Die letzte Grille

Wie konnten mir Grillen auf die Nerven
gehen in meiner Jugend! Und später.
Dieses ewige Gezirpe!

Ach, ewig – das sagt man so
dahin.

Abend. Wir liegen im Bett.
Das Fenster steht offen.
»Oh, wie schön«, sagt sie.

»Was?«
»Die Grille. Ich hab schon ewig
keine Grille mehr gehört.«

»Ist das nicht ein Vogel?«
»Nein, nicht der Vogel,
die Grille. Eine einzelne Grille.«

Ich stehe auf. Halte
den Kopf aus dem Fenster.
»Na ja«, sagt sie. »Es ist

ja nur eine, und der Ton ist
sehr hoch und leise.«
Ich sage nicht:

Da ist keine Grille. Es gibt
keine Grillen mehr. Sie sind
verschwunden. Für immer.

Aus. Gestorben. Da liegt sie.
Mit ihren jungen Ohren.
Ihren jungen, hübschen Ohren.

Ich lege mich wieder zu ihr.
Wie konnten mir Grillen auf die Nerven
gehen? Jemals.

In meiner Jugend. Und später.
Wie lange ist es her,
dass ich die letzte Grille gehört habe?

Und es nicht wusste.
Nicht ewig. Denn das sagt man nur so
dahin.


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