Tagesarchiv: 3. Juli 2011

Das Furunkel am Arsch des Nachbarn

Die Haustürklingel ist abgeschaltet
fast immer
Das DingDong ist eines der widerlichsten
Geräusche
die ich kenne
Welt begehrt Einlass
Die Welt kann mir gestohlen bleiben

Nein, sie wurde mir nicht gestohlen
Ich habe sie fortgeworfen

Die Haustürklingel ist abgeschaltet
Päckchen & Pakete werden bei den
Nachbarn abgegeben – meist bei einem alten Ehepaar
Die Frau ist besorgt um das alte, einsam lebende
Arschloch auf der andern Straßenseite
„Immer so alleine“, lautet ihr Refrain, „das
ist doch nichts…..“

Ich quäle mich rüber, um meine Pakete
mit Alkohol & Büchern abzuholen
Immer noch besser als dafür in die Stadt zu fahren

Ich klingle & warte auf den Refrain
Er kommt …. unweigerlich …. er kommt immer
eingebettet in immer neuen Variationen

Sie senkt die Stimme:
„Wissen Sie, mein Mann hat da gerade so ein
Furunkel am Hintern. Sehr schmerzhaft.
Das muss jeden Tag mit einer Tinktur betupft
werden. Und jeden Tag muss ein neues Pflaster
drauf. Und da dachte ich mir neulich:’ mein
Gott, wenn er jetzt allein wäre…. wer würde
das machen?…. Da käme er selber doch gar
nicht dran….’ … Ja, also, alleinsein, das ist
doch nichts, wenn man so gar niemanden hat.

Ich grinse sie blöde an
sage irgend etwas
wie immer

Ich sage nicht, was ich gerne sagen würde:
Wenn ich mal ein Furunkel am Arsch habe
werde ich zu Ihnen kommen, und sie können
damit machen, was Sie wollen…….

Sie ist nett …. sie ist besorgt …. sie ist Welt

Die Welt soll bleiben
wo ich sie hingeworfen habe

Meine Haustürklingel bleibt abgeschaltet