In der Nachtbar

Buntgedämpftes Licht, Kerzenflämmchen
glänzende Gläser
Stimmenteppich, vereinzelt Lachen
Nutzloses Klaviergeklimper
gesichtslose Menschen an Tischen & Theke

Ich trinke Rotwein mit
Allem, was sich darin spiegelt

Am Nebentisch sitzt das Leben
wie immer
Es sitzt immer am Nebentisch
allein
Es ist eine Frau, abgewandt
sie sieht mich nicht

2 Tische weiter sitzt der Tod
allein
Der Tod ist heute eine Frau, sie
ist schön, sie
beobachtet mich
Ich proste ihr zu, lächle

Sie grinst verächtlich

An meinem Tisch sitzt die Einsamkeit
sie trägt ihre Tarnkappe, un sicht bar
Sie schweigt
Nur zuhause spricht sie mit mir
oftmals mit meiner Stimme
Dort nimmt sie manchmal die Tarnkappe ab
Manchmal ist sie schön & begehrenswert
Manchmal ist sie häßlich & abstoßend
oftmals ist sie
ich

Auf einer kleinen Bühne tanzt die Nacht
nackt unter schwarz-diaphanem Schleier
eine perfekte Silhouette von dunkler Grazie

Ich bestelle noch einen Wein
Die Bedienung hat kein Gesicht, kein
Geschlecht, kein Gefühl
Das Glas klopft auf Holz

Der Tod schaut mir gelangweilt zu
Das Leben hat einen schönen Rücken

Ich verstehe kein Wort von dem
was gesprochen wird
in einer Sprache, deren Klang ich
noch nie gehört habe

Die Einsamkeit legt mir ihre
durchsichtige Hand zwischen die Beine
während ich den Tanz der Nacht
beobachte

Ich trinke aus
Ich stehe auf
Nähere mich dem Tisch, an dem
das Leben sitzt, abgewandt
Das Leben ist eine Frau, ich
möchte nur ihr Gesicht sehen
einmal
nichts weiter
Ich gehe ein Stück am Tisch vorüber
um mich dann umzuwenden

Der Tod beobachtet mich
amüsiert

Ich drehe mich herum &
blicke in das Gesicht des
Lebens

Ich unterdrücke einen Schrei

Dann renne ich durch die Straßen
renne durch Laternenlicht
Verdunkelte Häuser spielen mit dem Klang
meiner rasenden Schritte

Die Einsamkeit folgt mir unsichtbar
folgt mir nach Hause, wo wir
uns einsperren werden
Mir fällt ein:
Ich habe nicht bezahlt, ich bin
geflohen
Niemand hat mir nachgerufen
Niemand hat’s bemerkt, oder
es war ihnen egal

Aber ich weiß:
Ich werde zurückgehen
irgendwann
& dann werde ich
bezahlen

Alles werde ich
bezahlen

 

(Inwendig vorgetragen:)


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