Tagesarchiv: 6. März 2014

Die Narbe im Gehirn

Ich liebe den Gedanken
eine Narbe im Gehirn zu haben.
Ich musste lächeln
als der Arzt es mir sagte.

Sie bietet so viel Raum für
Assoziationen
Vorstellungen
Überlegungen
Fragen…..

Woher kommt sie?

Von den Schlägen meines Vaters?
Der Migräne meiner Kindheit?
Oder doch nur von den Träumereien & Gedankenblitzen,
von den wunderbar-schmutzigen Fantasien,
dem Aberwitz & dem Irrationalen?

Sie könnte
die Form eines diabolischen Grinsens haben
oder das Zackenmuster einer Krone.

Wo liegt sie?
In welcher Hälfte, in welchem
Zentrum?

Ich vergaß
zu fragen.

Und vielleicht
liegt das Vergessene
in ihr.

Jede Narbe war einmal
eine Wunde
& hat einen Anfang
& ein Ende.

Wie würde ich denken
ohne sie?

Ohne den Augenblick der Verwundung.

Verwunderung.

Sie ist wie ein Sprung.
Ein Sprung in der Schüssel.
Das Sprunghafte meines Denkens
mag von ihr kommen.
(Es ist unwahrscheinlich, aber
was kümmert mich die Wahrscheinlichkeit!)

Sie ist wie ein Riss.
Ein Riss in einer Mauer.

Sie ist wie ein Spalt.
Ein Spalt, durch den man schaut,
um etwas Verborgenes zu sehen.

Ich musste lächeln
als der Arzt es mir sagte.
Aber der Arzt schien
irritiert.

 

 

Gehirn


Unterm gelben Zeigefinger

Was oben scheint
ist erneut der Mond.
Der Mond scheint
gelb, getarnt als Sonne.
Als Sonne der Nacht,
gelb wie der Zeigefinger eines nikotinsüchtigen Serienkillers;
er deutet
hinunter auf den Wald……
Knisterschritte in stiller Umgebung.
Was unten scheint
ist erneut die Frau. Getarnt
als Traum.
Traum, Baum, Saum eines Nacht
hemdes…. kurz & durchschimmernd ….
in Stummfilmblau.
Bloße Schenkel in Bewegung,
Nadelgeruch & das Ende der Stille.
Das Heulen des Tieres schneidet
ein Muster in die Dunkelheit & hinterlässt
eine Tonspur.
Ein Wolf träumt in der Ferne,
und seine Sehnsucht reisst die Frau
zu Boden…… fällt
über sie her,
leckt sie ab
mit schweigender Zunge &
zitterndem Schwanz.
Speichel tropft unterm Märchenmond.
Und Licht bricht in den Schweißperlen der Frau.
Rot ist die Lust
wie eine unter
gehende
Sonne….
& ihr Blut sickert
in den Boden
der Nacht.


Wenn die Wörter ausgehen

Wenn die Wörter ausgehen,
amüsieren sie sich
bloß woanders

& das Schweigen
bleibt zu Hause

zurück.

Und feiert allein.