Das Feuer des Zuhörens

Es war
als wäre ich
dabei gewesen.
Wie so oft.

Zuhören
zeichnet

bewegte Bilder.

Zuhören
riecht.

Zuhören
schmeckt.

Zuhören
klingt.

Zuhören
fühlt
sich an.

Ich lag im Bett; das Telefon am Ohr.
Sie erzählte.

Es ist ein eiskalter Abend, eine eiskalte Nacht.
Ein Osterfeuer brennt in der Dunkelheit.
Es wird getrunken. Bier. Wein. Schnaps (»Hütten-Feuer«
heißt das Zeug).
Knisternde Flammen, Rauchgeruch, Stimmen.
Es wird verdaut.
Und das Klo ist so weit weg.

Ich hörte Musik –
wusste aber gar nicht, ob es dort Musik gegeben hatte.

Sie muss pissen. Dringend.
Das Klo ist so weit weg.
Doch da ist eine Scheune.
Im Gegenlicht des Feuers.
Sie geht hinter die Scheune.

Ich hörte ihre Schritte auf der gefrorenen Erde.

Es ist finster hinter der Scheune.
Die Gürtelschnalle klimpert.
Jeans & Slip gleiten über den unsichtbaren Arsch,
die unsichtbaren Oberschenkel hinab.
Sie hockt sich hin.
Sieht in der Entfernung die Rücken dreier Männer
an einem Baum, die tun, was sie im Begriff ist
zu tun.
Und
sie lässt es laufen.

Ich hörte es plätschern,
sah es dampfen,
roch es &
spürte die Wärme, die den Boden erweichte.

Ein Schatten tritt hinter die Scheune.
Geworfen von einem Fremden.
Sie vernimmt das
Zzziippp eines Reißverschlusses ….
»Hallo?« sagt sie, »ich sitze hier bereits.«
»Oh«, sagt der Fremde, »Entschuldigung, ich habe dich nicht bemerkt.«

War es wirklich ein Fremder?
Schließlich
konnten sie sich nicht erkennen.

Der Mann verschwindet.
So schnell er vermutlich kann.

»Ich hätte warten sollen, bis er ausgepackt hat«, sagte sie.
»Du Sau!« sagte ich.
Wir lachten.
Sehr.

Sie hätte ohnehin nichts sehen können.
So wie er sie nicht hatte sehen können.

Nur ich
konnte sie

sehen

in diesem Moment

konnte sie

riechen
hören
fühlen

Mein Ohr war heiss geworden
vom Hörer.
Alle Sinne lagen wach
in meinem Bett.

Zuhören
ist
geil.

Macht
geil.

»Und wehe, Du schreibst darüber«, sagte sie.
»Natürlich nicht«, sagte ich.


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