Angenehm traurig

Da war diese Hollywoodschönheit, und sie
griff mir von oben in die Hose, durch den Bund, und
ihre Zwillingsschwester schaute zu, die
es in Wirklichkeit gar nicht gibt, und
plötzlich waren beide fort, ohne
dass ich mich darüber wunderte….. ich
ging in den Keller meines Hauses
& hörte ein Stöhnen; es kam
aus dem Zimmer am Ende des Ganges, aus
dem Zimmer, das einst ein Schlafzimmer gewesen
& inzwischen eine Rumpelkammer war; unvermittelt
stand ich im Türrahmen – ohne
dorthin gegangen zu sein…..
Ein Mann, älter als ich, kniete nackt auf dem Bett, das
nicht mehr existierte, und die Geliebte der Vergangenheit
hatte seinen Schwanz im Mund & lächelte mir
mit ihren Augen zu – als es ihm kam….. Das
Sperma tropfte von ihrem Kinn auf die lakenlose Matratze,
und die Erektion, mit der ich erwachte, war
angenehm traurig.

Ich schickte ihr eine Nachricht:
Weißt du, was mir heute
aufgrund eines Traumes klar wurde?
Ich wünsche dir, dass
wenigstens du
Sex hast – wenn
ich schon keinen habe. Ohne
alle Ironie & ohne
einen bösen Gedanken in meinem Hinterkopf.
Und das – nicht aus Desinteresse
oder gar Gleichgültigkeit…. Es
fühlt sich gut an.

Natürlich antwortete sie nicht.
Sie antwortete nie.
Schon als wir noch zusammen waren
kam oftmals keine Antwort.
Es war, behaupte ich, eine Charakterschwäche, die
Stärke suggerieren sollte. Vor allem
sich selbst gegenüber wollte sie stets
stark erscheinen.

Dieser Hollywoodschönheit wäre ich beinahe
mal über den Weg gelaufen. Jahre zuvor.
In London.
Ich war mit einer Freundin dort, und wir
hatten uns für einen halben Tag getrennt, um
den eigenen Interessen nachzugehen.
Ich durchstöberte Antiquariate, besuchte das
Sherlock-Holmes-Museum & saß schließlich in einem Pub,
trank Guinness & rauchte Zigarillos.
Am Abend dann erzählte sie mir
von ihrem Einkaufsbummel. In einem
Schuhgeschäft, Nähe Carnaby Street, hatte sie
diese Schauspielerin gesehen – & es bedeutete ihr
nichts. Ganz beiläufig erzählte sie davon, während sie
von ihren neuen Schuhen schwärmte. Ich schwärmte
– ein wenig – für diese Schauspielerin. Damals.
Und konnte meinen Ärger nicht verbergen. Es war
lächerlich. Und traurig. Wieder etwas verpasst.

Ab & an meldet sich diese Freundin. Meist schriftlich.
Doch nicht immer antworte ich ihr.
Sie erwähnt gerne mal den Namen der Schauspielerin,
um mich freundschaftlich zu necken…..
Aber die bedeutet mir längst nichts mehr, und
es ist mir egal – sie nie gesehen zu haben
in der Wirklichkeit. Das
ist angenehm. Vielleicht auch
traurig. Angenehm
traurig eben.

 

 

 

 

 

Siehe auch:
Sherlock Holmes als Arme Sau
London


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