Staubbedeckte Tonbandspulen kreisten
auf einem alten Gerät. Hergestellt von
Toten. Für eine Firma, die längst nicht mehr
existierte.
Magnetisierte Vergangenheit. Schallwellen in Form.
Ein 5jähriger Junge quasselt. Verstorbene sprechen
mit ihm. Es wird gelacht & gesungen. Ein Radio spielt
im Hintergrund. Vergessene Melodien.
Ich saß in einem Raum der Gegenwart. Hörte hinein
in einen Raum der Vergangenheit. Damals
hatten die Spulen sich ebenso gedreht. Kreislauf.
Wenn der Junge sprechen soll,
verstummt er.
»Erzähl mal die Geschichte mit dem Kronleuchter«,
sagt ein Mann.
Schweigen.
»Als ob Fremde da wären«, sagt eine Frau. »Dann
isser genauso.«
Irgendwann fängt ein 15Jähriger an zu singen:
»Stellt den Teller untern Tisch,
Nikolaus bricht sich das Genick –
lustig lustig, trallerallalla,
bald ist Niklas-Abend da….«
Ich saß in einem Raum der Gegenwart. Die längst
vergangen ist. Lauschte
einem Wir, das es nicht mehr gab.
Ich hörte mich lachen.
Wunder der Technik! Das Neueste vom Neuen!
In Mono. Ton für Ton bewahrt. Für die
Zukunft.
Ich erinnere mich, wie
ich damals hörte, was
damals schon lange her gewesen war.
Aber toter sind die Toten heute auch nicht – als damals.
Heute sitze ich in einem Raum der Gegenwart, die
Gegenwart ist. Der Motor ist kaputt.
Das alte Gerät macht seltsame Geräusche.
Alles vermischt sich, verwischt sich – die Schichten
der Zeit.
Die Spulen sind von neuem Staub bedeckt. Ich betrachte sie
wie einen Raum, in dem eine andere Zeit herrscht.
Ich will sie nicht hören.
All diese Science-Fiction-Filme meiner Kindheit…..
Die überholten Vorstellungen der Zukunft.
Wie charmant sie oftmals wirken.
Wie naiv.
Manchmal denke ich.
Denke: auch ich
bin so ein altes Röhrengerät
im Science-Fiction-Film der Vergangenheit,
der in einer Zukunft spielt,
die längst vorbei ist –
vorbei
ohne
vielleicht
jemals
Gegenwart
geworden –
Gegenwart
gewesen
zu
sein.
Von der Zukunft
ganz zu
schweigen.