Das Tagebuch

Ich versenkte mich
in das Tagebuch eines Verstorbenen.
Saß mit ihm am Tisch, lauschte
seinen Gedanken, sah
ihm beim Baden zu,
traf die Menschen, die er kannte,
ertrug seine Krankheiten,
ging mit ihm spazieren.

Dann verließ ich das Haus,
um allein zu gehen.
Schon bald bemerkte ich, daß
niemand mich sah.
Niemand mich sehen konnte,
niemand mir auswich.
Ich war es, der zur Seite treten musste,
sonst wären die Menschen

durch mich hindurch
gegangen wie uninteressante Gespräche.
Wenn niemand dich sieht, bist du
dort wo du sein solltest,
dachte ich.
Wo immer du bist.
Ich kehrte zurück
zu meinen Regalen. Zurück
zu den vergangenen Tagen des Toten.

Dort ist das Leben.


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