Tagesarchiv: 1. September 2011

4 Buchstaben

Ich laufe Koma
schaue in den Spiegel

der All S
verwandelt

& schon laufe ich
Amok


Hypochondrische Vergesslichkeit

Eine harmlose Krankheit
klingelt Sturm. Du öffnest die
Tür. Die Krankheit sagt:
„Da bin ich wieder.“
& lächelt.

Du wirst bleich.
„Wer sind Sie? Ich kenne
Sie nicht.“

Ihr Lächeln ist
bedrohlich. Für Dich.

„Was soll das heißen?“,
sagt sie. „Wir hatten doch
schon viel Spaß miteinander.
Ich schaue nur kurz vorbei,
und dann bin ich auch schon
wieder weg.“

Aber nein.
Du hast sie vergessen, und
sie sieht aus, als wolle sie
bleiben.
Bleiben bis zum Ende;
bleiben, um Dich in den
Tod zu wiegen.

Du beginnst zu schwitzen,
eiskalt. Sie lächelt, eiskalt,
schiebt Dich sanft zur Seite
& betritt Deine Wohnung.

„Komm schon“, sagt sie,
„wir werden wieder Spaß haben;
zier Dich nicht so.“
Und
sie setzt sich aufs Sofa &
öffnet ihre Beine.

Und Du erkennst sie
noch immer nicht.

Und das Unbekannte heißt
Angst.

Die Unbekannte heißt
Angst.

In einer Gleichung, die Du
nicht lösen kannst.

Du weißt nur:
Du musst auf das Sofa,
musst zu ihr. Nichts
hilft.

Es geht
schnell vorbei.

Sie geht
schnell.

Und kaum hast Du
die Tür hinter ihr
zugeworfen,

hast Du sie wieder
vergessen.

Hast vergessen, was sie
war:

harmlos.


Erste Sätze

Ich habe verrückte Angewohnheiten.
Schrullen.
In manchen Nächten, seltsam-disparate
Musikmixturen donnern durchs Haus
(Heavy Metal, Swing, Klassik, Pop,
Bebop, Oper), Flaschen sitzen
locker wie die Colts eines Revolver-
helden, da tänzle ich durch die Räume,
vorbei an den Regalen, & ich ziehe einige
meiner Lieblingsbücher heraus, nur
um den jeweils Ersten Satz wieder
zu lesen – selbst wenn ich ihn auswendig
kenne; ich will ihn sehen. Ich liebe
Erste Sätze! Sie entscheiden. So wie
es manchmal der Erste Blick tut.

-Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen.
-Dem Höhepunkt des Lebens war ich nahe, da
mich ein dunkler Wald umfing und ich, verirrt,
den rechten Weg nicht wieder fand.
-Stattlich und feist erschien Buck Mulligan am Treppen-
austritt, ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein
Spiegel und ein Rasiermesser lagen.
-Angefangen hat das so.
-Die Sonne schien, da sie keine andere Wahl hatte, auf das
Nichts des Neuen.
-„Was ist das. – Was – ist das …“
-Zwei Gebirgsketten ziehen sich in etwa nordsüdlicher
Richtung durch die Republik, und dazwischen breitet sich
eine Anzahl von Tälern und Hochplateaus aus.
-Zuerst dieses hauchend lange, pfeifende Heulen, mitten in der
Luft, als käme die Lokomotive, die Sie nirgends sehen, im
Bogen unter den Wolken hervor, die unbewegt niedrig über
dem Hügelrand warten, bis man sie nicht mehr erblicken wird.
-Da ist ja die Person, die ich gesucht habe.
-Es war in jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und
hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verläßt, ehe
er von ihr gezeichnet wurde …
-Das Schauspiel dauerte sehr lange.
-Ende November bei Tauwetter gegen neun Uhr morgens
eilte der Eisenbahnzug Warschau-Petersburg mit Volldampf
seinem Endziel entgegen.
-Nichts Niemand Nirgends Nie !
-Ein heiterer Juniusnachmittag besonnte die Straßen der
Residenzstadt.
-Am Wahltag war es über mich gekommen.
-Hört meine letzten Worte.
-Der Captain rührte keinen Alkohol an.
-Dies hier ist ein erstes Kapitel, welches verhindern soll, daß
vorliegendes Werkchen mit einem Zweiten Kapitel beginne.
-Aus einer privaten Irrenanstalt in der Nähe von Providence,
Rhode Island, verschwand kürzlich eine höchst sonderbare
Person.
-Er stand vor dem Tor des Tegeler Gefängnisses und war frei.
-Kaufleute, Autoren, Mädchen und Quäker nennen alle Leute,
mit denen sie verkehren, Freunde; und meine Leser sind also
meine Gast- und Universitätsfreunde.
-Es regnete, als ich um 5 Uhr morgens in New Orleans eintraf.
-Wir saßen an unseren Aufgaben, als der Rektor eintrat.
-Mehr als zwei Monate vergingen, bevor Des Esseintes in die
Stille seines Hauses bei Fontenay eintauchen konnte.
-Ich wohne in der Villa Borghese.
-Unglücklich ist derjenige, dem die Erinnerungen seiner Kindheit
nur Angst und Traurigkeit bringen.
-Mein Vater war ein Kaufmann.
-Heute ist Mama gestorben.
-Dann war das schlechte Wetter da.
-Das beste wäre, die Ereignisse Tag für Tag aufzuschreiben.
-Es gab in der Stadt zwei Taubstumme, die man stets beisammen
sah.
-Das Mondlicht fällt auf das Fußende meines Bettes und liegt
dort wie ein großer, heller, flacher Stein.
-Wahrhaftig! – reizbar – sehr, fürchterlich reizbar waren meine
Nerven gewesen, und sie sind es noch; doch warum meinen Sie,
ich sei verrückt?

Ja, verrückt.
Ich habe verrückte Angewohnheiten.
Die Musik donnert durchs Haus.
Und die Flaschen sitzen locker.
Und ich werde noch lange unterwegs sein,
vor den Regalen.