»Wer fährt?« fragte sie.
»Du«, sagte ich.
Sie grinste. »Das war eine rhetorische Frage.«
»Ich weiß.«
»Du bist ein seltsamer Mann.«
»Wem sagst Du das.«
»Dir«, sagte sie.
»Das war eine rhetorische Frage«, sagte ich.
»Ich weiß.«
Wir lachten.
Und stiegen ein.
Der Wagen war aufgeheizt vom Sonnenlicht.
Wir öffneten die Seitenfenster.
Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, startete
& fuhr los.
Ich habe die nie verstanden: Diese Männer, die
immer selber fahren wollen; nur nicht die
Frau fahren lassen…..
Das könnte etwas mit der Lebenseinstellung zu tun haben.
Mit diesem ständigen Tun-müssen, Selber-Tun,
Handeln statt Betrachten –
Man fährt mit Tunnelblick, man reagiert, man
befolgt Regeln, man konzentriert sich, man hat
das Steuer in der Hand …. automatisierte
Bewegungsabläufe …..
Es gibt nicht vieles, was ich lieber bin als
der Beifahrer der
richtigen Frau im Sommer.
Ich rieche sie, während ich
hinausschaue in alle Richtungen & mir einen
Film konstruiere, unterlegt mit ihrer Lieblingsmusik –
unserer Lieblingsmusik.
Und ich schaue auf ihre nackten Schenkel, sehe
wie ihre Füße in den offenen Schuhen Gas geben, bremsen
& kuppeln, sehe wie die Spannung ihrer Waden sich
dabei ändert, betrachte ihre Hand
am Schaltknüppel & träume.
»Bist Du glücklich?« fragte sie.
»Ja«, sagte ich.
In dem Moment, da sie die Frage gestellt hatte & ich
antwortete, wurde ich mir dessen bewußt – & dieses
Bewußtsein schwächte das Glück schon wieder ab;
aber nicht sehr.
An jeder roten Ampel berührten sich
unsere Zungen. Die Ampelphasen waren kurz;
so kurz wie ihr weißes Sommerkleid.
Wir hatten ein Ziel.
Das Ziel war zu naheliegend.
Und zu banal.
Eigentlich wollten wir schon nicht mehr
ankommen.
Sie lächelte, als sie sagte (so nah, dass
ich die Worte auf meinen Lippen spürte):
»Vielleicht sollten wir wieder umkehren?«
»Du meinst, es gibt zu wenig rote Ampeln?» sagte ich.
Jemand hupte hinter uns.
Wir fuhren weiter.
Der Wind war warm.
»Da vorne könntest Du wenden«, sagte ich.
»Soll ich?« fragte sie.
»Ja.«
Sie grinste. »Das war eine rhetorische Frage.«
»Ich weiß.«
3. Mai 2012
Beifahren
One response to “Beifahren”
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4. Mai 2012 at 00:56
Wunderschön…und sehr, sehr romantisch… @flederzombie