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Die Whist-Wut des Pjotr Iljitsch Tschaikowski

Ja ja, ich weiß:
Sein Leben war tragisch,
sagt man.
Aber ich bin noch nicht am Ende
seines Tagebuchs.
Ich liege im Bett; bin
am Anfang. Und
ich muss lachen –
immer wieder.

16. April – Whist zu dritt mit Flegont. Hatte unglaubliches Pech.

17. April – Whist zu viert mit mit Roman Jefimowitsch und Flegont.
Hatte sehr großes Pech.

18. April – Whist.

19. April – Whist gespielt. Ärgerte mich über mein Pech.

20. April – Whist zu zweit mit Flegont. Glück gehabt, aber trotzdem langweilig.

21. April – Abends Whist zu viert.

22. April – Abends Whist zu fünft. Hatte Pech und war schrecklich wütend.

23. April – Whist in zwei Partien.

24. April – Lese nichts, weiß nichts. Nur für Whist vergeude ich eine Unmasse
wertvoller Zeit.

25. April – Whist. War gereizt, aber weniger als gestern.

26. April – Whist zu dritt. Ach, ist das ein Leben!

28. April – Dieser Whist zu dritt geht mir derart auf die Nerven, daß ich
zu fürchten beginne, dies könnte sich auf meine Gesundheit auswirken.
Habe mich wieder bis zur Raserei geärgert und in Haß hineingesteigert.
Aber nicht mitzuspielen – dazu fehlt mir die Kraft. […] Nach dem Abendessen
Whist, der mich sehr erzürnte.

30. April – Wozu spiele ich bloß Whist? Außer Verstimmung und Wut
bringt das doch nichts.

1. Mai – Nach dem Abendessen Whist mit Roman Jefimowitsch. Habe
mich sehr geärgert, wurde aber sehr nervös. Haben bis 1 Uhr nachts
Whist gespielt.

6. Mai – Whist gab’s überhaupt nicht. Ehrlich gesagt, Whist ist für mich fast
eine Notwendigkeit – eigentlich peinlich.

So geht es weiter. Immer weiter.
Manchmal gewann er auch.
Ich hasse Spiele. Aber
das erwähnte ich schon.

Auf meinem Plattenspieler dreht sich
eine Schallplatte meiner Mutter.
1. Klavierkonzert in b-Moll op. 23
Eine Erinnerung aus früher Kindheit.
Meiner Kindheit.

Sie ist sehr
verkratzt.

Ja. Sein Leben
war tragisch.

 

 

Tschaikowski bw