Für Alle

Es gab eine Zeit

Da war mein stets berauschter Geist überzeugt
Die völlige Einsamkeit werde der Schauplatz
Meines künftigen Lebens sein

So wie sie der Schauplatz meiner Gegenwart war
der Schauplatz vieler vergangener Jahre
Ein Schlachtfeld, auf dem man gegen sich selber kämpft

Suff, Bücher, Leere, Kälte —
Der Lebensabend in tausend Nebeln.
Die Selbstzerstörung in voller Fahrt.

Niemals niemals NIEMALS

Würde mehr Ersehntes
Meine Burg, meine Festung
Betreten.

Was ich mir wünschte
Gab es nur noch auf Bildern
Und Bildschirmen

Glatt, geruchlos, zwei Dimensionen
Ohne Tiefe, ohne Wärme
Ohne mich.

— — –

Wie fremd
Ist mir diese Vergangenheit
Dieses Ich

Von damals! Heute!

Sieh doch:
Eine junge Frau geht
Nackt zwischen Bücherregalen

Ich darf sie berühren
Sie berührt und rührt mich
Sie schmeckt und duftet und lebt

Hier. Der Suff ist vergessen.
Die Nüchternheit berauscht.
Meine Burg, meine Festung

Wird barfuß durchtanzt.
Ich dürfte es kaum glauben können.
Aber doch, aber ja.

Ich glaube es. Ich sehe es.

Sie nimmt ein Buch aus dem Regal
Eins meiner alten Bücher
Es ist eine Lücke entstanden

In der Reihe der Folianten
Das Buch lebt auf
In der Lücke steht ein unsichtbares Album

Ich bin in diesem Leben
Sie ist in diesem Leben
Wir sind in unserem Leben

— — —

Was ich eigentlich sagen will:
Es gibt Hoffnung.
Es gibt Erfüllung.

Was es für mich gab
Gibt es für Alle. Für Alle
Die ebenso verzweifelt zweifeln

Wie ich überzeugt war
Die völlige Einsamkeit werde der Schauplatz
Meines künftigen Lebens sein.

Sieh doch: da
Ist sie nicht schön?
Ich könnte es kaum glauben

Wenn ich es nicht wüsste.
Verstehst du, was ich sage?
Für wen ich es sage?

Stell das Buch nicht zurück
Dort steht jetzt ein Album.
Ich blättere manchmal darin


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