Da mein Badezimmer alt ist (obwohl,
nicht so alt wie ich), gibt es ein Bidet darin.
Aber das tut nichts zur Sache. Ich saß –
nein, nicht auf dem Bidet – ich saß
auf dem Sofa & blätterte durch diesen
merkwürdigen Kalender – einen
Kalender der Geburtstage.
Wer hatte am selben Tag Geburtstag
wie ich? – – :
Johann Peter Eckermann
Stephen King
Leonard Cohen
H. G. Wells
& diverse TV-Nasen
– – –
Was für ein seltsamer Cocktail, dachte ich
& hob mein Cocktailglas. Na dann, Jungs,
HAPPY B-DAY !
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Bidet
Gott, was haben wir gelacht!
Ich liebe den bösen bösen Humor
des Schicksals – – -.
Malcolm Lowry, der wohl unFassBARste
Säufer der Literaturgeschichte, hatte,
als man ihn obduzierte, eine völlig
intakte Leber.
Sein Vater –
zeitlebens Abstinenzler –
starb an
Leberzirrhose.
Gott, was haben wir gelacht!

Wortbruch
Mein zerstörter Schädel tauchte
auf aus Betäubung – frische
Blutflecken auf dem Kissen.
Das Gedächtnis lallte etwas von
Vodka, Bier, Tequila, Aspirin;
von Zahlen wollte es nichts wissen;
das Wieviel war Viel gewesen,
aber 1 Aspirin würde schon noch
gehen. Kein Wasser neben dem
Bett, also: trocken schlucken.
Ein geringer Preis für die Euphorie
der vergangenen Nacht.
Selbstexperiment : Selbstzerstörung :
die Unterspülung, Überflutung des
Wortzentrums : Platzregen der Ideen :
Aufbruch der Worte : Sprengung :
Fliegende Fetzen : Gedankengebäude :
Einstürzende Altbauten : Steinbruch :
AssoziaZonen : Das surrealistische
ManiFest : monomanisches Getippe
Gegen Mittag hatte der Handwerker
geklingelt. Der Wasserzähler sollte aus-
getauscht werden. Ich war so besoffen,
dass ich tatsächlich die Tür öffnete.
Ich stotterte ihm meinen Alk-Atem
entgegen. Wie kann man um diese
Uhrzeit dermaßen besoffen sein, hörte
ich ihn denken. Er arbeitete schnell.
Offenbar wollte er schnell wieder weg;
mein Keller & die Treppe dorthin sind
wie das Set eines Horrorfilms; ich bin
verstörrte Blicke gewohnt. Man hält
mich für exzentrisch oder gemein-
gefährlich (alles Quatsch natürlich).
Außerdem trug ich ein T-Shirt, auf
dem der Schriftzug >PSYCHO<
prangte; das machte es nicht besser.
Er beeilte sich so sehr, dass er seine
Taschenlampe vergaß, obwohl sie
eingeschaltet war. Ich trug ihm sein Licht
hinterher. „Tschüss“ ist ein einsilbiges
Wort; das konnte ich gerade noch
sagen. Dann fiel ich ins Bett. Im Bett
lag die Ukulele, ich spielte noch
ein bisschen, dachte an die Ukulele
von Malcolm Lowry – – &
war weg.
Ich hatte mir kein
Versprechen gegeben, kein:
Morgen trinke ich weniger, morgen
trinke ich mehr – morgen morgen
morgen …..
Ich gebe keine Versprechen.
Worte
breche ich. Auf meine
Art.
Feuervogel in Alufolie
Das Radio weckte mich mit Strawinsky.
Viertelwach erkannte ich den Feuervogel.
Ich war müde; sehr müde. Auf halber
Strecke durch den Tagesschlaf hatten Worte
& Ideen mich ins Bewußtsein zurück
geprügelt. Ich hatte in der Finsternis gelegen
& mit geschlossenen Augen die Worte
nach dem Willen der Ideen geordnet. Es
dauerte. Als ich fertig war, speicherte ich
alles in meiner Sülze & schlief weiter.
Nun also: Wach. Ich mache Licht, stehe
auf. Gehe ins Wohnzimmer. Auf dem
Schlitten der Schreibmaschine – 1 leeres
Blatt Papier ist eingespannt – sitzt ein
Nachtfalter. Ich fahre Schlitten mit ihm.
Tippe das Kopfgespeicherte. Dem Falter
isses egal. Der Schlaf hat manches im
Text gestrichen, anderes hinzugefügt.
Fertig, ich gehe kacken.
Dann: Frühstück. Bereit machen für die
Arbeit; zumindest äußerlich bereit.
Ich steige ins Auto, fahre 45 Kilometer
durch die Dunkelheit in die Ödnis der
Fremdbestimmung & des Zeitraubs ….
Job Job Job Job (gut dass ich einen habe,
aber meckern über die Tatsache, einen
haben zu müssen, tue ich trotzdem)….
Alufolie [das Wort hat hier nichts zu
suchen & keinen Sinn, aber ich habe
Lust, es zu schreiben, also tu ichs –
TippTourette] …
Ich komme im Hotel an, spieße mein
Jackett mit dem Namensschild auf; bin
beschildert, gelabelt, gekennzeichnet.
Es ist Samstag. Nicht lange, und die
Lobby füllt sich mit Besoffenen, die aus
der Bar & der Stadt in Strömen fließen.
Eine Menge Vertretervisagen darunter;
Menschen, die unter der Woche kuschen,
und sich am Wochenende rächen. Es
fühlt sich gut an, neben ihnen nüchtern
zu sein. Unter der Woche bin ich ein
Säufer, aber wenn alle saufen, wenn
sowas säuft, vergeht mir die Lust. Wie laut sie
sind. Wie uninspiriert die Roten Augen tränen.
Alkohol weiß mit ihnen nichts anzufangen;
selbst dem Bier sind sie zu blöd. Blicke,
so hohl, dass sogar die Leere ein Echo hat.
Ich setze mich hin, öffne das Textprogramm
& tippe vor mich hin, die Arbeit kann
warten, in der Bar splittert ein Glas, das
Telefon klingelt, jemand reserviert für
nächste Woche, ein Schwarm Chinesen
betritt die Halle, auch sie besoffen, aber
anders, sie sind höflich, entern den Aufzug,
verschwinden, ich tippe weiter, eine
Vertretervisage tritt an die Rezeption,
beginnt mich zuzulallen, ich antworte höflich
wie ein Chinese, aber mein Gesichtsausdruck
veranlasst ihn, sich meinen Namen zu notieren, gut,
dass ich ein Namensschild trage, jetzt werde ich
vielleicht berühmt in irgendeinem Internet-
portal, fluchend schließt er sich wieder seiner
Herde an, ich tippe weiter, draußen Blaulicht
& Sirenen, es ist Samstag, Jetzt zuhause sein,
denke ich, mit dem Nachtfalter & dem Feuer-
vogel, ich tippe das Ende, schicke mir das
Ganze per Email nach Hause, klicke auf das
Kreuz oben rechts ‚Wollen Sie speichern?’,
Nein, will ich nicht. Weshalb bin ich hier?
Ach ja, Arbeiten. Also arbeite ich jetzt. Inzwischen
redet man über Fussball. Gläser klirren. Die
Kollegin aus der Bar bringt Nachschub in die Lobby;
anzügliche Bemerkungen (schon jetzt ist klar, sie
werden ihr kein Trinkgeld geben, wir kennen
unsere Pappenheimer), auf dem Rückweg
lächelt sie mir zu & schaut gen Himmel.
2 Glasaugen nähern sich mir, aus dem Biermaul
sprüht ein Wort: „Toilette?“ Ich gebe eine
Wegbeschreibung (Kotz Blut! denke ich). Und
so geht es weiter weiter weiter. Job Job Job.
Stunde um Stunde. Bis es dämmert.
Dann nehme ich das Namensschild ab, es
fließt kein Blut aus den Wunden des Jacketts,
und ich fahre 45 Kilometer durch das Morgenlicht
in die Oase meiner Selbstbestimmung.
Der Nachtfalter hat den Schlitten verlassen.
Der Text ist noch da. Die Email ist eingetroffen.
Ich werde heute nichts trinken. Und auch auf
der Festplatte habe ich den
Feuervogel.
Erste Sätze
Ich habe verrückte Angewohnheiten.
Schrullen.
In manchen Nächten, seltsam-disparate
Musikmixturen donnern durchs Haus
(Heavy Metal, Swing, Klassik, Pop,
Bebop, Oper), Flaschen sitzen
locker wie die Colts eines Revolver-
helden, da tänzle ich durch die Räume,
vorbei an den Regalen, & ich ziehe einige
meiner Lieblingsbücher heraus, nur
um den jeweils Ersten Satz wieder
zu lesen – selbst wenn ich ihn auswendig
kenne; ich will ihn sehen. Ich liebe
Erste Sätze! Sie entscheiden. So wie
es manchmal der Erste Blick tut.
-Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen.
-Dem Höhepunkt des Lebens war ich nahe, da
mich ein dunkler Wald umfing und ich, verirrt,
den rechten Weg nicht wieder fand.
-Stattlich und feist erschien Buck Mulligan am Treppen-
austritt, ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein
Spiegel und ein Rasiermesser lagen.
-Angefangen hat das so.
-Die Sonne schien, da sie keine andere Wahl hatte, auf das
Nichts des Neuen.
-„Was ist das. – Was – ist das …“
-Zwei Gebirgsketten ziehen sich in etwa nordsüdlicher
Richtung durch die Republik, und dazwischen breitet sich
eine Anzahl von Tälern und Hochplateaus aus.
-Zuerst dieses hauchend lange, pfeifende Heulen, mitten in der
Luft, als käme die Lokomotive, die Sie nirgends sehen, im
Bogen unter den Wolken hervor, die unbewegt niedrig über
dem Hügelrand warten, bis man sie nicht mehr erblicken wird.
-Da ist ja die Person, die ich gesucht habe.
-Es war in jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und
hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verläßt, ehe
er von ihr gezeichnet wurde …
-Das Schauspiel dauerte sehr lange.
-Ende November bei Tauwetter gegen neun Uhr morgens
eilte der Eisenbahnzug Warschau-Petersburg mit Volldampf
seinem Endziel entgegen.
-Nichts Niemand Nirgends Nie !
-Ein heiterer Juniusnachmittag besonnte die Straßen der
Residenzstadt.
-Am Wahltag war es über mich gekommen.
-Hört meine letzten Worte.
-Der Captain rührte keinen Alkohol an.
-Dies hier ist ein erstes Kapitel, welches verhindern soll, daß
vorliegendes Werkchen mit einem Zweiten Kapitel beginne.
-Aus einer privaten Irrenanstalt in der Nähe von Providence,
Rhode Island, verschwand kürzlich eine höchst sonderbare
Person.
-Er stand vor dem Tor des Tegeler Gefängnisses und war frei.
-Kaufleute, Autoren, Mädchen und Quäker nennen alle Leute,
mit denen sie verkehren, Freunde; und meine Leser sind also
meine Gast- und Universitätsfreunde.
-Es regnete, als ich um 5 Uhr morgens in New Orleans eintraf.
-Wir saßen an unseren Aufgaben, als der Rektor eintrat.
-Mehr als zwei Monate vergingen, bevor Des Esseintes in die
Stille seines Hauses bei Fontenay eintauchen konnte.
-Ich wohne in der Villa Borghese.
-Unglücklich ist derjenige, dem die Erinnerungen seiner Kindheit
nur Angst und Traurigkeit bringen.
-Mein Vater war ein Kaufmann.
-Heute ist Mama gestorben.
-Dann war das schlechte Wetter da.
-Das beste wäre, die Ereignisse Tag für Tag aufzuschreiben.
-Es gab in der Stadt zwei Taubstumme, die man stets beisammen
sah.
-Das Mondlicht fällt auf das Fußende meines Bettes und liegt
dort wie ein großer, heller, flacher Stein.
-Wahrhaftig! – reizbar – sehr, fürchterlich reizbar waren meine
Nerven gewesen, und sie sind es noch; doch warum meinen Sie,
ich sei verrückt?
Ja, verrückt.
Ich habe verrückte Angewohnheiten.
Die Musik donnert durchs Haus.
Und die Flaschen sitzen locker.
Und ich werde noch lange unterwegs sein,
vor den Regalen.
Havarie
Ein Meer
das riecht wie
meine Kindheit
Wacholder
37 % Alkohol
manchmal auch 47
Heiligabend
der erste nach dem Tod
meines Vaters
ich war 13
Mein ältester Bruder
gerade aus dem Knast entlassen
gab mir Gin mit O-Saft
Liebe auf den Ersten Ruch
Ein Duft wie der
Nagellackentferner meiner
Mutter
Wiedergefundene
Zeit
Mal etwas Grundsätzliches
Damals war ich so verbissen wie ein ausgehungerter Hai. In fast allem. Aber besonders was das Schreiben anging. Jugend – auch ich hatte mal sowas. Ich saß in einem kleinen Kellerzimmer mit niedriger Decke vor einer Schreibmaschine aus den 50er Jahren. Drechselte & feilte. Feilte wieder. Schrieb um. Schrieb neu. Schrieb Fassung um Fassung. Schrieb langsam; so langsam. Schrieb seitenlange Sätze. Klebte Zettel in & an das Typoskript. Und um 100 Seiten fertig zu haben, hatte ich vermutlich 300 geschrieben. Wehe wenn ich irgendwo das leiseste Geräusch hörte. Ich rastete aus, lief fluchend in dem kleinen Zimmer umher; ich war sofort raus aus dem Fluss. Der Druck war gewaltig. Der Druck, den ich mir machte. Den Es-in-mir mir machte. Dabei schrieb ich nur für mich. Nur 2 oder 3 Menschen hatte ich mal einen winzigen Teil davon gezeigt. Mehr wollte ich nicht; mehr brauchte ich nicht.
Schreiben war Leiden. Und ich dachte, das müsse es auch sein. Selbstzerfleischung, Ringen um das mot juste. – Irgendwann war das Leiden aber so groß, dass ich mit dem Schreiben aufhörte. Oder Es hörte auf. Für Jahre. Viele viele Jahre. Ich konzentrierte mich auf die Musik. Natürlich verbissen. – Das Schreiben war gestorben. Punkt.
Jahre …. Jahre …. Jahre ….
Und dann kehrte es wieder. Als Zombie. In Fetzen. Eine chemische Reaktion? Radioaktiver Müll? Keine Ahnung. Egal. – Und alles war alles anders diesmal. Ich war schlampig geworden. Und es ist großartig, schlampig zu sein! Es gibt keinen Druck mehr. Nur noch Lässigkeit. Hingerotzte Worte; Texte wie Dartpfeile – & es ist mir egal, wo sie die Scheibe treffen. Ob sie die Scheibe überhaupt treffen oder in der Wand landen. Oder auf dem Boden. Ich sitze da, die Musik dröhnt gegen meine Gedanken an, und ich haue auf die Tasten – 10 Finger in einem seltsamen Rhythmus. Nebenher surfe ich im Internet, twittere, chatte, lese oder schreibe Emails. Ein Satz hier, ein Satz dort. (Moment, ich muss gerade mal staubwischen; bin gleich wieder da.) Draußen schreien Kinder. Oder ich schreibe bei der Arbeit, umgeben von grölenden Besoffenen in der Hotelhalle, die zwischendurch immer wieder etwas von mir wollen.
Wo ist das Leiden hin? Keine Ahnung; zumindest ist es nicht mit auferstanden. Es kann mir gestohlen bleiben. Tot. Die Besseren sollen ruhig weiter leiden, weiter suchen & sich quälen. Ehrgeiz im eigentlichen Sinne hatte ich nie; aber ich hatte so etwas Ähnliches mir selbst gegenüber. Und nun existiert auch das nicht mehr.
Ich schreibe schnell. Ebenso schnell lade ich es im Internet hoch & vergesse es wieder. Manchmal – aber das liegt dann an den Cocktails, die ich mir nebenher mixe – weiß ich schon am nächsten Tag nicht mehr, was ich zuletzt geschrieben habe. Dann schaue ich es mir noch mal an. Aus reiner Neugier. Was habe ich da wieder im Vollrausch verzapft? Fast lese ich es wie einen fremden Text. Selten ändere ich etwas. Es interessiert mich nicht mehr. Wichtig ist nur noch, dass ich mich bei & nach dem Schreiben gut fühle. Raus aus der Depression der Ausdruckslosigkeit. Einen anderen Sinn suche ich darin nicht mehr. Wenn es jemand anderem gefällt, schön. Wenn nicht, auch schön. Eigentlich müsste es nicht einmal mir gefallen. Ich will keinen Blumentopf damit gewinnen. Und ich möchte ihn mir auch nicht selber überreichen.
Tja, Jugend – schön & gut. Aber manches wird einfach besser, wenn man älter wird. Zumindest subjektiv. Und sollte es objektiv betrachtet schlechter sein, ist es einem scheissegal.
Und wenn ich mir ständig widerspreche, widerschreibe, ist es mir ebenfalls egal.
Das wollte gerade heraus, also habe ichs herausgelassen. Ich habe einen gräßlichen Kater im Moment. Mehr Grundsätzliches habe ich nicht zu sagen.
Ey, Alter!
„Ey, Alter“, sagte er, „was ist
eigentlich mit dir los? – Du bist
der einzige Säufer, den ich kenne,
der im Vollrausch Shakespeare-Monologe
aufsagt. Und das auch noch auf deutsch
und englisch.“
„Tatsächlich?“ sagte ich. „Ich dachte, das
tun sie alle. Aber danke für
die Frage.“
Ungeschrieben
Ein Schild:
‚Wegen Selbstzerstörung geschlossen!’
An wievielen Türen es doch
gehangen hatte. Türen zu kleinen
kahlen Zimmern. Zimmern voll
von Papier; von Stiften & Gänsekielen;
Eine einsame Schreibmaschine. Voll von
Staub.
Die Zimmer meiner toten Helden.
Die jünger starben als ich heute bin.
Sie hatten keine Wahl. Die
Selbstzerstörung wählte sie,
erwählte sie. Um ihnen den Ausweg
zu weisen …. den letzten, den
einzigen Ausweg aus dem,
was ihnen zugeteilt worden war ….
Manchmal versuche ich sie zu
träumen: die Geschichten, die
Poe nicht mehr schreiben konnte;
die Gedichte, die Dylan Thomas
mit ins Grab nahm; die Romane, die
Malcolm Lowry ermordet hat ….
Die Liste führt ins Unendliche.
In die Unendlichkeit des
Menschseins, das die Besten
oftmals nicht ertragen können.
Ich erwache.
Wieder ist mir ein Traum
nicht gelungen.
Ich erwache.
Wahrscheinlich wird mir auch das Leben
nicht gelingen.
Ich erwache.
Und erhebe mein Glas
Auf
Euch
Ihr toten
Helden!
Die Goldwaage der Nüchternen
Und die Nüchternen erwachen morgens
nüchtern. Und sie hören, was ich sage –
wenn ich etwas sage. Und sie lesen, was
ich schreibe – wenn ich etwas schreibe.
Und sie legen meine Worte auf die
Goldwaage ihrer Nüchternheit. Und
sie wiegen nach. Nüchtern. Und die Maßeinheit
heißt Verletzung. Und die Verletzung wiegt
schwer. Obwohl meine Worte nicht
Gold sind. Meine Worte sind nur Blei.
Morgens.
Eine Nacht voller Cocktails liegt
hinter mir. Meine Munition. Ich bin
geladen. Mein Hirn ein Magazin von
Dum-Dum-Geschossen. Ich schieße
um mich, wild & rücksichtslos;
manchmal auch sentimental.
Pardon wird nicht gegeben.
Unsichtbares Blut läuft aus offenen
Wunden. Aus den Wunden der
Nüchternen, die gerade erwacht
sind; und die als erstes ihre
Goldwaage polieren.
Sie sollten sie in Zahlung geben,
diese Goldwaage. Sie bedeutet nur
Schmerz. Vielleicht
bekommen sie dafür eine
schusssichere Weste. Ich wünsche
sie ihnen.
Und manchen von ihnen würde ich
sie sogar gerne
schenken.
Bekanntschaft
Eine Bar in ungemütlichem Licht.
Nach dem 8. oder 9. Vodka-Martini auf
nüchternen Magen war ich in
Erfinderlaune. Ich sagte zu meiner
Bekannten:
„Siehst du den alten Typen da drüben,
im Holzfällerhemd? Das ist ein
berühmter Schriftsteller; ein berühmter
schwuler Schriftsteller, kenne ich ausm
Fernsehen.“
Sie nippte an ihrem Rotwein, schaute
kurz hinüber.
Ich sagte:
„Und weißt du was; ich glaube, ich
werde zu ihm rübergehen & ihm an-
bieten, seinen Schwanz zu lutschen.
Vielleicht besorgt er mir dann einen
Verleger.“
Ich hatte ein Lächeln erwartet; aber
mich traf nur der kalte Blick der
Humorlosigkeit.
„Das würdest du tun?“ sagte sie. „Du
würdest dich prostituieren?“
Ich war nicht in der Stimmung,
einzulenken. „Na klar, tief in mir
drin bin ich eine Nutte. Ein Stricher.
Wußtest du das nicht? Und ich bin
nicht mal schwul. Aber was solls; man
muss Prioritäten setzen.“
Offensichtlich konnte ich Rotwein
in Essig verwandeln.
Da wurde mir klar, dass wir uns nicht
kannten. Vielleicht niemals ein
Wort des andern richtig verstanden
hatten.
Wenn ich einen Brief abzuschicken habe,
gehe ich nachts zum Briefkasten; ich
will nicht gesehen, nicht angesprochen
werden von Nachbarn. Ich will meine
Ruhe, Ruhe. Ruhe!
Für andere nur schemenhaft
existieren…..
Anonymität
Versteckspiel
Untergang in der Masse
Unkenntlichkeit
Schweigen. –
Das ist es, was ich brauche.
Nichts sonst.
Ehrgeiz?
Ich verstehe das Wort nicht.
Ehre …. Geiz ….
Verschwindet!
Schon in der Grundschule
schwieg ich oft, wenn die
Lehrer mich etwas fragten –
vor allem wenn ich die Antwort
wußte.
Ich schwieg nicht aus
Schüchternheit. Ich
sah keinen Sinn im Antworten.
Der Pubertätstraum der
Prominenz verschwand mit
der Pubertät.
Ich wollte nur dasitzen &
vor & für mich hinkritzeln
& -tippen. Keine
einzige Seite aus meinen
Papierbergen hätte ich jemals
in einen Briefkasten gesteckt.
(Wenig Resonanz von wenigen
Menschen war gut & genug.)
Man kennt sich nicht.
Man versteht sich nicht.
Ich trank noch einen
Martini.
„Übrigens, die Frau, die sich
dahinten unterhält, ist eine berühmte
Schriftstellerin. Ich werde ihr
anbieten, sie zu ficken. Dann kann
ich vielleicht zwischen 2
Verlagen wählen…..“
Ungemütliches Licht.
Eine Bekannte.
Eine entfernte Bekannte.
Eine Bekannte, die sich
entfernte.
Angstschweiß
Ich finde sie schön, deine
hohe Stirn
Noch schöner finde ich sie
im Glanz des Angstschweißes,
glitzernd & reflektierend.
Ich verstehe ihn,
den Schweiß der Angst;
Angst vor dem Leben,
Angst vor dem Ende &
dem Nichts.
Ich lecke ihn ab, bevor ich
ihn mit Tequila
hinwegspüle.
Das Leben ist sauer,
& deine Angst ist
salzig.
Und ich finde sie
schön & ich
finde sie
süß.
Die 5beinige Spinne
Bei einer 5beinigen Spinne frage ich mich immer,
was ihr unterwegs passiert sein mag. Das Leben ist hart.
Mit Verlusten ist zu rechnen. Hungrige Katzen
lauern überall. Wie ängstliche Menschen.
Wehe, man verlässt sein Netz. Aber
nicht mal dort ist man sicher.
Die Spinne geht auf 5 Beinen, und ich
bemerke ihr Hinken nicht. Sie ist schnell,
noch immer. Vielleicht haben wir etwas
gemeinsam. Vielleicht nur das Erschrecken der
anderen, vielleicht die Hässlichkeit in den
Augen der Betrachter – denn auch ich
erschrecke, wie bei dem Blick in den Spiegel.
Ich stehe bereit –
mit dem Schuh; oder mit der Flasche,
um uns zu erlösen ….
sie von ihrem reduzierten Dasein,
mich vom Schrecken & der grundlos-abgründigen
Angst.
Aber vielleicht
werde ich es mir noch
anders überlegen.
Klar
Ich bin nicht der Märchenprinz
aus dem Reich der Wattebausch-Poesie.
Ich wasche nicht meine Gedanken
in Unschuld (oder wie immer die Lauge
heißen mag).
Ich bürste nicht die Erde von den Worten,
die ich benutze oder mißbrauche;
egal, wo ich sie ausgegraben habe.
Sie brauchen nicht sauber zu sein,
solange sie klar sind.
Klarer
als mein Verstand
nach 13 klaren Schnäpsen
Klarer
als die rosarote Brille
der Mißverständnisse
Ich bin es nicht.
Ich bin es nicht.
Und es tut mir nicht
leid.
Gerümpel
Gerümpel liegt auf dem Weg –
sperrig & unnütz, manchmal schön,
angesammelt in den Zeiten des
wachsenden Bewußtseins,
Zeiten des Erkennens, was
am Ende des Weges wartet …..
Der Blick auf dieses Ende
soll verstellt werden.
Die Gedanken sollen sich ver-
fangen in Nichtigkeiten, in
Tand, in Blendwerk.
Den meisten Menschen gelingt
es meistens. Manchen Menschen
gelingt es manchmal. Wenigen
Menschen gelingt es nie.
Manchmal bin ich versucht,
das Gerümpel mit reinem Alkohol
zu übergießen & meine glühende
Zigarre daran zu halten …..
Aber wozu? Was
würde es ändern?
In der Summe:
Nichts.
Jedem seine Blindheit!
Vielleicht saufe ich mich blind
mit reinem Alkohol – &
zur Sicherheit staple ich die
leeren Flaschen auf den
Weg, denn
das Glas
bricht auch meinen
Blick.
Die Vermisstenanzeige
Die Vermisstenanzeige spare ich mir;
die Suchtrupps sollen zuhause bleiben &
es sich gemütlich machen;
es gibt keine Spürhunde für das, was
mir längst nicht mehr fehlt.
Abgesoffen in einem umgekippten Tümpel;
versunken in Moor oder Treibsand;
verbuddelt in gefrorener Erde.
Entlaufen, entführt, verirrt? Egal.
Eine Suche, die nicht begonnen wird,
kann nicht eingestellt werden.
Das gefällt mir.
Glück, Liebe, Erfolg, Ruhm….
Ich bin zufrieden.
Friede meiner Asche.
In allem kann ich sehen, was
eigentlich nicht da ist. Das Gesicht
in der Maserung; die Tiere am
Abendhimmel; die Augen im
Schaum.
In der Wasserflasche könnte Gin
sein. Also macht mich ihr Anblick
zufrieden.
Die Vermisstenanzeige spare ich mir.
Nichts wird eingestellt.
Nichts wird aufgegeben.
Die einfachsten Cocktails
& dann gehe ich an meine Hausbar
& sage : „Hey, wir Flaschen sind wieder unter uns.
Wir kennen uns, ihr schillernden Schätzchen.“
& mit den Cocktails ist es wie mit so vielem
anderen im Leben :
Das Einfachste ist oftmals das Beste
2 Tropfen Wermut
& ½ Flasche Gin
Das ist klar
Das geht klar
Weg mit den bunten
Komplikationen
Fort mit den Schnörkeln
Noch einfacher :
Vodka pur
aus Russland
klar wie die Sätze
der
russischen Literatur
Ваше здоровье!
Das Pochen
Ein dumpfes Pochen wie
die verzweifelten Faustschläge eines
Lebendigbegrabenen in seinem Sarg
Das Pochen lebte in meinem Schädel
Vergangenheit, die ich für tot erklärt hatte
obwohl sie es nicht war
Sie wollte wieder hinaus
diese Vergangenheit, aber
die Schrauben & Nägel saßen fest
Ich nahm eine Kopfschmerztablette
& das Pochen verstummte
Dann flutete ich den Sarg mit Whiskey
Die Todesspinne
Die Todesspinne setzte sich auf mein Gehirn
& begann zu weben
Gedanken verwoben sich in ihren Fäden
wurden unbeweglich & ausgesaugt
wie blauschimmernde Fliegen
Die Beine der Spinne waren 8 & schnell
Benetzt & gefangen war mein Geist
Schwarz zuckend saß sie auf grauem Grund
Ihre Gründe ergründete ich nicht
Sie grinste wie die Spinne von Redon
die über dem LeseSessel von Huysmans hing
Tief unten & Gegen den Strich
war sie mir
sympathisch wie
der kühne Schwung der
Sense
über dem gelben Feld der
Eintönigkeit
wo unter dem kalten Blick der
Raben
der Maler sich
erschoss
Das Mehr
Jeder Tag ist mehr als der vorherige …
Ein Meer aus Alkohol …
Ein Mehr an Betäubung …
Ein Meer der Zerstörung …
Ein Meer aus Worten …
Das Mehr des Meeres …
Ein Meer aus Scheisse &
vielleicht
Liebe
Jeder Tag ist mehr als der vorherige …
Ein Meer aus Schmerz &
vielleicht
Das Tote Meer
Der Mantel
Selbst im Sommer trage ich meinen Mantel;
schwer-geschultert ruht er schwarz.
Schutz gegen Kälte in der Hitze.
Die Taschen vollgestopft mit optischem Gerät:
Lupe, Mikroskop, Visier & Zielfernrohr.
Entferntes nagele ich ans Fadenkreuz.
Nahegehendes trinke ich aus dem Vergrößerungsglas.
Das Staubkorn will erlebt werden.
Das Zwinkern der Insekten kann wichtig sein.
Die Kontaktlinse hilft nicht aus der Einsamkeit,
aber das Kaleidoskop splittert bunt.
Ich exe den Klaren aus Glasaugen &
fische im Trübsinn.
Es surrt das Reale hinter meiner Waschbrettstirn,
muskulös vom Gedenken.
Träume platzen wie reife Blasen.
Im kugelsicheren Westen geht die Sonne unter
wie Seife in der besoffenen Badewanne.
Wie tief bin ich betrunken!
Eier presse ich aus wie die Früchte des Zorns.
Der Korn wächst auf leuchtenden Zusammenhängen,
besonnt vom Mond, glühend wie ein brennender Galgen.
Ich ziehe Asse aus dem Ärmel wie Zitate &
pokere mit Höchsteinsatz.
Die Lust behandelt mich unfair.
Ich weiß, ich weiß, ich weiß, ich schwarz.
Schwarz wie der Mantel
auf meinen schweren Schultern
im Sommer, wenn der Regen
splittert wie
Glas.
Murmeln
Die Freitagsschlange im Supermarkt.
Alte Menschen bei zähklimpernder Kleingeldsuche.
Ich schob meinen Flaschenwagen ans Laufband;
Alkoholvorrat für die nächsten Wochen.
Es gab mal wieder irgendeine lächerliche
Kundenlock-Aktion: für so&soviel Umsatz
bekam man etwas. Kleine Tütchen mit irgend
etwas Dickem, Rundem darin. Da ich
eine Menge Sprit kaufte, bekam ich 7 oder
9 von diesen Dingern & warf sie 8los in
den Wagen. Ich zahlte. Dann schob ich mich & den
Wagen in Richtung Ausgang; folgte den
kahlen Stellen auf den Köpfen der Rentner.
Flaschenklirren.
Ein kleiner bebrillter Junge auf dem Parkplatz.
Sein Roller lehnte an einem Geländer, am
Lenker eine Plastiktüte. Der Junge sprach
mich an. „Sammeln Sie Murmeln?“
„Nein.“ Ich war müde & verkatert, ging
weiter. Er mir nach.
„Haben Sie welche bekommen?“
Ich hielt an. „Was meinst du?“
Ein winziger Zeigefinger deutete auf die Tütchen
zwischen meinen Flaschen. „Die da.“ Ich war
müde & verkatert & begriffsstutzig – aber
dann machte es doch noch Klick!
„Ach so“, sagte ich. „Die brauch ich nicht,
kannst du haben.“
Ich klaubte die Tütchen zusammen, er
machte eine kleine Schale aus seinen Händen.
Als ich die Tütchen hineinfallen lies – es waren
fast zu viele für sein Fassungsvermögen -, kicherte
er glücklich. Er war 5 oder 6 Jahre alt &
grinste mich durch seine Brille an.
„Dankeschön.“
Da wusste ich: Mein Trinken hat
eine helle Seite, die leuchten kann.
Ich fuhr nach Hause. Und
grinste dabei.
Die Nacht ist Rum
Die Nacht ist Rum
Der Tag ist Wasser
Manchmal weiß ich nicht
was ich im Glas habe
Vielleicht kalten Grog
ohne Zucker
Und ich weiß nicht
wie spät
Und ich weiß nicht
ob es hell oder dunkel ist
dort draußen
Falls es das Draußen
wirklich gibt
Es ist gleich
Es ist gültig
Es ist gleichgültig
Es ist jetzt &
Es soll mir niemand sagen
wie spät es ist
Nichts los
Mit dieser Nacht war nichts los,
oder mit mir war nichts mehr los.
Ich hasse solche Nächte, die
nach der Euphorie kommen;
hasse den tiefen Absturz nach
den Höhenflügen.
Ich fand alles scheisse, was ich
jemals geschrieben hatte, ich wollte
alles klammheimlich verschwinden
lassen, auslöschen. Ich
dachte daran, dass ich am nächsten
Morgen auf den verdammten
Handwerker warten musste, der
den Stromzähler austauschen wollte;
ich dachte daran, dass ich
einkaufen musste, dass ich
tanken musste, dass der Wagen
vielleicht nicht anspringen würde;
ich dachte daran, dass ich abends
wieder zur Arbeit fahren musste.
Haare waschen, rasieren, Männchen
machen. Alles widerte mich an.
Dazu kam all das, wozu ich mich
wieder nicht hatte aufraffen können:
Wäsche waschen, Staubsaugen,
Haare schneiden. Es war
lächerlich. Ich war lächerlich.
Diese Nacht war lächerlich.
Aber am lächerlichsten war es,
sich hinzusetzen & darüber zu
schreiben.
Der alte Teppich
Der alte Teppich kannte
die Zahl meiner Schritte
Der alte Teppich zählte
die Schlucke, die ich verschüttet hatte
Der alte Teppich schluckte
unsere Orgasmen
Der alte Teppich kannte
die Einsamkeit
Der alte Teppich wußte
wohin
Der alte Teppich wies
mir den Weg
Der alte Teppich war
alt
Er war wie
ich
Schwarzes Papier
Die schwärzeste unter den Nächten
verschluckte die Mondscheibe &
fraß Laternenlicht. Schwarze
Perlenketten wurden aufgeschnitten.
Die Nacht schrieb ein Gedicht
mit schwarzer Tinte auf schwarzes
Papier; & nannte es Tod der
Erinnerung.
Ich wankte durch Dunkelheiten &
spuckte in den Rinnstein: Schwarzes
Blut. Schwarze Tiere mit schwarzen
Zungen leckten es auf.
Das Etikett der Flasche war schwarz.
Ich trank die Nacht. In meinem Kopf war
schwarzes Papier. Ich schrieb ein Gedicht
darauf; & nannte es Egal.
Die schwärzeste unter den Nächten
konnte es entziffern; sie hatte den
schwarzen Schlüssel zur Geheimschrift
meiner Gedanken.
Ich schluckte, was sie schluckte;
ich schrieb, was sie schrieb;
Pulsadern wurden aufgeschnitten &
aus schwarzem Blut formten sich Worte.
Die schwärzeste unter den Nächten
war stumm wie eine Perle, & sie
erkannte mich; denn
sie hatte mich geboren.
Mein kostbarster Besitz
Mein Hirn: eine matschigfaule Frucht
Ein Kater schnurrte darin &
spielte mit seiner Schwanzspitze
Die Sonne tat was ich wollte: Sie ging unter
Was war passiert
letzte Nacht oder
am Morgen bevor ich
schlafenging?
Ich erinnerte mich
dunkel
Ein Gefühl war gekippt
wie billiger Wein der
zulange offen steht
Essig
Ich konnte wieder klar
sehen
Nicht dass mir an der Klarheit
viel gelegen wäre
Aber ich gehörte wieder
mir selbst
Mein kostbarster Besitz
Ich machte mir mein
abendliches Frühstück:
Eier mit Schinken auf Toast
Ketchup
1 Liter Grüner Tee &
ging damit zurück ins Bett
Schaltete das Radio ein
atmete unfrische Luft &
fühlte mich gut
Gedanken kehrten zurück
in meinen Schädel
Sie waren mein Eigentum
Gedanken wie reife
Eiterbeulen
Und diejenigen
die nicht von alleine platzten
konnte ich
ausdrücken
Die nächste Nacht
stand bevor
Mehr brauchte ich nicht
Mehr brauche ich
nie
Nichts Besonderes
Ich betrachtete die Fleckenfratzen auf der Theke,
versuchte etwas in ihnen wiederzuerkennen;
gute alte UnBekannte. Die sich aus dem Staub
gemacht hatten. Staub, in den man zeichnen
konnte, mit Fingern der Langeweile.
„Du hättest etwas aus deinem Leben machen können“,
sagte er.
„Das Leben hat etwas aus mir gemacht“, sagte ich. „Und
das ist mir wichtiger.“
Das Bier schmeckte nicht besonders. Ich grinste.
„Ansonsten hat sich niemand etwas aus mir gemacht.“
„Das ist ja wohl nicht wahr“, sagte er.
„So wahr wie meine Wahrheit sein kann.“
„Also nicht besonders wahr.“
„Stimmt“, sagte ich. „Nicht besonders. Aber
es klang schön. Und das ist die Hauptsache.“
Gegenüber saß eine junge Frau neben einem
sehr viel älteren Mann. Sie unterhielten sich
angeregt. Der Mann war etwa
in meinem Alter. Hin & wieder sah die Frau
zu mir herüber; blickte mir tief in die Augen.
Ich las in ihnen: Du bist nichts Besonderes.
Ich bestellte noch 2 Bier.
Worauf wollte ich hinaus?
Keine Ahnung. Auf Nichts wahrscheinlich.
Ich will meistens auf Nichts hinaus.
Ich kenne mich aus im Nichts & mag es.
Wir schwiegen. Wir tranken.
Ich blickte auf die Flecken, betrachtete die Augen.
Hörte auf Nichts.
Dann
machten wir uns aus dem Staub.




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