Tagesarchiv: 4. August 2011

Lump & Altes Eisen

Ich hatte eine Kindheit
& in der gab es diesen Pferdewagen
der sich in regelmäßigen Abständen durch
die Straßen bewegte

Ein betagter Gaul & ein Wagen voller Gerümpel
Auf dem Bock saß ein Mann mit Baskenmütze
Er schwang eine große Glocke &
rief immer wieder:
„LUMPEN …. ALTES EISEN !!!“

Ich lief auf den Balkon & beobachtete das Gespann
Beobachtete wie Menschen aus den Häusern kamen &
Ausgemustertes auf die Ladefläche warfen
hörte das Scheppern, hörte die Hufe, die
wie ausgehölte Kokosnusshälften klangen

Manchmal ging ich auch runter &
folgte ihnen für eine Kinderweile
Da war der Geruch des Pferdes
Der Geruch von Rost & altem Stoff

Ich wohnte in einer Großstadt
aber dies war ein Stück Dörflichkeit

Heute lebe ich in einem kleinen Ort
Lebe in einer anderen Zeit
einem anderen Ich
Lebe in einem anderen Leben

Ich bin ein Lump
(manchmal)
& fast schon bin ich
Altes Eisen
Ausgemustert bin ich noch nicht
aber manchmal wie ausgehölt

Da ist kein Pferdegespann
das Kindheitserinnerungen hinter sich herzieht
Niemand schwingt rufend die Glocke

& doch weiß ich
was die Stunde geschlagen hat
& ich weiß
wem sie schlagen wird
endgültig
in nicht allzu ferner Zeit


Das Pochen

Ein dumpfes Pochen wie
die verzweifelten Faustschläge eines
Lebendigbegrabenen in seinem Sarg

Das Pochen lebte in meinem Schädel
Vergangenheit, die ich für tot erklärt hatte
obwohl sie es nicht war

Sie wollte wieder hinaus
diese Vergangenheit, aber
die Schrauben & Nägel saßen fest

Ich nahm eine Kopfschmerztablette
& das Pochen verstummte
Dann flutete ich den Sarg mit Whiskey