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Ärsche

Erst
hielt sie ihren Arsch hin.
Dann
hielt sie mich hin.
Als
wäre da kein Unterschied.
Nun
gut – geil waren wir
beide.

Ein An
blick……

Ein Zu
stand……

Sie: ein Ziel.
Ich: eine Sehnsucht.

Erst
hielt sie sich hin.
Dann
hielt sie mich hin.

Die Muse
die tropfend auf mir gesessen hatte

als wir uns kaum kannten.

Wir lernten
uns kennen…..

Kamen
uns abhanden.

Denn
Nichts lässt sich
halten

so
lange
man will.

Nichts hält
was es ver
spricht.

Irgendwann
nach dem Ver
lust
kommt das Ver
siegen.

Und dann
fällt mir

Nichts

mehr


Furchtbar banal

Wäre am Anfang so wenig wie
am Ende – wäre
Alles in Ordnung.

In welcher Ordnung auch immer.

Doch am Anfang ist
mehr.

Mehr
von
Allem

was gut ist –

& nichts von dem
was weh tut.

Vergessen wäre gut
am Ende.
Doch statt des Vergessens kommt das

Vergleichen.

Was war….
Was ist….
Was bleibt….

Ich weiß,
das ist alles
furchtbar

banal.

So
wie irgendeine x-beliebige
Liebesgeschichte.

Aber – genau
deshalb kam ich ja
darauf.

Jemand rammte ihr einen Spaten in den Zeh.
An dem Abend, bevor sie zu mir kommen wollte.
Das war auch so eine Art
Anfang.

Von
irgendeinem
Ende.

Und außerdem
eine ganz andere
x-beliebige

Geschichte.


Nichts & Niemand

Niemand
sah ihr ähnlich

Überall
erkannte ich
nur Unterschiede

Nichts
hatte etwas mit ihr zu tun

Nirgends
hörte ich
eine Stimme wie ihre

Nie
war sie irgendwo

irgendwie nirgendwo

Und doch

Alles & Jedes
erinnerte mich

immer

an
SIE


Trockene Luft

Die orangenen Lämpchen der Radiatoren leuchteten.
Hinter ihren heißen Rippen gab es keine Frau,
die sang: »In heaven everything is fine«.
Wie in jenem Film.
2 Räume waren beheizt.
Die anderen: kalt.
Der Flur: kalt.
Temperaturunterschiede – als sei
Drinnen: Drinnen & Draußen zugleich.
Nacht.
Wie immer.
Aus der beheizten Einsamkeit des Schlafzimmers
ging ich in die kalte Einsamkeit der Küche, um
eine weitere Flasche Wasser zu holen.
Sah: die nackten Beine, die ich
vorm Tiefkühlfach fotografiert hatte……
& die nun fehlten – sah sie
in mir.
Ich brauchte keine Fotos.
Meine Kehle war so trocken
wie der Humor eines guten Bestatters.
Ich ging zurück, legte mich wieder hin, trank.
In der künstlich erzeugten Wärme –
der verwüsteten Luft.
Erinnerungsoasen schwitzten in der Einöde……

Hochsommer
Die Frau geht meine Kellertreppe hinauf
In einem Jeanskleid
Ich hinter ihr – unter ihr
»Ich bin schon wieder ganz nass«, sagt sie, »fühl mal.«
Sie bleibt stehen
Ich fasse unter das Kleid, unter dem sie
nichts trägt….
»Ja«, sage ich
»Weiter vorne«, sagt sie
»Oh ja«, sage ich
Wir lachen
»Was machst du nur mit mir?«, sagt sie
»Nichts«, sage ich

Nichts.
Luft, Lust, Trockenheit, Nässe.
Nichts bleibt.

2 Räume waren beheizt.
Ein kalter Flur dazwischen.
Orangene Lämpchen in der Nacht.
Auf dem Nachttisch: ein Bleistift.
Für den Fall, dass mir etwas einfiele.
Und ein Radiergummi.
Für den Fall, dass…..
Ein leichtes Stechen in der Brust; ein
stetiges Schlagen….
Hinter den Rippen gab es eine Frau.

Eine Frau, die
sang…..


Asche zu Asche

Solange
ich brenne

hast Du

Licht –

im Dunkel

Wärme –

in der Kälte

Knistern –

in der Stille.

 

Solange
ich brenne

nähre ich die Flammen

die Du

entfacht hast.

Was übrig bleibt

von mir
von Dir
von uns

ist –

immer
dasselbe.

Liebe & Tod…..

Asche zu Asche.


Die Versetzung

Du hast mich

versetzt.

In Dich hinein.
Ich versetze Dich.
In mich.
So sind wir
Wir.
Immer
in
uns.
Zusammen.


Schuhe

Niemals
sah sie ihn

in Schuhen

Niemals
traf sie ihn

im Freien

Niemals
schien die Sonne

zur selben Zeit
auf sie beide

Sie
trafen sich
in Innenräumen

Träumen

unter Decken

zwischen Wänden

Mauern

im künstlichen Licht

Ungeschützte Schritte
im Schutz des Innern

Und
wenn sie sein Haus betrat
zog sie

als erstes
ihre Schuhe
aus

Und
er betrachtete sie

Und
barfuß gingen sie
gemeinsam

in
einen anderen
Raum

im Inneren
frei


Die Ratten warten auf uns

Vergiss nicht:
Wir haben noch eine Verabredung
unter der Brücke jener Stadt
die mir fremd ist
& die Du
schon kennst.

Wie wir darauf kamen?

Wir betrachteten ein Foto –
diese Brücke
bei Nacht
im Schein des Laternenlichts
romantisch & schön….

Und Du sagtest:
Da war ich schon mal….
Es gibt unheimlich viele Ratten
unter dieser Brücke.

Und ich sagte:
Ich habe nichts
gegen Ratten.

Und so
machten wir es
aus –

wir
würden dorthin
reisen

gemein
sam

uns trennen um

uns
zu treffen
unter der Brücke

uns halten
uns küssen
uns lieben

den Geräuschen der Ratten lauschen
& das Glitzern der Nacht in ihren Augen betrachten

Vergiss nicht:

Die Ratten warten

auf uns.


Der Abgrund neben dem Bett

Der Abgrund
neben dem Bett
war tiefer als erwartet.

Und doch
konnte ich dort stehen
& herabsehen

auf das Bett
das wie eine Insel war.

Die Geliebte
lag darauf ….

& im zittrig-orangenen Licht der Kerzen
streckte sie ihre Arme aus
wie ein Kind
das aufgehoben werden möchte.

Hätte die Wirklichkeit einen Sinn
für Symbole & Poesie
wäre in jenem Moment
eine Sirene zu hören gewesen –

die Sirene eines Rettungswagens.

Allein –
es war
ganz still.

Ganz

still.

Und alles schien
verkehrt –

denn
ich war es
der aufgehoben werden wollte.

Aus dem Abgrund
ließ ich mich fallen
in die Arme….

& Alles
war
richtig.


Der unsichtbare Bruch

»Sieh mal, da
hast Du etwas
kaputt gemacht.«

»Was? Wo?
Ich sehe nichts.«

»Eben.«

Etwas Unsichtbares
ging
zu Bruch.

Splitterte
in eisiges
Schweigen

mitten
in der Nacht.

Und
da es unsichtbar war
blieb nur

die Hoffnung

alle Bruchstücke
wiederzufinden

durch
vorsichtiges
Tasten

& Fühlen.

Gewissheit
Alles
wiedergefunden zu haben

würde es
niemals
geben.

Ledig
lich
die nagende Angst

ein
(vielleicht nur winziger)
Splitter

könnte
für immer
verloren
sein.


Das gefangene Tier

Sprich
wörtlich ist das
Auf & Ab
Laufen
des Tieres
im Käfig

Ich lief
auf & ab
Amok
in der Nacht

Schrie & brüllte & rief
auf einen
An
ruf
beantworter
der
Nichts
beantwortete

Stumm
geschaltete
Telefone ….

Die Unerreichbarkeit
des Menschen
der behauptet
zu lieben …..

Nicht gehaltene Worte
fielen
& zerbrachen
auf dem Boden
der Tatsachen

Gebrochene Versprechungen
ausgekotzt
im Eimer

Sprich
wörtlich ist das
Auf & Ab
des Gefangenen

Die Schläge
des Herzens
im Rippenkäfig

Ein Knockout
nach
dem Anderen

Die fremde Stimme
auf einer Mail
Box

Auch
ich
bin
ein
Tier.

Ein Wolf –

Ge
trieben

in die Enge

des Herzens.

Hinter den Gittern
des Schweigens
laufe ich

hin & wieder

auf & ab.

Und
was gefangen ist
denkt an

Aus
bruch.


Hemingway aufm Klo

Ich dachte an Hemingway,
der zum Schreiben aufs Klo ging,
um Marys Schlaf nicht zu stören.
Damals
im Ritz.
In Paris.
Während des Krieges.
Und er schrieb ein Gedicht
aufs Klopapier.

Ich könnte es mir nicht leisten.
Das Ritz.

Mit oder ohne
Krieg.

Ich ging aufs Klo.
Zuhause.
Es galt
den Schlaf der Frau nicht zu stören.

Also
pisste ich ins Waschbecken.

Denn
das laufende Wasser
war leiser
als die Spülung.

Auch eine Art
der Rücksichtnahme.

Dann
schrieb ich
dies.

Nun ja.

Seine Gedichte waren
auch
nicht so
besonders.


Hitlers sexuelle Vorlieben

Als ich davon erfuhr,
wusste ich,
dass mein Gefühl eine gute Wahl getroffen hatte.

Ich stellte sie mir vor…..
Diese Frau…..
Vor langer Zeit…..
Als Schülerin…..
Im Geschichtsunterricht…..

Das große Thema war:
Das Dritte Reich.
Referate mussten gehalten werden –
zu einzelnen Aspekten dieses Themas,
die sich die Schüler & Schülerinnen selber aussuchen durften.

Und sie –
diese Frau,
diese junge Frau,
dieses Mädchen –
nannte ihr Referat:

»Hitlers sexuelle Vorlieben.«

Selbst ich,
der ich die Schule so sehr hasste,
hätte gerne in dieser Klasse gesessen,
während dieses Referat gehalten wurde –

hätte gerne gesessen
zwischen all den Langweilern, die sich
die üblichen Überschriften
für ihre öden Vorträge
ausgesucht hatten.

Ich hätte gerne die Vortragende betrachtet –
& das Gesicht des Lehrers.

Vielleicht stelle ich mir diesen Auftritt
grandioser vor als er war –
sehr wahrscheinlich sogar.
Doch das ist egal.

Als sie mir davon erzählte –
so viele Jahre danach -,
wusste ich,
dass mir die richtige Frau über den Weg gelaufen war.

Und dass ich sie gerne
schon sehr viel früher

gekannt & geliebt hätte.


Spiegel-Bilder

Wenn ich das Bild
das ich von dir habe
vor einen Spiegel halte
sehe ich dich
darin
wie du dich siehst

Seiten
verkehrt.

Wenn ich
in deine Augen schaue
die mein Bild betrachten
sehe ich mich
darin
wie ich mich im Spiegel sehe

Seiten
verkehrt.

So ist das
mit dem Äußeren.

Es sind doch
nur
Bilder
Reflexionen

was wir sehen.

Daran ist nichts
falsch.

Und
Alles
worauf es ankommt

bleibt
unverkehrt

&
richtig.


Der gebrochene Blick

Matt
wie die gebrochenen Augen eines Toten
schreckte er auf
aus ruhelosen Träumen
über den gestrigen Tag

Die Leiche des Hundes lag
im Kofferraum

getrennt
vom Leben
getrennt
von gemeinsamen Momenten
der Zukunft

gehüllt
in seine Lieblingsdecke

Der Mann erinnerte sich
an den letzten Blick des Tieres
der klar gewesen war

Abschied

Der Mann stand auf
& zog sich an

Auf seinem rechten Schuh:
….. ein Fleck …..

Eingetrocknet –
Der letzte Speichel
der aus dem Mund des sterbenden Vertrauten
geflossen war

Aus dem Mund
den der Mann
nicht
»Maul« oder »Schnauze«
zu nennen ver-
mochte

Im Tiefkühlfach
gab es noch einen letzten Rest
….. Wodka

Er trank ihn aus der beschlagenen Flasche

Es blieb
noch
Etwas
zu tun

Die letzte gemeinsame Fahrt

Und alles
was der Mann sich leisten konnte
war
der Abdecker

Grausame Bilder
hingen an den Wänden
seiner Fantasie

Eine neue Art
von Einsamkeit
war geboren

Dieser Tag war hässlich

Er war noch hässlicher
als das Geschwür
unter dem Fell
des Freundes


Auf dem Fuß des Sonnenschirms

Er ruhte
auf dem Fuß des Sonnenschirms –
der nackte Arsch der Frau.

Er war geschlossen –
der Schirm.
Unaufgespannt

stand er
auf meiner Terrasse.

Der Schirm wurde
nie
benutzt,

da ich – der Mondsüchtige – ihn
nicht
brauchte –

ein ererbtes Mahnmal
der Sinnlosigkeit.

Sein Fuß
rostete.

Tabascorot schien
die Abendsonne

& schärfte
die Phantasien.

September.
Die letzten heißen Tage
des Jahres.

Die Frau rauchte
entspannt. In
ihrem Shirt, das
zu kurz war,
um darauf sitzen zu können.

Ihre nackten Füße ruhten
auf den wärmedurchtränkten
Steinplatten.

Nachdenklich
schaute sie auf das verbrannte Gras;
das Jahr
war trocken gewesen.

Ich betrachtete
ihr Profil.

Durch die Glasscheibe
der Terrassentür.
Sie bemerkte mich nicht;
wähnte mich im Bett.

Ich stand drinnen,
im Wohnzimmer.
Wäre ich hinausgegangen,
hätte ich dieses Bild zerstört.

Die Glasscheibe
war schmutzig;
der Anstrich des Türrahmens
blätterte ab.

Ich blieb nur kurz,
ging zurück ins Schlafzimmer.
Zu stark war das schlechte Gewissen –
die Frau ohne ihr Wissen
zu betrachten.

Und doch –
dieses Bild……

Sie legte sich
wieder zu mir.

»Ich habe einen Schreck bekommen«, sagte sie;
da war plötzlich ein Mann
im Nachbargarten –
& ich dachte, der wäre
in deinem. Gut,
dass ich etwas anhatte.
Wenn auch nicht viel.«

Ich sagte
nichts.

Ich malte es
mir
aus……

dieses Bild.

In meiner
geschärften Phantasie.

Was hatte der Mann gesehen?

Dasselbe wie ich?
Wohl kaum.

September.
Die letzten heißen Tage.
Schon bei ihrem nächsten Besuch
würde es zu kalt sein, um
fast nackt
im Freien
zu rauchen.

Wie traurig!

Es würde zu kalt sein
auf dem Fuß des Sonnenschirms –

des Sonnenschirms,
der
endlich
einen Sinn erhalten hatte.


Falsche Vorstellungen

Die Vorstellung,
die ich von mir habe,
ist
nicht

Ich

eigent
lich.

Doch
die Verzerrung
durch
Selbst
wahr
nehmung

gehört
zu
mir.

So kommt
mein Bild von mir
mir näher
als
die Wahrheit.

Die Vorstellung,
die Du von mir hast,
ist
nicht

Ich

eigent
lich.

Doch
die Verzerrung
durch
Liebe

gehört
zu
Dir.

So steht
Dein Bild von mir
mir näher
als
die Wahrheit

& mein
eigenes
verzerrtes
Bild von mir.

So
möchte
ich
sein.

Viel
leicht.

Ich
ist
ein Anderer.

Du
bist
eine Andere.

Wir
stellen uns
ein
ander
vor.

Lernen
uns
kennen.

Gegen
seit
ich.

Nehmen uns
wahr

in
einer anderen
Wahrheit.

2 fremde Wesen trafen sich.
1 sagte:
»Darf ich mich vorstellen?«

& meinte doch
eigent
lich

»Dich«.


Die trunkene Matratze

Selbst Küsse
mit Biergeschmack
konnten mich
nicht
zum Trinken verführen.
Das Verfallsdatum
auf den Flaschen im Kühlschrank
rückte unaufhaltsam näher.
Zu langsam
wurden sie dezimiert,
da die Frau, die
das Bier trank,
zu selten vorbei kam.

Sie klettert aus dem Bett
Feuchtfleckige Falten im zerwühlten Laken
Kuhlen zweier Körper in der Matratze
Lustgetrocknete Kehlen
»Willst du auch was trinken?«
»Nein« sage ich
zu ihrem Arsch
der das Zimmer verlässt
Das Geräusch nackter Füße auf dem Flur
Ich liege in Gerüchen
Höre die Kühlschranktür
Das Öffnen der Flasche
Die Frau kommt
zurück
ins Bett
Sitzt aufrecht
Wir bilden 2 Rechte Winkel
Sie ragt aus meiner Mitte
Trinkt
aus der Flasche
Ich betrachte ihren Rücken
Schluck
Schluck
Sie setzt die Flasche ab
irgendwo
»Wie praktisch« sagt sie »Kuck ma,
freihändig«
Leicht ausgestreckte Arme erscheinen
links & rechts
»Wo hast du die Flasche?« frage ich
& richte mich auf
um nachzusehen
Die Frau
wendet sich zur Seite
Etwas fällt
Etwas gluckert
Etwas rauscht kohlensäuerlich
»Oh Scheiße!« sagt sie
lachend
Bier sickert in die Matratze
Viel Bier
Viel Flüssigkeit
Eine Lache auf dem Laken
Ein herber Geruch
kalt & klamm
der sich vermischt
mit Lust
Lachen
und

Einige Handtücher & Zewas später
sagte ich:
»Wo war denn nun die Flasche? Ich dachte,
sicher zwischen deinen Beinen….«
»Zwischen meinen Brüsten«, sagte sie.
»Schade, dass ich das nicht gesehen habe, aber
du kriegst kein Bier mehr. Höchstens
in der Badewanne.«

Lachen.

Selbst Küsse
mit Biergeschmack
konnten mich
nicht
zum Trinken verführen.

Ein trockener Säufer
im feuchten Bett.

Doch der Eigengeschmack
der fremdvertrauten Zunge
berauschte mich.

Mehr &
mehr.


»Wie man’s macht« oder Ein Dilemma

»Setz dich auf mein Gesicht«, sagte ich.
»Nein«, sagte sie.
»Warum nicht? Ich weiß, dass du es möchtest.«
»Wenn ich es tue, wirst du darüber schreiben.«
»Wenn du es nicht tust, werde ich darüber schreiben,
dass du es nicht getan hast, weil du dachtest, dass ich
darüber schreiben würde, wenn du es tust.«
(Gelächter. Auf beiden Seiten.)
Sie sagte:
»Wie man’s macht……«


Die wilden Fingerbeeren

Du bist
überführt.
Die Beweis-
lage ist
er
drück
end.
Gib auf!
Stelle dich!
Du hast
getötet –
die Dunkelheit,
die Finsternis
in meinem Haus,
in meinem Leben.
Auf dem Lichtschalter
befindet sich,
kaum
wahr
nehm
bar,
dein Abdruck.
Die Linien
deiner
Fingerbeere
sind
einzig
art
ich.
Meine DNA
haftet
an dir.
Mein Schweiß,
mein Blut,
mein Sperma.
Haut-
partikel.
Vergossenes,
Verlorenes
auf & in
dir.
In den Linien
deiner Fingerbeeren
bin
ich
zu finden.
In dem Abdruck
auf dem Lichtschalter
bin
ich.
Du bist überführt.
Ich bin überführt.
Wir wurden
verführt.
Und ich habe einen
leisen
Verdacht,
wie das Urteil
lautet.


Der unstillbare Appetit

Ein
achtlos fallengelassenes
Wort

weckte
meinen
Appetit

Jemand
erwähnte
ein Gericht

das
ich
liebte

&
lange nicht
gegessen hatte

Ich
oder sonstwer
hätte es kochen können

jetzt
in diesem Moment
der Erinnerung

& des
wachsenden
Appetits

Doch
es wäre nur eine
Kopie gewesen

Eine Kopie
des
Erinnerten

& die
wesentliche Zutat
hätte gefehlt

Der Geschmack der Köchin
die längst
gestorben war

Der Tod
macht den Appetit
unstillbar

immer
wieder

& das Lieblingsgericht
verschwindet
für immer

aus
dem
Leben


Die Reihe

Ein Mann betrachtet ein Foto, das einen Mann zeigt.
Er kennt den Mann nicht, aber er empfindet Abneigung.
Er denkt:
Was für ein gewöhnliches Gesicht!
Die feiste Visage eines Spießers.
Das debile Grinsen eines deutschen Pauschal-Urlaubers.

Sonne prallt auf den Kopf des Fotografierten;
sein Körper ist unsichtbar – vergraben im Sand
irgendeines Strandes der Vergangenheit…..
Und mit diesem niederen Wesen stehe ich
nun also
in einer Reihe?
Nur weil wir – neben dem bloßen Menschsein –
etwas gemeinsam haben, das
für mich
mehr Gewicht hat als
alles Andere….?
Die Existenz dieses Mannes im Zusammenhang mit mir
würdigt mich herab;
mit ihm etwas gemeinsam zu haben, beschmutzt
das Gemeinsame.
Ich, der ich mich allem fernhalte;
ich, der ich so Vieles verachte,
stehe
nun also
in einer Reihe.
Und wie lang ist diese Reihe?
Wieviele Wesen ähnlicher Art befinden sich noch darin?
Ich will es nicht wissen.

Der Mann betrachtet das Foto, das jenen Mann zeigt.
Er denkt an die Verbindung zwischen sich & ihm:
er denkt –
an
die Frau.
Denkt an die Zeit
als er
noch
alleine stand – außerhalb
jeder Reihe.
War es nicht gerade das, was sie angezogen hatte
an ihm? Damals –
als sie ihn fand
in den Weiten der virtuellen Welt
vergraben in Nacht & Einsamkeit…..
Sie schrieben sich, tippend, tastend.
Er: »Ich könnte hässlich sein.«
Sie: »Da kann mich nix mehr schocken.«
Die Antwort schockte ihn;
ein Stich in sein Selbstwertgefühl.
Sein Selbstwertgefühl, das er mit so viel
Alleinsein
bezahlt hatte. Mit
Alleinsein & Schmerz.
Einer anderen Art von Schmerz als jene, die er
jetzt verspürt – im Bewusstsein
der Gewöhnlichkeit, in deren Mitte er sich
so plötzlich
wiederfindet – & die
mehr & mehr
auf ihn abzufärben droht….
Es gibt kein Zurück.
Ich stehe in dieser Reihe, werde
immer
darin stehen….

Selbst wenn ich mich jetzt zurückziehe.
Der Mann schließt die Augen.
Von ihm existieren nur wenige Fotos.
Er hasst es, fotografiert zu werden.
Er versteinert vor dem mit der Kamera bewaffneten Blick,
der ihn fesseln will – für immer.
Für immer…..
Ein Mann könnte ein Foto betrachten, das mich zeigt.
Er könnte mich nicht kennen – & dennoch
Abneigung empfinden…..
Er könnte denken:

Was für ein gewöhnliches Gesicht!


Grammatik

In jenem Moment, der entscheidend war,
da es um
Vieles
wenn nicht um
Alles
ging …..

glaubte die Frau,
die Grammatik des Mannes
verbessern zu müssen.

Es war ein ernstes Gespräch gewesen –
im Tonfall unterdrückter Tränen.

Es war um
ihre Beziehung gegangen,
um ihre gemeinsame Zukunft,
um Sehnsucht
& Liebe

& plötzlich
ging es um –
Grammatik.

Der Mann verbarg seine Erschütterung
über diesen Richtungswechsel –
er sagte »Ja« zu ihrem Einwand.

Dabei wusste er:
Sie hatte unrecht;
der Fehler, den sie erkannt zu haben glaubte,
war keiner.

Die Frau war einem Irrtum unterlegen.

Was aber der Mann erkannte –
in diesem Moment, der entscheidend war -,
war ein Fehler, der
wirklich
existierte.

Ein Fehler, der
nichts
mit Grammatik zu tun hatte.

Auch der Mann war einem Irrtum unterlegen.

Und er begann
zu frieren.


Vergessen

Ich hatte sie liegenlassen
in der Eile des Erwachens
das wie eine Flucht aus der Nacht gewesen war

Ich hatte sie liegenlassen
in einem kleinen Zimmer
in dem eine Tote lag

Eine Tote
die soeben erwacht war
um mich anzulächeln

Ich hatte sie liegenlassen
die Kamera
die ich durch meine Träume trage

Die ich durch meine Träume trage
um zu fotografieren
was mir begegnet

Ich hatte sie liegenlassen
eine altmodische wertvolle Spiegelreflexkamera
voller Bilder

Bilder von
den Sehenswürdigkeiten meiner Träume
den Traumwürdigkeiten meines Unterbewusstseins

Ich hatte die Bilder
entwickeln wollen
eines Tages

Hatte sie einkleben wollen
in das Album
meines Bewusstseins

Ich hatte sie liegenlassen
die Kamera
in der Eile des Erwachens

Ich hatte sie
vergessen
in dem Zimmer der lächelnden Toten

die ich nicht
vergessen
konnte

Vielleicht
werde ich sie
wiederfinden

Ich werde
sie
suchen

in
einem anderen
Traum


Die gute Mahlzeit

Der Mann mit dem Schirm hielt den Schirm
aufgespannt über Currywurst & Pommes – &
über seinen Kopf, in den er Currywurst & Pommes happte.
Es war noch Platz unter dem Schirm.
Für einen zweiten Mann.
Den Freund. Den Mann mit der Bratwurst.
Abenddämmerung.
Nieselregen trommelte zart auf den schwarzen Stoff.
Der Stehtisch stand frei.
Sie hatten ihn sich ausgesucht,
obwohl sie unterm Vordach des Imbisses noch Platz gefunden hätten.
»Und?« sagte der Mann mit der Bratwurst.
»Nichts und.«
»Nichts Neues also?«
»Nein.«
»Du hast immer noch
nichts von ihr gehört?«
»Nein.«
»Seltsam.«
»Vielleicht. – Aber eigentlich
nicht.«
»Was meinst du?«
Eine Straßenbahn fuhr vorbei –
fast leer – ein von innen leuchtender Wurm –
metallischer Klang.
»Ganz einfach«, sagte der Mann mit dem Schirm;
das gelbe Plastikgäbelchen in eine Fleischscheibe pieksend,
»manche Menschen sind
wie eine gute Mahlzeit:
Am Anfang
schön
gut duftend
appetitanregend
lecker –
& am Ende
auch nur Scheisse.«
Er lächelte;
zufrieden mit seiner Formulierung.
Der Mann mit der Bratwurst grinste,
stippte das Ding in seiner Hand in den Senf.
»Du bist zu hart«, sagte er.
Der Mann mit dem Schirm sagte:
»Erwähnte ich schon mal, dass ich knusprige Pommes
nicht ausstehen kann?«
Er nahm eine einzelne Fritte zwischen die Finger –
lang, labberig, fettgetränkt.
»So müssen sie sein.«
Das rasche Auf & Ab seiner Hand
unterstrich die weiche Beschaffenheit, die er meinte.
»Und so bin ich«, sagte er. »Und manchmal
auch so….«
Und er streckte den Arm aus & hielt die Fritte
in den Regen.
Dann aß er sie auf.
»Übrigens sind mir knusprige Pommes auch zu laut«,
sagte er. »Ich liebe das leise Essen.«
Der Andere grinste. Schon wieder.
»Spinner«, sagte er. Freundschaftlich.
Der Mann mit dem Schirm lachte. Kurz.
Er betrachtete die Kondensperlen auf den Bierflaschen.
»Schade«, sagte er, »dass die Straßenbahnen hier
keine Oberleitungen mehr haben. –
Ich mochte den Funkenflug.«


Die wahre Stärke

Wenn du fühlst
dass der Mensch
den du liebst
stärker ist
als
du –

– weil er
(anders als du)
über die gemeinsame Zeit bestimmen kann
– weil er
(anders als du)
verschwinden kann ohne ein Lebenszeichen
für eine Zeit die dir endlos erscheint
– weil er
(anders als du)
seine Vernunft nie verliert
da seine Vernunft nie verliert im Kampf gegen
die Empfindungen
– weil er
sein Verhalten stets rational erklären kann

Wenn du fühlst
dass der Mensch
den du liebst
stärker ist
als
du –

weil
seine Gefühle
sein Leben kaum zu ändern vermögen

dann
solltest du
froh sein!

Denn
Alles
worauf es wirklich ankommt
ist stärker
in dir
als
in
ihm.


Die Wälder der verletzten Bäume

Man soll sie nicht verletzen
die Bäume.
Nichts
in ihre Rinde ritzen –
keine Namen,
keine Herzen,
keine Pfeile.

Und doch
tut man es;
Manche zumindest
tun es –
in der Verblendung des Augenblicks,
mit der Waffe in der Hand ….

Mit der Stichwaffe, die
das Licht reflektiert.

Zeichen
die bezeichnen
was
nicht
von Dauer
sein
kann ….

Späne
die zu Boden fallen
& vermodern ….

Fremde gehen vorüber
an den Bäumen, die
verletzt wurden –

lesen die Zeichen
& träumen

ohne zu wissen.

Sie durchstreifen die Wälder.

Die Wälder des Vergehens.

Die Wälder der Vergangenheit.

Die Wälder der verletzten Bäume.

Und suchen
vielleicht
nur eine freie Stelle
für ihre eigene Verblendung.
Mit dem Messer in der Hand.

Wie die Mörder.
Im Schattenwurf der Zweige.

Nichts ist von Dauer –
nicht einmal das
Bedauern.

Nicht einmal
die Verletzungen
überleben.

Fällen ….
Gefällt ….
Gefallen ….

In kalten Winternächten
brennen die Öfen.
Holz knistert.
Wärmt die Fremden.
Zeichen gehen in Flammen auf.

Namen
Pfeile
Herzen

Asche.


Die Schlange auf der Socke

In der Einöde des Jobs
fiel mein Blick
wie zufällig
auf die schwarze Socke meiner Arbeitskleidung.
Eine feine Schlange wand sich darum:
Ein langes blondes Haar.
Und die Erinnerung an das Lachen
reichte für ein Lächeln.
»Du reisst mir noch mal alle Haare aus«,
hatte sie gesagt.
Und tatsächlich
fand ich sie
überall.
Zuhause
wo ich jetzt gern gewesen wäre.
Mit meiner Erinnerung.
Und den Schlangen.
Eng umschlungen.
Mit ihr.
Die sie zurückgelassen hatte.
Ich
ließ das Haar, wo es war.
Und die Erinnerung an das Lachen
reichte für ein Lachen
in der Einöde des Jobs.
»Übrigens«, hatte sie gesagt
(& es war ein historischer Satz),
»Du hast mir genau
aufs Zäpfchen gespritzt.«


Der Verlust des Unbewussten

Der Mann liebte
ganz besonders
diese eine Bewegung,
die sie
unbewusst
immer wieder machte.

Sie gehörte zu ihr
wie ein winziger Tick.

Eines Tages
sagte er es
der Frau.

Ab jenem Tag
schien
für ihn
das Unbewusste dieser Bewegung
verloren zu sein.

Er glaubte,
Absicht zu erkennen.

Und er hörte auf,
diese Bewegung zu lieben.

Er begann,
sie zu hassen.

Er fühlte sich
manipuliert.

Sah
einen Trick
im Tick.

Mag sein,
so dachte er,
dass ich mich irre.
Mag sein,
dass die Absicht
nur in meiner Wahrnehmung
existiert.

Es machte
fast
schon keinen Unterschied mehr.

Bewusst
oder
unbewusst.

Die eigenen Worte
hatten seinen Blick verzerrt.

Und der Mann dachte:
Hätte ich doch nur
geschwiegen!


Immer weniger

»Du wirst tatsächlich immer dünner«, sagte sie.
Ihre Hand auf Testfahrt
unter der Bettdecke
auf meinem Oberschenkel
meinem Arsch
meinem Bauch ….
»Tja«, sagte ich, »so ist das.«
Ihre Stimme klang besorgt. »Du wirst
immer weniger.«
»Mehr von mir würdest du gar nicht
ertragen; deshalb sehen wir uns doch
so selten.«
»So meinte ich das aber nicht«, sagte sie.
»Ich weiß. Aber ich
meinte es so.«
»Du solltest mehr essen &
– hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde –
mehr Alkohol trinken.«
»Mehr ist gut«, sagte ich. »Mehr als
nichts. – Aber keine Sorge. Das werde ich. Irgendwann.
Sobald die Nüchternheit genau so zum Ritual geworden ist,
wie es das Saufen zuletzt gewesen war. Manche
Gewohnheiten langweilen mich einfach. Irgendwann.
Ebenso wie manche Abhängigkeiten.«
Ich konnte sie
nachdenken
hören.
Unter der Bettdecke.
Und ich stellte mir vor, wie ich
immer weniger wurde …..
So lange
bis ich
verschwunden war.


Die Zunge

Noch heiß
von den Worten
die sie eben formte
fährt die Zunge
über fremde Haut

stumm
tastend
schmeckend

Eine Flamme
aus Fleisch

& Blut

die brennt
& tropft

kennenlernt
& verzehrt

im
Über-
fluss

Nichts
löscht das Feuer
wenn sie
auf eine Andere
trifft

in gemein-
samem
Schweigen.


Gefallen

….. & dann fällt
ein Buch
dir plötzlich
in die Hände

Ein Buch
das du
vielleicht
nur vergessen hattest

Versteckt
zwischen anderen
ungelesenen Büchern

Ein Buch
das dir
der Zufall
in die Hände
gespielt hat

Du blätterst
Du liest …..

& fragst dich
Warum erst jetzt?

Wäre es
mir früher in die Hände
gefallen

hätte ich es
länger
in meiner Erinnerung gehabt

Die Schuld
des Vergessens

Die Schuld
des Zufalls

Doch vielleicht
ist nur dieser Zeitpunkt
der richtige

….. & dann fällt
ein Mensch


Die Kreise meiner Hölle

Meine Hölle
ist andauernder Lärm

Ihre Kreise
sind Geräusche
deren Ursprung ich nicht kenne

Geräusche
denen meine Phantasie
Ewigkeit verleiht

Meine Hölle
ist der Lärm
der Lebenden

Der Lärm
sinnlosen Tuns

Der Lärm
der Zerstreuung

Meine Hölle
ist das lautstarke Verstummen
der Toten

Das Dröhnen
ihrer ungesagten Worte
in meinem Schädel

Der Krach
der Verwesung

Meine Hölle
ist die plötzliche Stille
Deines Herzens

Und die Kreise meiner Hölle
sind die ewigen Schreie
Deines Schweigens