Tagesarchiv: 18. Juni 2012

Irgendwo

Die Zeit, die nicht
linear ist
wie die Linien in einem Gesicht,
versuche ich
wiederzufinden.

Das Kind
in einem fremden, faltigen Körper ….
Den Grundstein
in einem verfallenden Gebäude ….
Den Samen
in einem hohen Baum ….
Den ursprünglichen Gedanken
in einer Erfindung ….

Es ist
Alles
noch da.

Irgendwo.

Die Anstrengung
es zu finden
es zu sehen
mag groß sein

Unterschiedlich
groß
wahrscheinlich

Aber
sie wird
belohnt.


Geschäftstüchtig

Schon immer war ich
auf meinen Erfolg aus;
vor allem auf
Geld.
Schon immer war ich
geschäftstüchtig.
Bereits in frühester Jugend. –
Damals wollte ich
eine Gitarre verkaufen.
Ein billiges Stück.
Es gab 2 Interessenten;
2 meiner Freunde
wollten diese Gitarre kaufen.
Der Eine war Sohn aus
einem reichen Haus.
Der Andere stammte
aus einer italienischen
Gastarbeiterfamilie.
Ich mochte beide.
Sehr.
Der Sohn aus reichem Hause
bot
nicht ganz
das Doppelte
von dem, was
der Andere geben konnte.
Es war also klar, wem ich sie
verkaufen
musste.
Er spielte mir dann oft
auf dieser Gitarre vor.
Brachte mir Akkorde bei, die
ich noch nicht kannte.
Während ich
bei ihm zu Hause war.
Oft war es laut dort, denn
die Familie war
riesig. Und alle
redeten durcheinander. Und
seine Mutter, die kaum
Deutsch konnte, machte
herrliche
Lasagne.


Der schwarze Slip

Sie sortierte die schmutzige Wäsche,
die neben der Waschmaschine
auf dem Boden lag.
Sie stand vorgebeugt
mit ihrer Rückseite zur Tür.
Trug einen schwarzen Slip,
sonst nichts.
Leise & langsam
schlich ich mich an …..
Zog ihr
mit einem Ruck
den Slip herunter.
Blitzschnell
richtete sie sich auf.
Ihre Stimme war eine
Rasierklinge.
»Spinnst du!?!
Hör auf mit dem Scheiß!«

Ein schneidender Klang.
Sie zog den Slip
wieder hoch.
Sah mich nicht an.
Bückte sich
&
sortierte weiter.
Da wusste ich:
Es war
mal wieder
vorbei.
Nicht
mal wieder
vorbei
mit
irgendeiner
Frau,
sondern:
Mal wieder
vorbei
mit
ihr.
Zum wievielten Male?
Egal.
Noch 1 Woche zuvor
hätte sie mir
ihren nackten Arsch
gegen den Hosenschlitz gedrückt,
hätte ihren Arsch hin & her bewegt;
und aus ihrer Kehle wäre
ein aufreizender Laut
gekommen.
»Okay«, sagte ich &
ging nach nebenan, um
eine zu rauchen.
Mal wieder.
Es ging mir schlecht.
Mal wieder.
Und doch –
ich konnte
dieses
Ende
nicht
völlig
ernst
nehmen.
Es war eine
merkwürdige Beziehung.
Eine
seltsame Beziehung.
Eine
seltene Beziehung.
Es war die
Große Liebe.
Dann hörte ich
die Waschmaschine.
Ich packte meine Sachen &
zog
woanders hin.
400 oder 500 Kilometer
weiter nördlich.
Ich blieb allein.
So allein man sein kann
unter Büchern.
Außerdem gab es
1 Schreibmaschine &
1 Gitarre.
Ich wusch meine Wäsche
allein.
Und nach ein paar Wochen
dingdongte es an der Tür.
Die Pause zwischen dem
Ding
& dem
Dong
war lang.
So lang, dass
die beiden
nicht
ineinander übergingen.
Da war
ein sauberer Schnitt.
Wie
von einer
Rasierklinge.
(Ein langer Druck
auf den Knopf. – –
Hätte es sich
um eine richtige Klingel gehandelt,
wäre das DingDong ein
Sturmklingeln
gewesen).

Vor der Tür stand
ein unsicheres Lächeln.

Ein unsicheres Lächeln
mit einer Reisetasche.

In der Reisetasche war
saubere Wäsche.

Zwischen der sauberen Wäsche
ein
schwarzer
Slip.


Vielleicht in der Zukunft

Da mein Gedächtnis
so gut ist,
sollte es doch auch
in der Lage sein,
sich an
Ungeschehenes
zu erinnern.
An alle
Möglichkeiten &
Unmöglichkeiten
meines Lebens,
an Alles, was ich
nicht
bemerkte,
an Alles, was
niemals
existierte.

In meinem Gedächtnis sollte
ein Reichtum herrschen
wie nirgendwo sonst;
die vergangene Wirklichkeit
sollte ein müder Abklatsch sein
meiner gegenwärtigen Erinnerung.

Vielleicht
wird es
eines Tages
so sein.

Eines Tages
in der
Zukunft.

So
oder
so
ähnlich.

Vielleicht.

Es
wäre
der

Wahnsinn.