den
der Name des Jungen
gebrannt war
mit einem glühenden Eisen.

Der Junge liebte
die Hände seines Vaters –
betrachtete sie oft
am Lenkrad,
wenn der Vater ihn
zu einem ersehnten Ziel fuhr …..

Monde
unter
Fingernägeln.

Reflexionen.

Der Kochlöffel
liegt
heute
in einer Schublade.

Ich benutze ihn nicht.

Wo der Stock ist, weiß ich nicht.

Die Peitsche ging verloren.

Die Hand ist verwest.

Mein Herz
schlägt,
wie sie es tat –
damals.

Ein Geräusch, das
an Beifall
erinnert.

Ich liebe Wein –
Rotwein
bevor-
zugt.

Die Marke ist
fast
egal.

Und manchmal
schmeckt der Wein
nach Salz.

Ich liebe Worte
wie Buch-
staben.

Buchstaben
wie Worte.

Begreife
die Erotik des Kochens
wie nackte Ärsche …..

Lebe meine Obsessionen
aus
vor
Regalen.

Esse,
trinke.

Flaschen flirren.

Lust
Schmerz
Nahrung
Tod.

In meinem Gedächtnis
hängen
naive Bilder.

Und manchmal
hängt der Mond
wie ein Spielball
am Nachthimmel.

Mit herunter-
gelassener
Hose

& spiegelt sich
weiß
in Flüssigkeiten.

Ein Spielball
der Gefühle,
für die ich
keine Worte habe.


Wie ein Buch

Manchmal fühle ich mich
wie ein Buch, das
von Menschen
gelesen & geliebt wird,
die nur
so eben
der Handlung folgen können.

Von
all den Anspielungen
Andeutungen
von
Struktur & Stil
haben sie
nicht
den Hauch
einer Ahnung.

Vielleicht
ist das nicht einmal so schlimm.
Denn
immerhin
haben sie
ihren Spaß

an der Oberfläche

unter der ich
lebe.


Kein Wunder

Kein Wunder, dass
Wir
Allein
waren

als
Wir
Uns
trafen

Kein Wunder, dass
Wir
am Ende
Wieder
Allein

Sein
Werden.


Übers Knie

Beziehungen
Verhältnisse
Freundschaften
Liebe

Man kann darauf warten
dass jemand
das Richtige tut
im richtigen Moment

Man kann sich aber auch
mit einem Geigenbogen übers Knie streichen
in der Hoffnung
dass es
gut klingen möge.


Ich erinnere mich

Ich erinnere mich
wie ich laufen lernte.
In einer Art Geschirr aus Leder;
ein kleines Tier
an der Leine, gehalten
von meiner Mutter.
Ich erinnere mich
an das Lächeln meines Vaters,
als er den Raum betrat.

Ich erinnere mich
wie ich zum ersten Mal
eine Schleife band.
Unter Anleitung meiner Mutter.
Ich war stolz.
Ich erinnere mich
an das Lächeln meines Vaters,
als er den Raum betrat.

Ich erinnere mich
an unseren Schäferhund.
Er machte sich so flach wie möglich
auf dem Fußboden,
das Hinterteil leicht erhoben;
er legte die Ohren an &
wedelte mit dem Schwanz,
wenn mein Vater den Raum betrat.

Man wusste niemals,
welche Empfindung des Tieres
stärker war
in diesen Momenten –

die Freude
oder
die Furcht?


Die Spur der Musik

Ein Fußboden aus Holz
Ein kleiner runder Eindruck darin
Eine Delle
Ein Makel

Ein Zeichen der Ausdauer
Eine Spur der Besessenheit
Ein Überbleibsel der Liebe

Eine Vertiefung der Hingabe

Die Stelle
wo über Jahre hinweg
eindrucksvoll
ein Cello zwischen 2 Schenkeln stand


Flüge & Abstürze

Auf den
Funkenflug
folgt der
Höhenflug

Auf den
Höhenflug
folgt der
Fetzenflug

Erwartungen
stürzen ab

Träume explodieren
in der Luft

Splitter fallen
zu Boden

wie ausgekotzte Herzen

Alles stirbt

Nur
die Sehnsucht
überlebt


Gleitmittel

Sie schrieb:
Zwei Treffen zum Kennenlernen sind
Minimum. Vorher:
Kein Sex.

Ich schrieb zurück:
Ok…. Dann lass uns gleich
mit dem dritten Treffen anfangen.

Ein einziges Telefonat folgte.

Zeit
hat man
niemals
zu verlieren.

Ich hatte bereits
zu
viel
davon
verloren.

Sie war nur so dahingeschlittert.
Mir entglitten.

Trockene Jahre.
Jahre der Dürre, die ich
mit Alkohol
befeuchtet hatte.

Eine Wüste.

Suche.
Sehnsucht.
Sucht.

Sie besuchte mich.

Fand mich
in meiner Einsiedelei,
die ich mir teilte
mit stehengebliebenen Uhren,
Spiegeln,

Büchern,
Schall-
platten,
alten Lampen –

in deren Licht
wir
uns
kennen-
lernten ……

Erfühlte
erfüllte
Zeit –

Sie sagte:
»Kannst du dir vorstellen, dass es
Männer gab, die meinten,
ich sollte es mal mit Gleitcreme versuchen?«

Ich sagte:
»Prinzipiell
kann ich mir Alles vorstellen.«

Sie fühlten sich
kalt an –
all diese nassen Stellen
auf dem Laken ……

Abgekühlte Spuren
einer Leidenschaft, die
(einfach
entfacht)
brannte
brannte
weiter brannte ……

Eine Leidenschaft
wie eine Selbstentzündung.

Sie lief aus
als ob
sie nicht enden wollte.

Ein Durst, der
nicht
gelöscht werden konnte.

Heiße Schritte.

Eine Oase –
die keine Vorspiegelung war.

Vielleicht
hatte ich mir doch
nicht
Alles
vorstellen
können.


Gestohlene Kerzen

Ich fuhr durch eine Winternacht
Schnee & Glatteis überall

eine Nacht
kalt wie Stahl

Ich kam ins Rutschen
fing mich rechtzeitig

landete nicht
im Graben

Ich kannte den Ort
wo ich Kerzen klauen konnte

Viele kleine Flammen

Ein Diebstahl
der mir legitim erschien

Denn was ich stahl
war
Licht
&
Wärme

für uns

& unsere Nächte


Erbsen & Möhrchen

Erbsen & Möhrchen
sind so
unterschiedlich

& leben doch
ganz friedlich
miteinander
in nur
einer
kleinen
Dose.


Die erwachsene Einsamkeit

Meine Einsamkeit wuchs
heran

Die Jahre
vergingen

gleich
förmig

im
Allein

Sein

Schließlich
überholte sie
mich

Schien älter als
ich selbst

wissender
weiser

Erwachsener als
ich

Sie wurde
meine Lehrmeisterin

Lehrte mich
zu verlernen

lehrte mich
zu vergessen

Zu vergessen
zu verlernen

was
»selbst
verständlich«

bedeutet.

Es ist
nicht
selbstverständlich

dass
Du

schweigend
oder summend
durch meine Räume gehst

Weißt
wo Alles liegt

Weißt wo
Ich
liege

& Dich
zu mir legst.

Es ist
nicht
selbstverständlich

dass
Du

für mich
kochst

dass
Du

für mich
brennst.

Und meine alte Lehrmeisterin
aus meinem Haus
gejagt hast.


Geliebte Unvernunft

Nach 0 Uhr
Unter 0 Grad

Eine Frau
die nichts trägt
außer
T-Shirt
Schuhe
& ein Handy

sucht
auf einer dunklen Straße
nach einer Stelle
mit Empfang

Empfang
in einer abgelegenen Gegend

um
ein Bild zu senden

Hoffentlich kommt kein Auto,
denkt sie

Und sie findet eine Stelle

Und kein Auto kommt

Und niemand sieht
wie sie sich bückt
um das Handy auf die überfrorene Straße zu legen

weil dort
der Empfang am besten ist

Dies wäre der Moment
sich in sie zu verlieben

Doch es ist zu spät

denn
Das
ist längst geschehen

& weit
darüber
hinaus

Es klingt
wie eine Phantasie
wie eine Metapher
wie ein Bild

Und ist doch bloß
Wirklichkeit

Das Bild
kam nie an

Es war
unwichtig.


Was habe ich getan?

Ich wusste nicht, was ich tat.
Einmal mehr.

So oft
hatte ich nicht gewusst,
was ich getan hatte.

Hatte ich jemanden
geschlagen
oder
geküsst?

Jemanden
erschossen
oder
geliebt?

War ich
in einen Abgrund gestürzt
oder
gesprungen?

War ich gestorben
oder
flog ich auf einem Teppich
durch die Lüfte?

Ich wusste es nicht.

Ich weiß nie, was ich tue

in
Deinen
Träumen.


Ich bin einfach

Ihre Stimme klang trunken
vor Liebe ….
Klang
nach Schwindel & Übelkeit,
nach Zärtlichkeit & Verwirrung.
»Du bist einfach«, sagte sie.
»Einfach zu viel für mich.«
Und sie ging aufs Klo,
um sich den Finger in den Hals zu stecken.
Ich hätte ihr das gerne
abgenommen.
Doch ich war am anderen Ende
der langen Leitung.
Sie musste es allein tun.
Es war nicht schwierig.
Es war einfach
eine Erleichterung.
Und es klang nach
Liebe.
Das nahm ich ihr
ab.


Verschüttet

Irgendwo
zwischen Pastis, Rotwein, Rum & Bier,
zwischen Zigarren & Zigaretten,
Pizza & Kartoffelchips
endete die Nacht
in einem Telefonat.
Lachen, Musik, Eifersüchteleien,
Neckereien, Liebeserklärungen, vertrautes Schweigen.
»Verdammte Scheiße!«
»Was hast Du jetzt schon wieder verschüttet?« sagte sie.
»Bier. Meine Socken sind nass. Meine Hose ist nass«, sagte ich.
»Du hast eine Hose an?«
»Ja.«
»Ich nicht«, sagte sie. »Ich bin nackt.«
»Du Sau.«
»Ich war doch schon im Bett.«
»Ja klar. Ich erinnere mich.«

Ich hatte darin gelegen, verkatert, als sie
eintraf; der Haustürschlüssel steckte
von außen. Und ich hörte Bewegungen, die
nach Vertrautheit klangen – als wäre sie
hier daheim. Sie stellte ihre Schuhe dorthin,
wo sie sie immer hinstellte, machte sich
einen Kaffee in meiner Küche & kam
ins Bett. Und der Kaffee wurde kalt. Wie immer.
Und als sie sich ein Bier holte, wurde es warm. Wie immer.
Musik kam aus dem Nebenraum. Verhangene Fenster.
Die Kerzen brannten herab.
Und irgendwo
zwischen Ficken, Lecken, Schlucken, Küssen,
zwischen Tasten & Lachen, Schweigen & Schlafen
endete der Nachmittag
in einem Hunger, der unstillbar schien.
Unsere Mägen hatten sich angeknurrt;
fürs Essen war keine Zeit gewesen,
im Funkenflug der Stunden.
Und als wir uns verabschiedeten,
war ich es, der nackt dastand, und sie war
dick angezogen, denn es war Winter.
»Du bist bestimmt froh, wenn ich weg bin,
dann kannst Du Dir endlich was zu essen machen.«
»Na klar«, sagte ich.

Ich wischte das Bier auf, zog die Socken aus,
tupfte die Hose ab.
»Hab ich eigentlich irgendwas eingesaut?« sagte sie.
Sie hatte ihre Tage. Ich meine Nächte.
»Nein», sagte ich. »Ich hab doch eh alles weggeschluckt.«
Sie lachte.
2 Stunden Fahrt hin, 2 Stunden Fahrt zurück.
Fernwärme. Sehnsucht. Vermissen.
Zeit, die fehlt. Hunger, der unstillbar ist.
Jetzt war ich vollgefressen & besoffen,
wieder geil – & allein. Doch nicht ganz. Ich hörte sie trinken.
Am Telefon.
Wir waren gut aufgelegt, bevor wir auflegten. Und uns hinlegten.
In der Ferne des jeweils anderen. In der Nähe unserer Träume.
Der nächste Kater wartete schon mit dem Schraubstock.
Schlimmer als der vorige.
So Vieles wird verschüttet.
Nicht immer
das Schlechteste.